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Infantizid

Titel: Infantizid
Autoren: Matthias Grit; Hoffman Bode-Hoffmann
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gemacht. Die Zahlen stimmten überein.
    Â»Und wenn nicht alle kommen?«, fragte er den Colonel.
    Â»Es bleibt dabei, um 5:12 Uhr stürmen wir das Haus. Bei der Menge von Leuten werden ganz sicher beide Etagen benutzt und müssen von uns eingeschlossen werden. Wir dringen vom Erdgeschoss aus ein.« Er gab seinen Männern das Kommando zum Fertigmachen.

    Knapp 1.100 Kilometer weiter östlich erhielt Major Kra­sauskas soeben die Meldung, dass die ARAS zum Eindringen in das Lager bereit waren. Seine Leute wollten die Gebäude stürmen und besetzen, in denen die Mannschaften untergebracht waren. Ein Bestandteil des Angriffsplans war es, General Rybakow festzunehmen. Ein Bataillon der litauischen Armee sicherte die Zufahrtsstraße ab und sollte die Start- und Landebahn blockieren. Im Notfall sollten die bereitstehenden russischen Maschinen startunfähig gemacht werden.
    Zbigniew, Paweł und Dariusz lagen an der Seite von Major Krasauskas, in der Nähe des Zauns, der das Lager umgab. Arndt befand sich bereits auf dem Weg in ein Krankenhaus nach Kaunas. Schon während sie aus dem Lager flüchteten, hatte er langsam sein Bewusstsein zurückerlangt. Ein Sanitäter der litauischen Armee nahm sich seiner an und fuhr ihn sofort mit einem Geländewagen in die Klinik. Die drei Polen sollten an dem Sturm auf die Gebäude nicht teilnehmen. Dariusz empfand das als einen guten Vorschlag und war sichtlich erleichtert. Zbigniew und Paweł dagegen mussten es wohl oder übel akzeptieren. Es war nicht ihr Land.
    Â»Hauptsache, Ihre Leute lassen Matti Klatt unbehelligt«, machte sich Zbigniew Sorgen.
    Â»Ich habe allen sein Bild gezeigt. Meine Männer können während einer Aktion blitzschnell Freund und Feind unterscheiden und schießen sehr genau. Wir trainieren das täglich. Einen Moment«, unterbrach er das Gespräch. Für diesen Einsatz hatte er ausnahmsweise sein Handy mitgenommen und auf Vibrationsalarm eingestellt. Er spürte ein Kribbeln an seinem Bein, holte es aus seiner Tasche und hob ab. Zbigniew beobachtete, wie der Major ein paarmal mit dem Kopf nickte, auf die Uhr schaute und sagte, dass es in sieben Minuten so weit sei.
    Major Krasauskas deutete mit dem Handy auf Zbigniew und blinzelte ihn an. »Das war Matti Klatt. In dem Gebäude ist alles ruhig. Vor Rybakows Zimmer sitzen die beiden Gorillas und halten Wache. Also, machen wir uns fertig.«

    Â»Ich habe doch darum gebeten, dass niemand telefoniert. Auch du nicht«, fuhr Bundeskanzler Schreiber gereizt den Finanzminister an. Beide waren seit ihrer Jungsozialistenzeit enge Vertraute. Als Schreiber zum Kanzler gewählt wurde, machte er seinen alten Mitstreiter zum Finanzminister, Erfahrungen für diese Arbeit hatte dieser jahrzehnte­lang auf Landesebene gesammelt. Der Angesprochene machte keine Anstalten, das Handy wegzulegen. Er stand am Fenster und redete weiter in das Telefon. Bundeskanzler Schreiber trat auf ihn zu und bat abermals, etwas ruhiger: »Bitte leg das Handy weg. In ein paar Minuten werden wir das Land unterrichten. Warte die Zeit ab.«
    In dem Moment drückte der Finanzminister die Taste zum Auflegen und drehte sich zu Kanzler Schreiber um. Sein Gesicht war schweißnass, sein dünnes Haar hing ihm ins Gesicht, die Brille mit den dicken Gläsern gab ihm das Aussehen einer Eule. Die kleine Pistole zielte genau auf den Kopf des Kanzlers.
    Â»Halt endlich deinen Mund, du Schauspieler«, brach es schreiend aus dem Finanzminister heraus. »Glaubst du eigentlich den Schwachsinn noch, den du jeden Tag erzählst? Ich schon lange nicht mehr.«
    Im Raum war es schlagartig still. Alle Aufmerksamkeit richtete sich auf die beiden am Fenster Stehenden. Ein bizarres Bild: Der kleine, dickliche Finanzminister, der Gewalt von Grund auf verabscheute, hielt dem Regierungschef eine Pistole vor die Nase. Er begann zu hyperventilieren, atmete kurz und stoßend. Seine Stimme bekam einen eigenartig hohen, schrillen Ton.
    Â»Ich habe es satt, ständig den Sündenbock für alle zu spielen. Während mich meine sogenannte Volkspartei anwies, das Tafelsilber der Regierung zu verscherbeln, ließen sich andere auf Hochglanzfotos mit fetter Zigarre ablichten. Kurze Zeit später turtelte der Verteidigungsminister mit neuer Freundin im Pool, während unsere Soldaten Kopf und Kragen im Kosovo riskierten. Wisst ihr eigentlich noch, was die drei Anfangsbuchstaben
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