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Insel der blauen Delphine

Titel: Insel der blauen Delphine
Autoren: Scott O Dell
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getan hatte. Er hob den Kopf und folgte ihnen mit den Blicken, doch er gab keinen Laut von sich. “Rontu”, sagte ich, “du hast dir immer einen Spaß daraus gemacht, die Möwen anzubellen. Ganze Morgen und Nachmittage lang hast du sie angebellt. Tu mir jetzt den Gefallen und belle sie an. ” Aber Rontu schaute ihnen nicht mehr nach. Langsam kam er zu mir her und brach vor meinen Füßen zusammen. Ich legte ihm die Hand auf die Brust. Ich konnte seinen Herzschlag spüren, doch das Herz schlug nur zweimal, stockend, laut und hohl wie die Wellen in der Bucht, und dann nicht mehr. “Rontu”, weinte ich, “oh, Rontu!” Ich begrub ihn auf der Bergkuppe. Ich grub ein Loch in einer Felsspalte. Zwei Tage lang, vom frühen Morgen bis zum Sonnenuntergang, grub und scharrte und schaufelte ich sein Grab. Dann legte ich ihn hinein, zusammen mit einem Korb voll Sandblumen und einem Stock, dem er so gerne nachgerannt war, wenn ich ihn fortschleuderte, und darüber streute ich Kieselsteine in vielen Farben, die ich an der Küste gesammelt hatte.

Kapitel 26
    In diesem Winter ging ich kein einziges Mal zum Riff. Ich lebte von meinen Vorräten und verließ das Haus nur, um an der Quelle frisches Wasser zu holen. Es war ein Winter mit stürmischen Winden und Regen und wildem Wasser, das an den Klippen zerschellte, sodass ich ohnehin nicht oft ausgegangen wäre, selbst wenn Rontu noch gelebt hätte. Ich vertrieb mir die Zeit, indem ich aus gekerbten Zweigen vier Schlingen herstellte. Einmal, im Sommer, als ich den Ort aufsuchte, wo die SeeElefanten lebten, hatte ich einen jungen Hund gesehen, der Rontu glich. Er lief mit einem der beiden wilden Rudel, und obgleich ich nur einen Blick auf ihn erhaschen konnte, wusste ich bestimmt, dass er Rontus Sohn war. Er war größer als die anderen Hunde und hatte ein dickeres Fell und seine Augen waren gelb und er lief auf die gleiche geschmeidige Art wie Rontu. Im Frühling wollte ich ihn mit den Schlingen, die ich angefertigt hatte, fangen. Die wilden Hunde kamen nun wieder häufig auf das Hochland, nachdem Rontu gestorben war, und als die schlimmsten Stürme nachließen, legte ich die Schlingen vor den Zaun, mit Fischen als Lockspeise. Schon das erste Mal fing ich mehrere Hunde, aber der Hund mit den gelben Augen befand sich nicht darunter, und da ich nicht wagte, mich mit den gefangenen Tieren zu befassen, musste ich sie wohl oder übel wieder laufen lassen. Ich fertigte weitere Schlingen an und setzte auch diese. Die wilden Hunde kamen wieder, doch sie rührten die Fische nicht an. Ich fing nur eine kleine rote Füchsin. Sie biss mich, als ich sie aus der Schlinge befreite, überwand jedoch bald ihre Scheu und lief mir, um Abalonen bettelnd, auf Schritt und Tritt nach. Sie war eine abgefeimte Diebin. Wann immer ich mich vom Hause entfernte machte sie sich an meine Vorräte heran; wie gut ich diese auch verstecken mochte, sie fand stets Mittel und Wege, um zu ihrem Ziel zu gelangen. Schließlich brachte ich sie in die Schlucht zurück. Das hinderte sie jedoch nicht, in den Nächten um mein Haus zu streichen und am Zaun zu kratzen, damit ich ihr Futter brächte. Ich konnte den jungen Hund nicht mit einer Schlinge fangen und wollte meinen Plan gerade aufgeben, als mir das Toluachekraut einfiel, mit welchem wir bisweilen in den Tümpeln fischten. Es war eigentlich kein Gift, aber wenn man es ins Wasser streute, drehten sich die Fische auf den Rücken und ließen sich treiben. Ich erinnerte mich an dieses Kraut und fand auch welches an einer bestimmten Stelle am anderen Ende der Insel. Ich brach es in kleine Stücke, die ich in den Bach warf, wo die wilden Hunde zu trinken pflegten. Ich wartete einen ganzen Tag. Am Abend kam das Rudel an den Bach. Es trank, bis jeder Hund seinen Durst gestillt , hatte, doch es geschah nichts, oder nicht viel. Die Hunde tollten eine Zeit lang umher, während ich sie vom Gestrüpp aus beobachtete; dann trotteten sie davon. Nun kam mir ein anderes Betäubungsmittel in den Sinn. Xuchal, das einige Männer unseres Stammes benutzten und das aus zerkleinerten Meermuscheln und wildem Tabak hergestellt wird. Ich bereitete davon eine große Schale voll zu, indem ich das Pulver mit Wasser mischte, und leerte es in die Bachtränke. Darauf versteckte ich mich im Gestrüpp und wartete. Die Hunde kamen, als die Sonne unterging. Sie schnupperten am Wasser, wichen zurück, schauten einander an; endlich begannen sie zu trinken. Bald darauf sah ich, wie sie im Kreise
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