Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)

In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)

Titel: In Nomine Diaboli: Historischer Kriminalroman (Historischer Roman)
Autoren: Monika Küble , Henry Gerlach
Vom Netzwerk:
fast 50 Jahren war, noch alle Zähne besaß. Sie hatte ihm beigebracht, für die Gesundheit seiner Zähne nach jedem Essen den Mund auszuspülen und am Abend Kräuter zu kauen, Petersilie, Minze oder Liebstöckel. Er fragte sich, ob man diese Regeln hier nicht kannte. Stotternd erklärte er, wer er war, worauf das Lächeln noch breiter wurde und eine weitere Zahnlücke entblößte.
    »Cunrat! Willkommen in Costentz! Ich bin Barbara, die Tochter von Hans Katz, deine Base. Mein Vater ist über Mittag nach Haus gegangen, zum Imbiss und um sich ein wenig auszuruhen. Wir haben so viel Arbeit! Gott sei Dank bist du da!«
    Der junge Bäcker dankte für den Willkommensgruß und fragte dann vorsichtig, ob er vielleicht ein Stück Brot haben könne, er sei so hungrig. Barbara sah sich kurz im Laden um, wo in Holzregalen verschiedene Brote gestapelt waren, Pfundbrote und Kränze, weißes und dunkles Brot. Schließlich griff sie nach einem kleinen, spitzen Brotstück.
    »Aber natürlich, nimm den hier«, sie reichte ihm den Pfennigwecken, »aber dann geh gleich nach Haus, dort wollen sie jetzt essen, da kannst du richtig mitessen, Fleisch und Suppe und Wein, aber nein, warte, ich mache den Laden zu und komm mit dir, du weißt ja den Weg nicht …«
    Sie klappte den Holzladen herunter, verriegelte den Stand und ging Cunrat voraus durch die Stadt, wobei sie in einem fort redete. Die Costentzer scheinen gern zu schwätzen, dachte sich Cunrat, ob Weinhändler oder Bäckerstochter, mir soll’s recht sein, da muss ich selber nicht so viel von mir geben.
    Barbara – »sag Bärbeli!« – führte ihn die Marktstätte hoch, wo rechter Hand das Spital zum Heiligen Geist und links der mächtige Kornspeicher lagen. Beide trugen denselben Treppengiebel und dasselbe Glockentürmchen und waren mit dem Costentzer Wappen – einem schwarzen Kreuz auf weißem Grund – geschmückt, sodass Cunrat gleich begriff, dass beide der Stadt gehörten. Am Kornspeicher konnte er die eingeritzten Vorlagen für die verschiedenen Costentzer Brote erkennen, an deren Ausmaße die Bäcker sich zu halten hatten.
    Vor ihnen erhob sich mitten auf dem Platz die Große Metzig, und die beiden gingen links daran vorbei weiter die Marktstätte hinauf, auf der sich eine Krämerbude an die nächste reihte. Überall waren Menschen unterwegs, reiche Bürgersfrauen mit langen, farbigen Mänteln und hohen Hauben, Mägde in einfachen Gürtelkleidern und wollenen Übermänteln, Kaufleute mit pelzbesetzter Cotte und schweren Geldbörsen am Gürtel, Kleriker in schwarzem, weißem oder braunem Habit, und dazwischen Träger und Karrenfahrer, Wahrsagerinnen, Gaukler und Bettler.
    Entlang der Metzig waren die Fleischstände aufgebaut. Auf den Holzbänken lagen Vögel jeder Art, Amseln, Drosseln, Enten und Gänse, daneben Fleisch vom Rind, Lamm oder Schwein. Über jeder Fleischbank war eine Querstange befestigt, an der die Waage hing, daneben baumelten Schenkel von Geißen und Schafen. Ein Metzger zerlegte mit einem mächtigen Beil gerade einen großen Hirsch, und – noch viel aufregender – am Stand daneben wurde Fleisch von einem Bären feilgeboten, Tatzen, die noch bluteten, und auf dem Tisch lag sein Kopf mit aufgerissenem Rachen.
    Cunrat stand immer wieder still und staunte, ihm lief das Wasser im Munde zusammen, doch Bärbeli zog ihn rasch am Arm weiter. Schließlich bog sie links in die Mordergasse ein, die von stattlichen Bürgerhäusern gesäumt war. Da trat aus einem Hauseingang ein Mann mit einer seltsamen Kopfbedeckung: Wie ein umgekehrter Trichter saß sein Hut auf dem Kopf. Dazu trug er einen feinen, knielangen Mantel, und sein schwarzer Bart hing über die Brust herab. Cunrat starrte ihn überrascht an, doch den Mann schien das nicht zu stören. Er grüßte freundlich und ging an ihnen vorbei. Als Cunrat ebenfalls zum Gruß nickte, stieß Bärbeli ihn an und bekreuzigte sich.
    »W… wer war das?«, wollte er wissen.
    »Das war ein Jud!«, antwortete sie mit Abscheu in der Stimme.
    »Ach?« Cunrat hatte von den Juden reden gehört, meist nichts Gutes, aber er hatte noch nie einen gesehen.
    »Ja«, sprach Bärbeli wichtig weiter, während sie sich der Kirche des Augustinerklosters näherten, »in dem Haus wohnt der Gutman, da kam er wahrscheinlich her. Man sagt, hier war früher auch die Judenschule, aber die ist jetzt in der Sammlungsgasse. Die nehmen Wucherzinsen, mein Vater kann dir ein Lied davon singen! Als er einen neuen Ofen gebaut hat und Geld
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher