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In einer heißen Sommernacht

In einer heißen Sommernacht

Titel: In einer heißen Sommernacht
Autoren: Sandra Brown
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fügte hinzu: » Nur nicht für Ihre Taschenuhr.«
    Der alte Mann fädelte das Endstück der Kette durch das Knopfloch seiner Weste und legte die Uhr in seine Handfläche. Sie ging nicht eine Sekunde nach, seit er sie das letzte Mal aufgezogen hatte. Im Laufe der Zeit war das weiße Zifferblatt leicht vergilbt, aber dadurch wirkte die Uhr nur noch edler. Die schwarzen Zeiger waren filigran wie Spinnfäden. Der Minutenzeiger hatte eine scharfe Pfeilspitze. » Ich würde sie gegen nichts eintauschen, Ma’am.«
    Sie erwiderte mit weicher Stimme: » Für Sie ist die Uhr von unschätzbarem Wert.«
    » Genau so ist es, ja.«
    » Wie alt ist denn das gute Stück?«, fragte der Mann.
    » Das weiß ich nicht genau«, antwortete der Ladenbesitzer. » Es ist nicht ihr Alter, das die Uhr für mich so wertvoll macht.« Er drehte die Uhr um und hielt sie ihnen entgegen, sodass sie die Gravur auf der Rückseite des Goldgehäuses lesen konnten.
    » 11. August 1934«, las die Frau laut. Sie blickte den alten Mann wieder an und fragte: » Wofür steht das Datum? Für einen Hochzeitstag? Einen Geburtstag? Oder für etwas Außergewöhnliches?«
    » Etwas Außergewöhnliches?« Der alte Mann lächelte. » Nein, das nicht. Nur für etwas sehr Spezielles.«

1
    Als Ella Barron an diesem Morgen aufwachte, ahnte sie nicht, dass ihr ein folgenschwerer Tag bevorstand.
    Ihr Schlaf war nicht von einer unbewussten Vorahnung unterbrochen worden. Es hatte keinen Wetterumschwung gegeben, keine plötzlichen atmosphärischen Störungen, kein ungewöhnliches Geräusch, das sie aus dem Schlaf hochschrecken ließ.
    Wie fast jeden Morgen wachte sie ganz langsam eine halbe Stunde vor Sonnenaufgang auf. Gähnend streckte sie sich, während ihre Füße an kühle Stellen zwischen den Laken wanderten. Weiterzuschlafen stand außer Frage. Es würde ihr niemals in den Sinn kommen, sich einen derartigen Luxus zu gönnen. Sie hatte schließlich Verantwortung zu tragen und Pflichten zu erfüllen, die man nicht aufschieben oder sogar aussitzen konnte. Sie blieb nur so lange im Bett liegen, bis ihr einfiel, was heute für ein Tag war. Waschtag.
    Sie machte rasch ihr Bett und sah anschließend kurz nach Solly, der noch fest schlief.
    Sie kleidete sich wie immer rasch an. Ohne Zeit für Eitelkeiten drehte sie flink ihre langen Haare zu einem Knoten und steckte sie mit Haarnadeln fest, bevor sie ihr Schlafzimmer verließ und sich in die Küche aufmachte. Sie bewegte sich leise, um die anderen im Haus nicht zu wecken.
    Dies war die einzige Tageszeit, zu der es in der Küche still und kühl war. Im Laufe des Tages staute sich durch den Küchenherd immer mehr Wärme im Raum, während von draußen die Hitze durch die Fliegengittertür und das Fenster über dem Spülbecken sickerte. Selbst Ellas Energie erzeugte Wärme.
    Proportional zum Thermometer stieg auch der Geräuschpegel, und zur Mittagszeit entwickelte die Küche, die das Herz des Hauses war, ein eigenes pulsierendes Leben, das sich erst beruhigte, wenn Ella das Licht endgültig löschte, was meistens Stunden später war, nachdem ihre Gäste sich zurückgezogen hatten.
    Heute Morgen hielt sie nicht inne, um die Kühle und Stille zu genießen. Sie band ihre Schürze um, feuerte den Herd an, setzte Kaffee auf und rührte den Brötchenteig an. Margaret erschien pünktlich, und nachdem sie ihren Hut abgelegt und an den Türhaken gehängt hatte, nahm sie dankbar eine Blechtasse mit gesüßtem Kaffee von Ella entgegen, bevor sie wieder nach draußen ging, um die Waschmaschine für die erste Ladung Wäsche mit Wasser zu füllen.
    Die Aussicht, eine elektrische Waschmaschine zu kaufen, lag so fern, dass Ella nicht einmal davon zu träumen wagte. Für die absehbare Zukunft würde sie weiterhin mit der mechanischen Kurbelmaschine vorlieb nehmen müssen, die noch von ihrer Mutter stammte. Die Seifenlauge und das Schmutzwasser liefen in einen Graben ab, der an dem Schuppen entlangführte, in dem die Maschine stand.
    An einem Sommertag wie heute wurde es ab dem späten Vormittag in der Waschküche drückend heiß. In den Wintermonaten schien dafür die nasse Wäsche schwerer zu sein, wenn man raue und taube Hände von der Kälte hatte. Waschtage waren in jeder Jahreszeit gefürchtet. Am Ende solcher Tage hatte Ella jedes Mal Rückenschmerzen.
    Solly tapste im Pyjama in die Küche, als sie gerade Speck briet.
    Das Frühstück wurde um acht serviert.
    Um neun Uhr war jeder gefüttert und das Geschirr gespült, abgetrocknet und
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