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Insel der blauen Delphine

Titel: Insel der blauen Delphine
Autoren: Scott O Dell
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aus, bis die Sonne unterging, während die Männer am Strand ihre Zelte aufschlugen und ein Feuer anzündeten. Dann kehrte ich in mein Haus zurück. Ich lag die ganze Nacht wach und dachte an den Mann, der damals nach mir gerufen hatte. Seit Langem schon dachte ich an seine rufende Stimme, seit dem stürmischen Abend, als das Schiff davongesegelt war. Zu jeder Jahreszeit war ich täglich auf den hohen Felsen geklettert und hatte aufs Meer hinausgeschaut, jeden Morgen und jeden Abend. Als es draußen hell wurde, roch ich den Rauch ihres Feuers. Ich ging in die Schlucht und badete im Bach und zog meinen Rock aus Kormoranfedern und meinen Otterpelz an. Ich hängte mir die Kette aus schwarzen Steinen um den Hals und steckte mir die schwarzen Ohrringe an. Mit blauem Lehm malte ich das Zeichen meines Stammes auf meine Nase. Darauf tat ich etwas, worüber ich selbst lachen musste. Ich tat, was meine ältere Schwester Ulape getan hatte, als sie die Insel der blauen Delphine verließ. Unter das Zeichen unseres Stammes malte ich das Zeichen, das bedeutete, dass ich noch unverheiratet war. Ich war kein junges Mädchen mehr, aber ich tat es trotzdem, mit blauem Lehm und mit weißem Lehm für die Tupfen. Dann ging ich ins Haus zurück und machte ein Feuer und kochte für Rontuaru und mich. Ich war nicht hungrig und er verschlang mein Essen und das seine dazu. “Wir gehen fort”, sagte ich zu ihm, “wir gehen fort von unserer Insel. ” Aber Rontuaru legte bloß den Kopf von einer Seite auf die andere, wie sein Vater es oft getan hatte, und als ich nichts mehr sagte, trottete er vors Haus an die Sonne, legte sich nieder und schlief ein. Nun, da die weißen Männer zurückgekommen waren, konnte ich mir nicht vorstellen, wie es weitergehen sollte, was ich tun würde, wenn ich übers Meer fuhr, oder was für Menschen die weißen Männer waren und was sie dort in ihrem Land im Osten taten, oder wie es sein würde, wenn ich meine Leute, die vor so vielen Sommern fortgegangen waren, wiedersah. Ich konnte mir kein Bild mehr von ihnen machen, wenn ich zurückschaute und an alle die Sommer und Winter und Frühlingsmonde dachte, die seither vergangen waren. Ich konnte sie im Geiste nicht mehr voneinander unterscheiden. Sie waren alle nur noch das eine, ein würgendes Gefühl in meiner Brust, nichts weiter. Der Morgen strahlte von Sonne. Der Wind roch nach Meer und nach den Wesen, die im Meer leben. Lange ehe die Männer das Haus auf dem Berg entdeckten, sah ich sie weit drüben auf den Dünen im Süden. Es waren drei, zwei große Männer und einer von kurzer Gestalt, der ein langes graues Kleid trug. Sie kamen von den Dünen her über die Klippe, und als sie den Rauch des Feuers, das ich brennen ließ, erblickten, folgten sie ihm bis zu meinem Haus. Ich kroch durch den Tunnel unter dem Zaun und blieb vor ihnen stehen. Der Mann im grauen Kleid trug eine Perlenschnur um den Hals und am Ende der ‘Schnur hing eine Schnitzerei aus blank geriebenem Holz. Er hob die Hand und machte ein Zeichen über mich in der Form des geschnitzten Holzstückes, das er trug. Dann sprach einer der beiden Männer, die hinter ihm standen, ein paar Worte zu mir. Die Worte machten das seltsamste Geräusch, das ich je gehört hatte. Ich hatte große Lust zu lachen, aber ich biss mir auf die Zunge. Ich schüttelte den Kopf und lächelte ihn an. Er sprach wieder, sehr langsam diesmal, und obgleich seine Worte immer noch seltsam klangen und ohne Sinn für mich, fand ich sie jetzt schön. Sie waren die Laute einer menschlichen Stimme. Auf der. ganzen Welt gibt es keinen Laut wie diesen. Der Mann deutete mit der Hand auf die Bucht und malte in der Luft ein Bild, das wohl ein Schiff darstellen sollte. Ich nickte dazu und deutete nun mit meiner Hand auf die drei Körbe, die ich neben dem Feuer bereitgestellt hatte, wobei ich tat, als nähme ich sie mit auf das Schiff, zusammen mit dem Käfig, in welchem wieder zwei junge Vögel hausten. Es wurde noch viel gedeutet, ehe wir uns auf den Weg machten. Dann und wann redeten die beiden Männer miteinander. Sie fanden Gefallen an meiner Halskette, am Otterpelz und am Rock aus Kormoranfedern, die in der Sonne glänzten. Als wir jedoch in die Bucht kamen, wo sie ihre Zelte aufgeschlagen hatten, war das Erste, was geschah, dass der Mann, der am meisten sprach, die anderen Männer anwies, mir ein Kleid zu nähen. Ich wusste, dass es so war, weil einer der Männer vor mich hintrat und eine Schnur an mich hielt, erst von meinem Hals
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