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Insel der blauen Delphine

Titel: Insel der blauen Delphine
Autoren: Scott O Dell
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erhitzen, ging ein starker, eisiger Wind und ich hatte große Mühe, das Holz richtig in Brand zu stecken. Ich ging daher an den Strand hinunter und raffte einen Arm voll trockenen Seetangs zusammen, mit dem ich das Feuer schüren wollte. Ehe ich mit meiner Last den Rückweg antrat, drehte ich mich noch einmal um und suchte den Himmel nach Wolken ab, denn der Wind fühlte sich an, als lauerte hinter ihm ein Sturm. Im Norden war es hell, aber im Osten, wo um diese Jahreszeit die Stürme heraufzuziehen pflegten, lagerten Schichten von grauen Wolkenbänken. In diesem Augenblick sah ich in den tiefen Schatten, welche die Wolken aufs Wasser warfen, noch etwas anderes. Ich vergaß, dass ich den Seetang trug. Ich warf die Arme hoch. Der Seetang fiel zu Boden. Ein Segel, ein Schiff schwamm dort auf dem Meer, auf halbem Weg zwischen dem Horizont und der Insel. Bis ich die Bergkuppe erreicht hatte, war das Schiff schon viel näher gekommen. Es kam schnell vorwärts im starken Wind. Ich sah, dass es nicht den spitzen, roten Bugschnabel des Aleuterschiffs hatte. Es sah auch nicht wie das Schiff der weißen Männer aus, an das ich mich deutlich erinnerte. Warum kam es zur Insel der blauen Delfine? Ich kauerte auf der Kuppe und fragte mich mit ochendem Herzen, ob die Männer wohl hierherseten, um Otter zu fangen. Wenn es Jäger waren,  musste ich mich verbergen, ehe sie mich erblickten. Sie würden mein Feuer und das Kanu, das ich baute, bald entdeckt haben; doch ich konnte immer noch in meine Höhle bei der Quelle laufen, wo ich vermutlich vor ihnen sicher war. Vielleicht aber hatten meine Leute sie ausgeschickt, um mich zu holen, und dann durfte ich mich nicht verstecken. Das Schiff glitt langsam an den schwarzen Felsen vorbei in die Korallenbucht. Jetzt konnte ich die Männer sehen und es waren keine Aleuter. Sie ließen ein Kanu an der Bordwand hinunter und dann paddelten zwei Männer auf den Strand zu. Der Wind wehte jetzt so stark, dass sie kaum landen konnten. Schließlich blieb einer der beiden im Kanu zurück, während der andere, der Mann ohne Bart, ins Wasser sprang, den Strand überquerte und den Pfad heraufkam. Ich konnte ihn nicht sehen, nach einer Weile aber hörte ich ihn rufen, einmal, zweimal, und da wusste ich, dass er mein Feuer und das Kanu entdeckt hatte. Der Mann in der Bucht antwortete nicht, auch die Männer auf dem Schiff riefen nicht zurück, deshalb nahm ich an, dass er nach mir gerufen hatte. Ich kroch vom Felsblock herunter und eilte nach Hause. Da meine Schultern nackt waren, warf ich mir den Umhang aus Otterfell über. Ich nahm meinen Kormoranrock und die Abaloneschachtel, in welcher ich meine Halskette und die Ohrringe aufbewahrte. So machte ich mich mit Rontuaru auf n Weg in die Korallenbucht. Ich kam an der Wiese vorbei, wo meine Vorfahren bisweilen den Sommer verbracht hatten. Ich dachte an sie und an die glücklichen Zeiten, die nun hinter mir lagen, an die Tage und Nächte in meinem Haus auf dem Berg und an mein Kanu unten beim Pfad, das ich nun unvollendet zurücklassen würde. Ich dachte an viele Dinge; doch noch stärker war die Sehnsucht, dort zu sein, wo Menschen lebten, ihre Stimmen und ihr Lachen zu hören. Ich wanderte an dem Hügel vorbei, wo grünes Gras aus den weißen Muschelschalen spross. Und da ich den Mann nicht mehr rufen hörte, begann ich zu laufen. Als ich zu der Stelle kam, wo die beiden Pfade sich kreuzten und wo ich mein Feuer angezündet hatte, entdeckte ich Fußstapfen im Sand. Ich folgte ihnen den Hang hinunter in die Bucht. Das Kanu war zum Schiff zurückgekehrt. Der Wind pfiff jetzt schrill, Nebelfetzen wehten in den Hafen, die Wellen schoben sich immer höher an die Küste heran. Ich winkte mit der Hand und rief. Ich rief und rief, aber der Wind trug meine Stimme fort. Ich lief über den Strand und watete ins Meer. Die Männer sahen mich nicht. Es begann zu regnen und der Wind peitschte mir die Regentropfen ins Gesicht. Ich watete weit hinaus in das aufgewühlte Wasser und streckte die Arme nach dem Schiff aus. Es fuhr langsam durch die Nebelschwaden davon. Es fuhr nach Süden. Ich stand dort, bis es meinen Blicken entschwand.

Kapitel 29
    Noch zweimal wurde es danach wieder Frühling und an einem Morgen voll weißer Wölkchen und harmlos plätschernder Wellen kam das Schiff zurück. In der Frühe sah ich es von der Bergkuppe aus, weit draußen am Horizont. Als die Sonne über mir stand, lag es in der Korallenbucht vor Anker. Ich beobachtete es von der Bergkuppe
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