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In einer heißen Sommernacht

In einer heißen Sommernacht

Titel: In einer heißen Sommernacht
Autoren: Sandra Brown
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Prolog
    » Ist Ihre Taschenuhr zufällig zu verkaufen?«
    Der alte Mann hob den Kopf. Die Frau, die die Frage gestellt hatte, beugte sich über die Glasvitrine, die zwischen ihnen stand. In der Vitrine lagen Schnupftabakdosen, Hutnadeln, Rasiermesser mit Griffen aus Hirschhorn, Salzfässchen mit Löffeln aus fleckigem Sterlingsilber und diverse Schmuckstücke, die erst kürzlich aus einer Haushaltsauflösung eingetroffen waren.
    Aber die Frau interessierte sich für seine Taschenuhr.
    Er schätzte sie und ihren Begleiter auf Mitte vierzig. Wahrscheinlich machte die goldene Taschenuhr auf die beiden einen eleganten und altertümlich originellen Eindruck à la Rockwell. Das Paar war adrett gekleidet, im feinen Country-Club-Stil. Beide waren schlank und gebräunt und passten gut zusammen, als bildeten sie schon immer ein Doppelpack; der Mann und die Frau waren gleichermaßen attraktiv.
    Sie waren in einem schnittigen Geländewagen gekommen, der auf dem staubigen Kiesparkplatz vor dem Antiquitätengeschäft fehl am Platze wirkte. In der halben Stunde, seit sie hier waren, hatten mehrere Objekte ihr Interesse geweckt. Die Sachen, die sie sich ausgesucht hatten, waren qualitativ hochwertig. Wie bereits ihre äußere Erscheinung vermuten ließ, besaßen sie einen anspruchsvollen Geschmack.
    Der alte Mann hatte die ausgewählten Gegenstände gerade auf einer Quittung aufgelistet, als die Kundin ihn auf die Taschenuhr ansprach. Er legte beschützend die Hand auf seine Westentasche, aus der die Taschenuhr herauslugte, und lächelte. » Nein, Ma’am. Von meiner Uhr kann ich mich nicht trennen.«
    Sie hatte das Selbstbewusstsein einer hübschen Frau, die es gewohnt war, andere mit ihrem Lächeln zu betören. » Auch nicht zu einem guten Preis? Solche Uhren findet man heutzutage selten. Die neuen Modelle sehen so… nun ja, neu aus. Durch den Glanz wirken sie unecht und billig, nicht wahr? Eine Patina, wie bei Ihrer Uhr, verleiht dagegen Charakter.«
    Ihr Begleiter, der die Bücherregale durchstöbert hatte, gesellte sich zu ihnen an die Verkaufstheke. Wie seine Frau beugte er sich über die Glasvitrine, um die Taschenuhr genauer in Augenschein zu nehmen. » Vierundzwanzig Karat?«
    » Ich glaube schon, obwohl ich sie nie habe schätzen lassen.«
    » Ich würde sie auch ohne Gutachten nehmen«, erwiderte der Mann.
    » Aber ich möchte sie nicht verkaufen. Tut mir leid.« Der Ladenbesitzer fuhr fort, die Quittung sorgfältig auszufüllen. An manchen Tagen machte die Arthritis in den Fingern ihm das Schreiben schwer, aber was hatte ein Computer in einem Antiquitätengeschäft zu suchen? Außerdem traute er der modernen Elektronik nicht.
    Er rechnete die Beträge auf altmodische Art zusammen, übertrug die Zehner und kam schließlich auf die Gesamtsumme. » Inklusive Steuer macht das dreihundertsiebenundsechzig Dollar und einundvierzig Cent.«
    » Das geht in Ordnung.« Der Mann zückte eine Kreditkarte aus einem kleinen Krokodillederportemonnaie und schob sie über die Vitrine. » Setzen Sie bitte noch zwei Flaschen Evian auf die Rechnung.« Er ging zu einem modernen Kühlschrank mit Glastür. Der hatte eigentlich auch nichts in einem Antiquitätengeschäft zu suchen, aber durstige Kunden blieben länger, wenn sie etwas zu trinken bekamen. Darum war der Kühlschrank das einzige kleine Zugeständnis des Ladenbesitzers an die Moderne.
    » Die gehen aufs Haus«, entgegnete er seinem Kunden. » Bedienen Sie sich.«
    » Das ist sehr nett von Ihnen.«
    » Ich kann es mir leisten«, erwiderte er lächelnd. » Dies ist mein bestes Geschäft an diesem Wochenende.«
    Der Mann nahm zwei Flaschen Wasser aus dem Kühlschrank und gab eine davon seiner Frau, dann unterschrieb er den Kreditkartenbeleg. » Gibt es viele Kunden, die sich hierher verirren, abseits der Interstate?«
    Der Ladenbesitzer nickte. » Ja, meist Leute, die es nicht besonders eilig haben, an ihr Ziel zu kommen.«
    » Wir haben Ihre Reklame an der Autobahn gesehen«, sagte die Frau. » Wir sind neugierig geworden und haben uns spontan entschieden, die Ausfahrt zu nehmen.«
    » Die Werbung kostet mich einen Haufen Geld. Schön zu wissen, dass sie was bringt.« Er begann, die Ware in Seidenpapier einzuschlagen.
    Der Mann ließ den Blick durch den Raum wandern, sah kurz hinaus auf den Parkplatz, der abgesehen von seinem eigenen Benzinschlucker leer war, und fragte mit zweifelndem Unterton: » Läuft das Geschäft denn gut?«
    » Mittelprächtig. Der Laden ist für mich eine Art
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