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In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)

In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)

Titel: In manchen Nächten: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Monica Kristensen
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Erleichtert stieß er die Luft aus. Er war in diesem Zimmer schon unangenehmer erwacht. Dennoch war es schlimm genug. Das Bett bewegte sich sanft schaukelnd, obwohl er wusste, dass er es sich nur einbildete.
    Was war schlimmer? Er blieb liegen und grübelte ein paar Minuten über dieses grässlich egozentrische Problem. Sein Kopf fühlte sich an, als hätte man ihn in Glas gegossen; er durfte nicht bewegt werden, aus Angst, bei hastigen Bewegungen zu zerspringen. Bei dem Gedanken musste er lachen, ärgerte sich jedoch sofort über diese gedankenlose Verschwendung der Kräfte. Wie klebriger Brei ergoss sich die Übelkeit in seinen Mund. Oh, wie er es bereute. Er taumelte ins Bad und zog sich so rasch es überhaupt möglich war an. Einige Minuten später ging er mit abgewandtem Gesicht an der Rezeption vorbei und trat auf den eingeschneiten Platz vor dem Hotel.
    Der Mann an der Rezeption hatte ihn gesehen, doch er hatte Besseres zu tun, als ihn zu grüßen. Auch die Beamten der Regierungsbevollmächtigten hatten das Recht auf ein bisschen Privatleben. Es war allgemein bekannt in Longyearbyen, dass Knut nicht erkannt werden wollte, wenn er nach einer Feier mit einer Frau im Polarhotel landete – in der Regel jedes Mal mit einer anderen und so gut wie nie mit einer Frau aus Longyearbyen. Knut wusste, dass die Leute redeten. Im Grunde war ihm klar, dass er sich so verhielt, seit die Krankenschwester Hannah Vibe einen Job auf dem Festland angenommen und Spitzbergen verlassen hatte. Seine Freunde fragten sich irritiert, wann dieser unausgesprochene Liebeskummer vorbei wäre, aber sie sprachen ihn nicht darauf an. Er verbat sich jegliche Einmischung und beantwortete jeden Versuch eines freundschaftlichen Rats mit abweisender Kälte.
    Knut stand allein auf dem großen Platz vor dem Hotel. Der Oktober war einer der stillsten Monate auf Spitzbergen – das hektische Touristenchaos des Sommers war überstanden, und für die Weihnachtsvorbereitungen war es noch zu früh. Obwohl Longyearbyen zwei Hotels und mindestens drei Gästehäuser vorzuweisen hatte, waren bereits zwei wegen der Winterpause geschlossen. Das Polarhotel hatte ganzjährig geöffnet – zur Freude der offiziellen Komitees und Ausschüsse, die das harte Leben in der Arktis mit eigenen Augen erleben wollten, ohne auf den Komfort der niedrigeren Breitengrade verzichten zu müssen.
    Die Hände in den Taschen der schwarzen Felljacke ging er mit kurzen Schritten zum Parkplatz, um nicht auf dem Eis unter der Lage Neuschnee auszurutschen. Er schloss seinen Wagen auf und kletterte fröstelnd auf den Vordersitz. Ließ den Motor an und fror, bis das Heizungsgebläse endlich so viel Eis auf der Frontscheibe geschmolzen hatte, dass er den Rest mit dem Scheibenwischer wegkratzen konnte. Hatte er eigentlich zu viel Restalkohol im Blut, um fahren zu können? Es wäre ausgesprochen peinlich, wenn er von der Straße abkäme und man ihn mit Promille erwischen würde. Der Wagen schlich auf der Straße dahin.
    Blöd, blöd, blöd. Wieso hatte er gestern Nacht nicht ein Taxi gerufen und war nach Hause gefahren? Lächerlich und dumm, er fühlte sich krank und schmutzig. Um Parfüm, Alkohol und das schlechte Gewissen abzuspülen, wäre eine Dusche wunderbar. Danach vielleicht ein bisschen frühstücken und zwei Kopfschmerztabletten – und bevor er zur Arbeit musste, noch einmal unter die Decke des eigenen Betts kriechen und mindestens ein paar Stunden schlafen. Er könnte sagen, er hätte verschlafen. In den letzten Wochen war es im Büro der Regierungsbevollmächtigten so ruhig gewesen, dass niemand ihn vermissen würde.
    Doch er irrte sich. Noch als er versuchte, mit einem eiskalten Schlüssel in seinen steifen Fingern die Tür des Hauses in Blåmyra zu öffnen, hörte er das Telefon. Er rannte die Treppe hinauf und nahm ab.
    »Verflucht, wo hast du gesteckt? Seit über einer halben Stunde versuche ich, dich zu erreichen. Hast du schon wieder dein Handy abgestellt?« Die Stimme des Polizeichefs Tom Andreassen klang ausnahmsweise einmal wütend und scharf.
    »Ist es nicht ein bisschen früh am Morgen, um sich so aufzuregen?« Knut ließ sich in einen Sessel fallen und legte den Kopf in den Nacken. Alles drehte sich. Vielleicht hätte er sich krankmelden sollen?
    »Du hast Bereitschaftsdienst. Die Telefonistin hat versucht, dich zu erreichen. Sie wurde aus Barentsburg angerufen. Die Russen haben einen toten Mann vor der Kohlengrube gefunden, vermutlich ein Unfall. Es dauert ungefähr
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