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In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)

In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)

Titel: In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Monica Kristensen
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eine Stunde, um dorthin zu kommen.«
    »Um dahin zu kommen?« Knut stöhnte laut. Er hatte sich abrupt aufgesetzt.
    »Ja, was dachtest du denn? Du musst nach Barentsburg und dir ansehen, worum es geht. Passt dir das nicht? Fühlst du dich nicht fit? Vielleicht brütest du ja eine Erkältung aus? Die letzte ist schon einige Wochen her, oder?« Der Polizeichef hatte nicht mehr zu sagen. Nicht am Telefon.
    Es war nicht das erste Mal in diesem Herbst, dass Knut sich bei Standby-Wachen Freiheiten herausnahm. Häufig begann es mit einem gemütlichen Abendessen in der Stadt. Essen musste er schließlich, und sein Diensttelefon hatte er dabei. Aber irgendwann hatte er angefangen, ein oder zwei Bier zum Essen zu trinken, und dann kam der Absturz.
    Knut erinnerte sich nur vage an den letzten Teil des gestrigen Tages. Der Abend hatte wie gewöhnlich mit einem Essen im Restaurant Huset begonnen, es gab einen besonderen Anlass: Besuch aus Ny-Ålesund, einige Meilen nördlich von Longyearbyen. Seit seiner Ankunft vor drei Jahren in Spitzbergen existierte der Kontakt zwischen ihm und diesen zurückhaltenden Exzentrikern, die die isolierte Forschungsstation in der ehemaligen Bergarbeitersiedlung betrieben. Jedes Mal, wenn sie nach Longyearbyen kamen, trafen sie sich. Diesmal war der Geburtstag des Stewards der Anlass gewesen. Sein Diensttelefon hatte Knut demonstrativ neben seinen Teller gelegt und den Abend relativ früh beendet. Dennoch hatte er mehr getrunken, als ihm bewusst war. Auf dem Heimweg nach Blåmyra war er in die Wohnung eines Bekannten gewankt, aus der laute Musik kam. Es stellte sich als verhängnisvoller Fehler heraus. Er hatte nicht widerstehen können und einen besonders guten Calvados probiert, den der Wirt in seiner Freude, Knut zu sehen, aus einer Kiste mit Notproviant geholt hatte.
    Der Ablauf dessen, was danach geschah, blieb unklar. Waren sie in den Pub des Polarhotels weitergezogen und hatten ein paar Frauen mitgenommen, die ihnen zufällig über den Weg liefen? Vermutlich war es sein Vorschlag gewesen. Jedenfalls hatten sie die Nacht draußen in Danskebrakka beschlossen, wo die Piloten der Hubschraubergesellschaft wohnten. Aber er hatte keinerlei Erinnerung, wie er danach wieder im Polarhotel gelandet war.
    Der Polizeichef saß hinter seinem Schreibtisch. Sämtliche Papiere hatte er zur Seite geräumt, das Telefon auf die Zentrale umgestellt. Jetzt erwartete er den Polizeibeamten Fjeld.
    »Mach die Tür hinter dir zu!«
    Knut konnte sich nicht entsinnen, Tom Andreassen jemals so aufgebracht gesehen zu haben. Das sonst so sanfte lange Gesicht hatte einen ernsten Ausdruck. Die Lippen presste er zu einem gequälten Lächeln zusammen.
    »Ich weiß nicht, was in dich gefahren ist, Knut. Longyearbyen ist ein kleiner Ort. Es ist Oktober, und es gibt kaum noch Touristen oder Besucher vom Festland. Glaubst du, die Leute wissen nicht, dass du im Dienst trinkst? Glaubst du, dich sieht niemand?«
    Im Dienst trinken …? So wie Tom es sagte, hörte es sich so demütigend an, so schwach. Knut sah es anders. Ein Bier zum Essen, das musste erlaubt sein. »Ehrlich gesagt, Tom, ich bin doch kein Alkoholiker …« Knut stand mitten im Zimmer, das schlechte Gewissen lag ihm wie ein Zementsack auf den Schultern.
    »Du hattest Wache – Bereitschaftsdienst, okay, aber der Sinn der Sache ist doch, dass du erreichbar bist. Was ist, wenn eines Nachts plötzlich etwas passiert? Wo bist du dann? Gehst du ans Telefon? So geht das nicht. Die Leute fangen an, komisch zu grinsen, wenn die Sprache auf dich kommt. Ein bisschen so … ja, Knut, mit dem kann man um die Häuser ziehen … Und dann diese Vereinbarung mit dem Polarhotel. Alle wissen davon. Findest du das den Frauen gegenüber nicht zynisch?«
    »Das ist Privatsache. Hat nichts mit dem Job zu tun.«
    »Knut, wir sind nicht nur Kollegen, wir sind Freunde. Nachdem ich jetzt drei Jahre mit dir zusammengearbeitet habe, behaupte ich, das sagen zu können. Ich will uns beiden ein peinliches Erlebnis ersparen. Dies ist kein Anschiss, auch kein Wutausbruch. Nur ein Ultimatum. Wenn du das nächste Mal Bereitschaftsdienst hast und nicht ans Telefon gehst, dann rede ich mit Anne Lise.«
    Knut antwortete nicht. Er hatte genug mit seinen Kopfschmerzen zu tun.
    Tom sah ihn misstrauisch an. »Mehr habe ich nicht zu sagen, Knut. Mein Gott, sieh zu, dass du dir eine Tasse Kaffee besorgst. Du stinkst schlimmer als ein …«
    Der unangenehme Teil des Gesprächs war damit beendet. Beide waren
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