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In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)

In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)

Titel: In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
Autoren: Monika Küble , Henry Gerlach
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kommt, er kommt!«
    Bärbeli schrie aufgeregt und hüpfte ständig auf und ab, weil ihr die vielen Menschen die Sicht versperrten.
    »Cunrat, siehst du schon etwas?«
    Cunrat war so groß, dass er über alle Köpfe hinweg schauen konnte.
    »N… nein, noch n… nichts!«
    Sie hatten sich in der Nähe der St.-Pauls-Kirche aufgestellt, um den Einzug des Papstes zu beobachten. Es war ein Sonntag Ende Oktober um die Mittagszeit, und der Himmel war grau und verhieß nichts Gutes. Dennoch war die ganze Stadt in Erwartung des höchsten Herrn der Christenheit zusammengeströmt. Sogar Bäckermeister Katz, seine Frau und der kleine Mathis waren mitgekommen, nur die Gesellen hatten es vorgezogen, an ihrem freien Tag in die Trinkstube zu gehen.
    Man hatte bereits vernommen, dass dem Papst auf seinem Weg von Italien nach Costentz ein Missgeschick passiert war, an seinem Wagen war auf der Fahrt über den Arlbergpass ein Rad gebrochen, der Karren war umgekippt und der Papst in den Schnee gefallen. Zum Glück war ihm weiter nichts passiert, am Samstag war er im Kloster Kreuzlingen angekommen, um jetzt am Sonntag mit seinem Gefolge in der Konzilsstadt Einzug zu halten. Alle Kleriker der Stadt und der Umgebung waren ihm entgegengezogen bis vor das Kreuzlinger Tor, und nun zogen sie wieder zurück und dem Papst voraus in einer langen Prozession durch den Vorort Stadelhofen und durch das Schnetztor, das Eingang in den inneren Mauerring gewährte, dann ging es vorbei an der St.-Pauls-Kirche und weiter durch die Plattengasse bis zum Münster.
    Dicht an dicht drängten sich die Menschen, und Cunrat ließ seinen Blick über die Menge schweifen. Da entdeckte er plötzlich ein bekanntes Gesicht. Es war der dritte Passagier der Lädine, mit der er nach Costentz gekommen war. Das hagere Gesicht mit dem grauen Bart und der Narbe blickte immer noch gleich mürrisch wie bei seiner Ankunft in der Stadt. Dann schien auch er den Bäckergesellen wiederzuerkennen, seine Augen weiteten sich, und Cunrat wollte ihm schon grüßend zulächeln, doch da wandte sich der andere rasch ab und verschwand hinter den Rücken der Umstehenden.
    In diesem Augenblick begann die Menge um Cunrat laut zu rufen: »Vivat, Papa!« Die Costentzer Fahne mit dem schwarzen Kreuz auf weißem Grund, die dem Zug vorangetragen wurde, erschien im Schnetztor, und die Stadtwache blies ihre grellen Trompetensignale. Die Stadtknechte hatten trotz ihrer Harnische alle Mühe, das Volk zurückzuhalten. Die Leute mussten sich jedoch in Geduld üben, denn als Erste kamen die kleinen Domschüler durch das Tor, danach die Franziskaner, dann die Augustiner und die Dominikaner, alle in ihrem jeweiligen Habit und mit ihren Standarten. Es folgten die größeren Schüler, die Kapläne der Stadt, die Chorherren von St. Stefan, St. Johann und St. Paul, dann die Benediktiner, die Domherren mit ihren Chorkappen und schließlich alle Äbte und Pröpste der städtischen und umliegenden Klöster.
    Schließlich wurden neun weiße Pferde vorbeigeführt, von denen acht das Gepäck des Papstes trugen. Das neunte hingegen, an dessen Hals ein Silberglöcklein unablässig bimmelte, war mit einem roten Tuch bedeckt, von dem sich eine goldene Monstranz erhob. Sie wurde von brennenden Kerzen auf Silberständern erleuchtet, und vor und hinter den Pferden marschierten Zunftleute und Domherren mit weiteren Kerzen auf hohen Stangen.
    Und dann kam er.
    Der Papst ritt auf einem prachtvollen Schimmel, der fast gänzlich unter einem goldbestickten, roten Tuch verschwand. Das Pferd wurde von zwei Gefolgsleuten, dem Vernehmen nach zwei Grafen, am Zaum geführt. Papst Johannes hatte sein Priestergewand angelegt und trug eine schlichte weiße Inful auf dem Haupt. Cunrat war insgeheim ein wenig enttäuscht. Er hatte sich den Papst als großen, würdevollen Mann vorgestellt, aber unter der Inful schaute ein kleiner, feister Kerl mit Doppelkinn und abstehenden Ohren heraus, der mit dicken, behandschuhten und beringten Fingern das Volk segnete.
    Über dem Papst erhob sich ein Baldachin aus goldenem Tuch, der von vier städtischen Patriziern getragen wurde: dem Bürgermeister Heinrich von Ulm, dem Vogt Hanns Hagen, dem Ammann Heinrich Ehinger und dem Kaufmann Heinrich Schiltar. Bäcker Katz kannte sie alle und wurde nicht müde, Cunrat zu erklären, wer wer war. Der Baldachin war ein Geschenk der Stadt Costentz an den Papst.
    Das Schönste aber war, dass neben dem Papst ein Priester ritt, der Pfennige unter die Leute warf. Alle
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