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Inkubus

Inkubus

Titel: Inkubus
Autoren: Luca Di Fulvio
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durchschaut hatte. Doch die brachte man Kindern wie ihm nicht in der Schule bei. Man brannte sie ihnen direkt ins Fleisch ein.
    »Bist du Polizist?«, fragte die junge Frau mit sinnlich rauer, einladender Stimme.
    »J…ja«, stotterte Max und wurde rot.
    Sie kam mit wiegenden Hüften auf ihn zu.
    Max lächelte sie atemlos an.
    Die junge Frau ging noch einen Schritt auf ihn zu, provozierend sinnlich.
    Max war verwirrt und erregt. In seinem Kopf drehte sich alles.
    »Signora Boiron hat mir gesagt, dass ihr hier seid …«, erklärte die junge Frau mit ihrer sinnlichen Stimme und fuhr sich mit der Zunge über die roten Lippen. »Ich bin ihre Freundin … sie erwartet mich …«
    »Ja …«, sagte Max wieder.
    Die Frau senkte ihre geschminkten Lider leicht wie in sexueller Hingabe.
    Max fühlte, dass er gleich eine Erektion bekam.
    Dann wurde sie plötzlich ganz ernst.
    Palermo stand mitten auf der Straße.
    Luz bemerkte ihn. Er riss die Augen weit auf und ihm war, als würde ihm mit einem Mal der Boden unter den Füßen weggezogen.
    Er war bei ihnen. Erwartete ihn.
    Er war bei ihnen und wollte ihn aufhalten. Wollte verhindern, dass der Kreis sich schloss.
    »Warum …?«, fragte Luz leise. »Ich tue es doch für dich«, flüsterte er, als würde er zu sich selbst sprechen, als könnte sich dadurch die Wirklichkeit – seine Wirklichkeit – wieder zusammenfügen. Als könnte es irgendeine Erklärung für diesen letzten furchtbaren Verrat geben.
    »Nein …«, sagte er wieder leise. »Nicht du …«
    Palermo ging einen Schritt auf Luz zu.
    Er streckte einen Arm aus.
    »Gehen wir …«, sagte er mit seiner warmen Stimme und lächelte.
    Er wusste, dass er behutsam vorgehen musste, um ihn nicht zu erschrecken. Um ihn zu beruhigen. Wusste, dass er ihm zeigen musste, dass er auf seiner Seite stand, und zwar sofort, ohne Zweifel daran aufkommen zu lassen.
    Er hätte es nicht ertragen, wenn Luz ihn für einen dieser vielen Männer hielt, die ihn verraten hatten. Palermo wäre für ihn gestorben, genauso wie er für ihn weitergelebt hatte.
    Er hob auch den anderen Arm und öffnete beide zu einer Umarmung. Um ihm eine Zuflucht zu bieten.
    Luz sah, wie Palermo die Arme nach ihm ausstreckte.
    »Ferrante …«, sagte er und spürte dabei diesen unwiderstehlichen Wunsch, sich umarmen, von all dem Blut säubern zu lassen, das auf seinem Körper erkaltete, so wie damals.
    Er verspürte diesen unwiderstehlichen Wunsch, wieder ein Kind zu werden, von neuem den finstersten Albträumen zu trotzen, um ihm wiederzubegegnen, seinem Helden, dem Mann aus Licht. Dem Mann, den er von ganzem Herzen liebte und für den er bereit war zu sterben.
    »Palermo!«, schrie Max, der neben Luz stand. »Bleiben Sie stehen!«
    Luz sah den jungen Mann an, der verzweifelt zu einer Stelle auf dem kleinen Platz, die im Dunkeln lag, hinübersah und dabei heftig gestikulierte.
    »Commissario!«, schrie er. »Commissario! Er ist hier!«
    Luz sah wieder Palermo an.
    Der hatte sich nicht gerührt. Er floh nicht. Stand nur regungslos da, als gäbe es niemand anderen auf dieser Welt außer Luz. Und hielt die Arme immer noch ausgebreitet.
    Er würde sich verhaften lassen, dachte Luz alarmiert. Würde sich erneut für ihn opfern.
    »Gehen Sie weg, Signorina«, sagte Max und machte einen Schritt auf Palermo zu.
    Luz steckte die rechte Hand in seine Umhängetasche.
    »Stehen bleiben, Palermo, du bist verhaftet«, sagte Max.
    »Nein«, schrie Luz auf.
    »Nein!«, schrie Palermo entsetzt.
    Amaldi beobachtete gerade die Tür zu Boirons Haus, als er den Schrei hörte. Er wandte sich dem Bürgersteig zu, der im Dunkeln lag.
    Frese hatte den Kopf auf das Lenkrad gelehnt, jetzt hob er ihn schnell und schaute in die gleiche Richtung.
    Und sah Max dort stehen, neben einer Frau.
    Sie machte eine schnelle, weit ausholende Geste mit dem Arm, es sah aus, als wollte sie Max eine Ohrfeige geben. Doch Amaldi und Frese sahen etwas aufblitzen, dort, wo die Hand der Frau sein musste.
    Beide stürzten aus dem Wagen, während Max eine Hand an seine Kehle legte und in die Knie brach.
    Amaldi machte nur ein paar Schritte, bevor er seine Waffe auf die Frau richtete.
    »Halt!«, schrie er.
    Doch die Frau beachtete Max nicht, sie starrte auf einen Punkt auf der anderen Straßenseite.
    »Los, lauf weg!«, schrie jemand, den Amaldi nicht sehen konnte, weil er durch die Oleanderbüsche verdeckt war.
    Die Frau wandte sich um und rannte den Bürgersteig entlang.
    Amaldi feuerte. Die Frau blieb einen
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