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In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)

In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)

Titel: In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
Autoren: Monika Küble , Henry Gerlach
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endlich still zu sein, damit Cunrat erzählen konnte, wie seine Fahrt hierher gewesen war und wie es seiner Mutter ging. Der junge Bäcker mühte sich redlich ab, ohne Stocken zu berichten, aber je mehr er sich anstrengte, umso mehr fing er an zu stammeln. Die Gesellen lachten heimlich und stießen sich unter dem Tisch an, wofür sie böse Blicke von Bärbeli ernteten.
    Diese wurde schließlich wieder zur Brotlaube geschickt, während Meister Katz den älteren Gesellen, Joß, anwies, Cunrat sein Bett zu zeigen, damit sie anschließend an die Arbeit gehen konnten. Er selbst legte sich zum Schlafen hin.

    Die Schlafkammer für die Gesellen lag in einem Anbau an der Rückseite des Hauses. Sie mussten durch die ebenerdig gelegene Backstube in den Hinterhof gehen, wo einige dunkelborstige Schweine herumliefen, und von dort eine Holztreppe hoch zu einer Galerie. Linker Hand, zum Ehgraben hin, befand sich der Abtritt, rechter Hand die aus grobem Holz gezimmerte Gesellenkammer. Hier gab es keine Butzenglasfenster wie in der Stube, sondern nur mit geöltem Pergament bespannte Lichtöffnungen. Natürlich war die Kammer nicht beheizt, und da es kalt war, hatten die Gesellen die Holzläden an der Innenseite der Fenster gar nicht erst aufgemacht. Das einzige Licht fiel von der Tür ein, aber was Cunrat auch ohne Licht sofort bemerkte: Es stank hier nach Schweiß und dreckigen Füßen. Und von draußen kam der Geruch des Abtritts und der Schweine und ihres Misthaufens dazu. Nun war es nicht so, dass Cunrat nicht an Gestank gewöhnt gewesen wäre, auch da, wo er herkam, gehörte übler Geruch zum Alltag. Doch hatte er zu Hause in der Küche geschlafen, nur seine Mutter hatte eine eigene Kammer gehabt. Und dort in der Nähe des Herdfeuers roch es nach Rauch und nach Essen. Den Geruch von anderen Menschen in einem so kleinen Raum war er nicht gewöhnt. Er hielt sich die Nase zu, was der Geselle, der ihn hergebracht hatte, mit einem Grunzen quittierte; er schien genauso maulfaul zu sein wie Cunrat selber. Der ließ die Tür offen stehen, um frische Luft einzulassen, aber auch, damit er überhaupt etwas sehen konnte. Vier Bettgestelle aus rohen Brettern standen in dem kleinen Raum, jedes mit Strohsack, Kopfkissen und Pfühl, und dazwischen kleine Truhen aus ebenso roh behauenem Holz. An der Wand boten ein paar hölzerne Haken die Möglichkeit, Mantel und Kapuze aufzuhängen.
    »Das da hinten ist dein Bett, Stammler!«, wies ihn Joß an. Er war wohl schon über 30, hatte graue Haare und einen schmutzigem Bart, und wie der Lehrjunge wirkte er müde.
    Cunrat reagierte nicht auf den neuen Spitznamen, er legte sein Bündel auf die Truhe neben dem Bett und hängte den Mantel an einen Haken. Dann besah er sich kritisch die Bettdecke und den Strohsack. Wenn er richtig gesehen hatte, waren ein paar Wanzen weggelaufen, als er die Decke gehoben hatte. Angewidert ließ er sie wieder fallen. Seine Mutter hielt das Bettzeug immer durch Ausräuchern sauber.
    Joß hatte seinen Gesichtsausdruck bemerkt, aber er sagte nur: »Du wirst sowieso nicht viel Zeit darin verbringen.«
    Dann wandte er sich zum Gehen, für Cunrat das Zeichen, sich ebenfalls an die Arbeit zu machen. Sie schlossen die Tür und gingen durch den Hof zurück in die Backstube, die mit den Lagerräumen und der Verkaufstheke das gesamte Erdgeschoss des Hauses einnahm. Bis zum späten Abend schleppten sie Mehlsäcke, bereiteten Teig und formten große und kleine Brote, die früh am nächsten Morgen gebacken werden sollten. Müde aßen sie dann ihr Vesper, ein Stück Speck mit Brot und Wein. Müde befeuerten sie anschließend den Ofen, damit die Glut rechtzeitig bereit sein würde. Und todmüde gingen sie schließlich zu Bett.
    Diese Nacht war für Cunrat noch kürzer als Bäckersnächte es ohnehin sind. Er konnte nicht einschlafen, denn Joß und Uli schnarchten zum Balkenbiegen, während der Lehrjunge Mathis sich in den Schlaf weinte. So viele Dinge zogen im Dunkel an seinen Augen vorüber: die unendlichen Wellen des Bodensees, der Säntis, das gutmütige Gesicht des Weinhändlers und der große Käfig auf dem Bleicherstaad, das Lückenlachen von Bärbeli, der Trichterhut des Juden, die prächtigen Häuser von Costentz und die staubige Backstube mit dem gewaltigen Ofen, der unersättlich schien. So viele neue Dinge gab es zu bedenken und zu begreifen. So viele fremde Gerüche und Geräusche und Gefühle. Und dazu die Wanzen, die ihn zwickten.

    Er wollte wieder nach Hause.

    *

    »Er
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