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In seinem Bann

In seinem Bann

Titel: In seinem Bann
Autoren: Anais Goutier
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Kapitel 1

    Sometimes you get so lonely
    Sometimes you get nowhere
    I've lived all over the world
    I've left every place

    Please be mine
    Share my life
    (David Bowie)

    Prag. Die goldene Stadt.
    Tatsächlich machte die Moldau-Metropole ihrem klingenden Beinamen an diesem sonnigen Juni-Mittag alle Ehre.
    Noch vor vier Stunden wäre es mir niemals in den Sinn gekommen, das Wochenende außerhalb von Frankfurt zu verbringen und erst recht hätte ich nicht geglaubt, mit Ian Reed in seiner Privatmaschine in die tschechische Hauptstadt zu reisen, um drei Tage an der Seite des Mannes zu verbringen, den ich nach einer gemeinsamen Nacht vor vier Wochen am liebsten nie wieder sehen wollte.
    Nun saß ich neben Ian im Fond einer schwarzen Mercedes-Limousine, die uns vom Flughafen abgeholt hatte, und genoss die ersten Eindrücke von der Prager Altstadt, die mir der Blick aus dem Wagenfenster bot. Es war mehr als zehn Jahre her, seit ich als Abiturientin einen Kurzurlaub hier verbracht hatte, von dem mir allerdings kaum mehr als die Karlsbrücke, die Burg und der Wenzelsplatz im Gedächtnis geblieben waren.
    Hatte ich Ians Bitte zu schnell nachgegeben, war ich ihm gar hörig, wie es meine beste Freundin Kiki vorhin am Telefon in ihrer gewohnt drastischen, direkten Art formuliert hatte, als ich sie bitten musste, über das Wochenende auf meine Katzen aufzupassen?
    Zumindest hatte ich nicht lange gezögert, nachdem er mich gebeten hatte, ihn nach Prag zu begleiten. Ian wusste, dass ich freitags keine Verpflichtungen an der Universität hatte und er wusste auch, dass mich die aktuelle Ausstellung in der Galerie des Rudolfinums sehr reizte. Wie hätte ich diesem Angebot also widerstehen können?
    Ich hatte meine Flugangst zur Sprache gebracht, doch Ian hatte mir mit einem süffisanten Grinsen versichert, dass er mich während des Fluges so ablenken würde, dass ich gar nicht bemerken würde, dass wir in einem Flugzeug saßen.
    Ich hatte skeptisch beide Brauen gehoben und entgegnet, dass ich zu derart ausgefallenen Ablenkungsmanövern, wie er sie vermutlich im Sinn hatte, während eines Fluges ganz sicherlich nicht in der richtigen Stimmung sein würde.
    Tatsächlich tat aber schon die Ausstattung seiner Privatmaschine das ihrige, um mir vorzuspiegeln, dass wir gar nicht in einen Flieger stiegen, sondern ein gediegenes Konferenzzimmer mit breiten Clubsesseln und Bar betraten. Ich muss zugeben, ich war über alle Maßen beeindruckt.
    Zwar machten mir auch bei diesem besonderen Flug Start und Landung zu schaffen, aber Ian tat wirklich alles, um mir die Anspannung zu nehmen. Er hatte neben mir Platz genommen und hielt während des Starts und auch später bei der Landung meine Hand. Dabei strich sein Daumen immer wieder sanft über meinen Handrücken und ich war erstaunt, wie beruhigend diese Geste tatsächlich auf mich wirkte. Als wir die volle Flughöhe erreicht hatten, stand er auf und trat an die Bar.
    »Bist du einverstanden, wenn ich dir anstelle des klassischen Tomatensafts eine Bloody Mary serviere?«
    »Wenn du dich mit dem Wodka zurückhältst, dann ja.«
    Er grinste. »Ich dachte, ein ordentlicher Schuss könnte deiner Flugangst nur entgegenwirken. Aber selbstverständlich kannst du auch eine Virgin Mary bekommen.«
    Ich musste lachen und sah Ian zu, wie er mit routiniert geübten Handgriffen mit Tomatensaft, Wodka, Salz, Pfeffer und Tabasco hantierte.
    Als ich probierte, stellte ich fest, dass der Cocktail perfekt abgeschmeckt war und Ian mit dem Alkohol wirklich wohltuend sparsam umgegangen war.
    »Wo hast du das Mixen gelernt?« fragte ich und nahm noch einen Schluck.
    »Ich lebe in Hotels, Ann-Sophie, und auch ehe ich dir begegnet bin, habe ich nicht jeden Abend in Gesellschaft von Geschäftspartnern oder Huren verbracht. Bisweilen sind das einsame, triste Stunden, die man besser an der Hotelbar zubringt, als auf dem Zimmer vor dem Fernseher oder Laptop. Da schaut man sich mit der Zeit einiges ab.«
    »Besonders, wenn man ein so brillanter Beobachter ist, wie du einer bist«, sagte ich und lächelte, obwohl mir nach seinen offenen, ehrlichen Worten nicht wirklich nach lächeln zumute war.
    Dann schnippte er unvermittelt mit den Fingern und noch während ich ihn irritiert und wohl auch ein bisschen erschrocken ansah, erklangen aus verborgenen Boxen die ersten Klänge von Frank Sinatras wundervoller Interpretation von Fly Me To The Moon .
    »Haben Sie gerade Ihre romantische Ader entdeckt, Mr. Reed?« fragte ich und bemühte
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