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Indigosommer

Indigosommer

Titel: Indigosommer
Autoren: Antje Babendererde
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nie verhindern können. Es ist vorbei.«
    »Vorbei?« Er schluckt hart. »Es wird niemals vorbei sein.«
    »Es bringt nichts, wenn du jetzt Stunk anfängst, okay?«, sagt Milo.
    Conrad tritt einen Schritt zurück, er macht eine zornige Geste. »Was redest du da für einen Schwachsinn, Mann? Sie sind es, die Stunk machen. Schon allein ihre bloße Anwesenheit ist Stunk.«
    Sassy verdreht die Augen. »Wir gehen schon mal vor«, sagt sie und verschwindet zusammen mit ihrer Freundin Valerie zwischen den Bäumen.
    Boone sitzt mit heraushängender Zunge da, wedelt mit dem Schwanz und sieht Conrad erwartungsvoll an. Auch Conrad läuft los. Er muss hier weg, bevor er explodiert. Der Hass bro delt in ihm wie Magma, er kann nicht damit umgehen, er braucht ein Ventil.
    »Beruhig dich, okay?« Milo rennt ihm hinterher und greift nach seinem Arm. »Wenn du jetzt Scheiße baust, kriegst du es im Handumdrehen mit deinem Alten zu tun.«
    Conrad bebt. »Und was soll ich deiner Meinung nach tun?«
    »Es ruhig angehen, okay? Ich lass mir was einfallen.«
    Milo und Conrad laufen den Mädchen hinterher, in den Wald hinein, mitten durch das »Ocean Park Resort« mit Ferienhütten in verschiedenen Preisklassen, einer Reihe luxuriöser Strandhäuser mit Meerblick und dem neuen Motel (auch mit Meer-blick). Alles stammeseigen und trotzdem verhasst. Jedenfalls bei den meisten Quileute. Yuppie Cabins nennen sie die Strandhäuser, in denen die betuchten weißen Gäste so komfortabel untergebracht sind, wie niemand von den Einheimischen es sich leisten kann.
    Die Siedlung La Push ist klein, sie hat nur rund vierhundert Bewohner, der überwiegende Teil sind Quileute. Das »Ocean Park Resort« besetzt das schönste Fleckchen Stammesland und trennt die Quileute von ihrem Strand. Aber die Ferienunterkünfte bringen dem Stamm auch viel Geld, das er dringend braucht für die Schule, das Krankenhaus, das Seniorenzentrum. Im Sommer strömen die Feriengäste nach La Push, angezogen von der wilden Schönheit der Gegend, der Abgeschiedenheit der Küste und den vielen seltenen Tierarten. Einige Besucher kommen immer wieder, andere nie.
    Conrad wünscht, sie wären niemals wiedergekommen.

3. Kapitel
    N achdem auch die anderen aus dem Supermarkt gekommen waren, fanden wir uns alle wieder bei den Autos ein.
    »Okay«, sagte Alec und zeigte auf eine Stelle im Schatten der Bäume, »wir können die Wagen dort drüben parken. Dann gehen wir zum Strand, suchen uns ein gutes Plätzchen zum Campen und holen später unser restliches Gepäck.«
    Es schien ganz natürlich zu sein, dass Alec den Ton angab. Er strahlte Ruhe und Besonnenheit aus und besaß eine natürliche Autorität. Die anderen schienen froh zu sein, dass einer das Kommando übernahm, sogar Josh und Mark arrangierten sich damit. Das wunderte mich, denn schließlich waren die beiden im vergangenen Jahr zwei Wochen mit Alec hier surfen gewesen und kannten sich genauso gut aus wie er. Nur die Mädchen waren wie ich zum ersten Mal in La Push.
    Ich warf noch einen verstohlenen Blick hinüber zu den jungen Einheimischen, aber sie verschwanden gerade auf dem Weg zwischen den Bäumen, der vermutlich in den Ort führte.
    Alec und Josh fuhren die Autos auf den uns zugewiesenen Parkplatz, wo schon andere Wagen standen. Ich sah, dass ungefähr hundert Meter weiter hinter Sträuchern ein paar Wohnmobile hervorblinkten.
    Jeder von uns schnappte sich ein oder zwei Gepäckstücke, bis auf Brandee, die nur ihre Handtasche trug. Unwillkürlich fragte ich mich, ob ihr klar war, dass sie einen Campingurlaub vor sich hatte. Überhaupt konnte ich sie mir mit ihrem gestylten Outfit nur schwer in einem Zelt vorstellen.
    Als ich Josh fragte, wo der Zeltplatz wäre, erklärte er: »Wir zelten direkt am Strand. Du wirst schon sehen, es ist cool.«
    Alec ging voran und nahm den Pfad zwischen den Bäumen hindurch. Wir folgten ihm im Gänsemarsch. Schon nach wenigen Metern konnte ich den Ozean riechen. Als ich das Brandungsgeräusch hörte, wusste ich noch nicht, was mich erwartete, aber mein Herz schlug schneller. Bald lichteten sich Wald und Buschwerk und ich sah zunächst nur ein Wirrwarr silbern ausgeblichener Baumstämme, ineinander verkeilt und aufgetürmt wie riesige Skelette. Das Brandungsrauschen war lauter geworden und ich konnte es kaum erwarten, endlich das Meer zu sehen.
    Wir bahnten uns mit unserem Gepäck einen Weg durch und über die Treibholzbarriere. In diesem Moment blitzte die Sonne zwischen den Wolken hervor und
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