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Verfuehre niemals einen Highlander

Verfuehre niemals einen Highlander

Titel: Verfuehre niemals einen Highlander
Autoren: Ann Lethbridge
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1. KAPITEL
    Schottland, 1818
    W ieso hatte sie es eigentlich für eine gute Idee gehalten, nach Schottland zurückzukehren? Lady Selina Albright musterte den eisernen Kronleuchter, der an uralten eichenen Deckenbalken hing, ließ den Blick über graue Steinmauern schweifen, über zerschlissene Gobelins, gewaltige Schwerter, verrostete Piken – und wollte nur noch fort von hier.
    Doch nachdem sie schon zwei höchst akzeptablen Gentlemen davongerannt war, wäre ihr Ruf wohl endgültig ruiniert, wenn sie nun zum dritten Mal einen Beinahe-Verlobten verschmähte. Nicht einmal der beträchtliche Einfluss ihres Vaters könnte sie dann noch davor bewahren, dass man sie öffentlich an den Pranger stellte. Und ganz nebenbei – diesen Kandidaten hatte sie sich sogar selbst ausgesucht. Letzten Endes.
    Im Bankettsaal von Carrick Castle wimmelte es von Gästen – die Herren im förmlichen Abendanzug, die Damen prunkvoll gewandet und mit Juwelen geschmückt, die im Kerzenschein bei jeder Bewegung aufblitzten.
    „Mit einem derartigen Gedränge habe ich nicht gerechnet“, bemerkte Chrissie, die neue Lady Albright. Ihr Vater hatte sie erst vor einem Jahr geheiratet, und sie war der Grund, aus dem Selina in diese Reise eingewilligt hatte. Wenn sie auch nie so unfreundlich sein würde, ihr das zu sagen.
    „Carrick muss jedes einzelne Mitglied des schottischen Adels eingeladen haben“, spottete Selina. „Eigentlich müsste jeden Moment Banquos Geist auftauchen oder drei Hexen mit Kessel.“ Ihr lief es kalt über den Rücken. „Ich hätte in London warten sollen, bis Algernon seine Pflichten hier im Norden erfüllt hat.“ Sie warf einen Blick hinüber zu dem riesigen Kamin, vor dem der ehrenwerteste Algernon Dunstan mit einem weiteren Offizier ins Gespräch vertieft stand. Blond und schlank sah er in seiner roten Uniform umwerfend aus. Nicht ganz der brillante Fang, den ihr Vater von ihr erwartet hatte, doch ein junger Mann aus guter Familie und von freundlicher Natur. Ein Mann, der einen angenehmen Gemahl abgeben würde.
    Er bemerkte ihren Blick und verbeugte sich leicht.
    Sie neigte den Kopf und schenkte ihm ein Lächeln. Auch seinetwegen war sie hergekommen: um die Bindung zwischen ihnen zu festigen und so dem Haus ihres Vaters zu entkommen, in dem sie sich entschieden überflüssig fühlte.
    „Ich finde es sehr romantisch“, meinte Chrissie und schaute mit großen Augen umher. „Ich fühle mich, als wäre ich zwischen den Buchdeckeln von Waverly gelandet. Ist Dunross Keep ebenso zauberhaft?“
    „Dunross ist so romantisch wie ein offenes Boot auf der Nordsee im Winter.“ Kaum vorstellbar, dass sie sich vor mehr als zehn Jahren auf den ersten Blick in die Festung verliebt hatte. Sie war ganz sicher ein sehr launenhaftes Kind gewesen, das man leicht beeindrucken konnte. „Bei Weitem nicht so großartig wie Carrick Castle. Im Sommer ist es kalt und feucht und besonders im Winter so eisig, dass man es kaum aushalten kann. Hat Vater dir gesagt, dass die Einheimischen uns hassen, weil wir Engländer sind? Für sie sind wir Eindringlinge und Thronräuber.“ Aus irgendeinem unerfindlichen Grund hatte sich ihr Vater vorgenommen, ausgerechnet Dunross Keep einen Besuch abzustatten – was er ihr gegenüber nicht erwähnt hatte, als sie London verließen. Sie bereute zutiefst, dass sie ihn auf diese Reise begleitet hatte. Dunross war der letzte Ort auf Erden, den sie zu besuchen wünschte.
    „Oh, du meine Güte!“, sagte Chrissie. „Wer ist das?“
    Selina spürte, wie ihr Herz heftiger schlug, als sie den hochgewachsenen Mann in der Tracht der Highlands erkannte, der da unter dem hohen, steinernen Bogen zum Saal stand. Ian Gilvry, der selbsternannte Laird of Dunross.
    Der Mann, der ihr Schottland verhasst gemacht hatte. Als sie ihn ansah, verkrampfte sich ihr Magen, und ihr fiel das Atmen schwer.
    Sie hätte ihn überall wiedererkannt. Obwohl er nicht mehr der schlaksige junge Mann war, den sie in Erinnerung hatte. Er war kraftvoll und muskulös und trotz seines rot-grün karierten Kilts extrem männlich.
    Seine Züge waren zu streng und zu finster, als dass man ihn in den Londoner Salons für gutaussehend befunden hätte. Auch der weiße Spitzenbesatz an Hals und Manschetten seines Hemdes taten der gefährlichen Aura, die ihn umgab, keinen Abbruch. Die pure Lebenskraft, die er ausstrahlte, zog den Blick jeder einzelnen Frau im Saal auf sich. Auch ihren eigenen.
    Er war der letzte Mann, den sie auf Lord Carricks
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