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Indigosommer

Indigosommer

Titel: Indigosommer
Autoren: Antje Babendererde
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Psychose zum Ausbruch gebracht, die laut ihres behandelnden Arztes schon vorher latent vorhanden gewesen war. Jetzt war man dabei, sie auf Medikamente einzustellen, die ihr ein halbwegs normales Leben ermöglichen sollten.
    Alec hatte mehrmals versucht, Brandee im Krankenhaus zu besuchen, aber bis jetzt war er noch nicht zu ihr vorgelassen worden, weil sie immer noch psychotische Schübe hatte und man ihre Genesung nicht durch emotional aufwühlende Besuche gefährden wollte.
    Für mich waren die Tage seit unserer Rückkehr ein Sehnen, ein schreckliches Vermissen, ein pausenloses Hoffen. Ich liebte Conrad, auch wenn alles dafür sprach, dass Josh am Ende recht behalten sollte: Es war aus zwischen uns. Finito.
    Weil ich gehofft hatte, dass Conrad nach unserer Abreise noch einmal ins Camp kommen würde, hatte ich ihm in meinem Tuch eine Nachricht mit meiner Adresse und Telefonnummer hinterlassen. Aber er hatte sich nie gemeldet. Inzwischen hatte ich einige der Fotos entwickeln lassen und beschlossen, noch einen letzten Versuch zu starten. Ich wollte ihm ein paar Fotos schicken und einen langen Brief schreiben.
    In den Nächten war ich mit ihm zusammen. Immer wieder träumte ich davon, wie wir gemeinsam auf der Welle gewesen waren. Erst auf seinem Longboard und dann in seinem Zimmer. Er hatte sich getäuscht, ich konnte ihn nicht einfach vergessen.
    In der vergangenen Schulwoche hatte ich nur am Abend vor dem Einschlafen an Conrad gedacht, denn die Tage waren angefüllt mit so viel Neuem und Aufregendem. Aber jetzt, als mir der Salzduft des Meeres in die Nase stieg und ich das Möwengeschrei hörte, da war er wieder ganz nah und alles in meinem Inneren zog sich zusammen vor Sehnsucht. Ich vermisste ihn so sehr.
    Als mein Handy klingelte, blickte ich kurz auf die Uhr. Janice war schon zwanzig Minuten überfällig, dabei war sie eigentlich ein sehr pünktlicher Mensch. »Hey, Janice«, sagte ich, »wo steckst du denn? Ich warte hier schon seit einer Ewigkeit.«
    »Smilla?«
    Mir stockte der Atem und ich setzte mich kerzengerade auf. Das konnte nicht sein, das war einfach nicht möglich. Kurz warf ich einen Blick auf das Display meines Handys. Das war nicht Janices Nummer.
    »Conrad?«, flüsterte ich ungläubig ins Handy.
    »Hey, kleiner Rabe.«
    »Wie hast du...wo bist du...?«
    »Schau mal nach oben.«
    Ich hob den Kopf und mein Blick wanderte hinauf zur Aussichtsplattform des Restaurants. Die niedrig stehende Sonne blendete mich und ich musste die Hand über die Augen halten. Dann sah ich ihn am Geländer stehen, in Jeans und seinem grünen T-Shirt mit der Wolfsmaske. Er schob sein Handy in die Tasche und winkte lächelnd.
    Mit fahrigen Fingern fischte ich einen Fünf-Dollar-Schein aus meiner Geldbörse, beschwerte ihn mit der Kaffeetasse und lief Conrad entgegen.
    Als ich schließlich vor ihm stand, war ich immer noch so überrascht von seinem plötzlichen Auftauchen, dass ich kein Wort herausbrachte. Ihm schien es nicht anders zu gehen. Doch er überlegte nicht lange, er nahm mich einfach in die Arme. Mein Ohr lag an seiner Brust und ich konnte sein Herz stolpern hören. Ich hatte nicht geträumt, er war da.
    »Was machst du hier?«, flüsterte ich heiser und löste mich aus seiner Umarmung.
    »Ich musste dich sehen.«
    »Aber woher hast du meine Handynummer?«
    »Von Janice.«
    »Du hast meinen Zettel gefunden, ja?«
    »Ja, habe ich«, sagte er. »Aber ehe ich ihn lesen konnte, flog er davon und landete im Ozean.«
    »Und wie hast du mich dann gefunden?«
    »Alecs Anzeige wegen Sachbeschädigung«, sagte Conrad. »In der Anzeige musste er seine Adresse angeben. Vor ein paar Tagen habe ich Janice vor dem Haus abgefangen.«
    »Vor ein paar Tagen? Du bist schon ein paar Tage hier?«
    »Ich habe ein Praktikum beim Olympic Independent bekommen. Er zeigte auf ein rotes Backsteingebäude hinter der Hochstraße. Am Montag fange ich an.«
    Ich hatte mich immer noch nicht von der Stelle bewegt, so überwältigt war ich, so voller Staunen. Conrad hatte einen Job bei einer Zeitung in der Stadt, also musste er auch hier irgendwo wohnen. Ich konnte es kaum fassen, konnte nicht aufhören, ihn anzusehen.
    »Wie geht es dir?«, fragte er.
    »Na, du weißt schon«, sagte ich, »schrecklich. Ich konnte dich nicht vergessen.«
    Meine Antwort ließ ihn wieder lächeln. »Dann habe ich ja ausnahmsweise mal Glück. Ich dachte schon, ich hätte es vermasselt.«
    Wir waren beide verblüfft über das, was gerade passierte. Unsere beiden
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