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In einer heißen Sommernacht

In einer heißen Sommernacht

Titel: In einer heißen Sommernacht
Autoren: Sandra Brown
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weggeräumt. Ella stellte einen Topf mit Senfblättern zum Dünsten auf den Herd und brachte in einem zweiten Topf Wäschestärke von Faultless zum Sieden. Dann schnappte sie sich Solly und ging nach draußen, um den ersten Korb Wäsche aufzuhängen, die Margaret gewaschen, ausgespült und ausgewrungen hatte.
    Es war fast elf Uhr, als Ella ins Haus zurückkehrte, um in der Küche nach dem Rechten zu sehen. Als sie etwas mehr Salz zu den Senfblättern gab, klingelte jemand an der Vordertür. Ella ging durch den dunklen Hausflur, trocknete sich rasch die Hände an ihrer Schürze ab und warf einen kurzen Blick in den Spiegel an der Wand. Ihr Gesicht war von der Hitze gerötet und feucht, ihr schwerer Knoten hatte den Haarnadeln getrotzt und war in den Nacken gerutscht, aber sie setzte ihren Weg zur Tür fort, ohne sich kurz zurechtzumachen.
    Auf der anderen Seite der Türschwelle stand Doktor Kincaid und spähte durch das Fliegengitter. » Morgen, Mrs Barron.« Seinen weißen Strohhut schmückte ein rotes Band, das von Generationen von Schweißflecken verfärbt war. Er nahm seinen Hut ab und hielt ihn auf eine galante Art vor die Brust.
    Ella war überrascht, den Doktor auf ihrer Veranda zu sehen, aber immer noch deutete nichts darauf hin, dass dies ein außergewöhnlicher Tag würde.
    Doktor Kincaids Praxis war mitten in der Stadt auf der Hill Street, aber er machte auch Hausbesuche, meistens für Entbindungen, manchmal auch, um zu verhindern, dass Patienten mit einer ansteckenden Krankheit Erreger in Gilead verbreiteten, einer kleinen Ortschaft mit zweitausend Einwohnern.
    Ella hatte den Doktor vor ein paar Jahren mitten in der Nacht ins Haus gerufen, weil einer ihrer Untermieter aus dem Bett gefallen war. Mr Blackwell, ein älterer Herr, dessen Beschämung glücklicherweise größer gewesen war als seine Verletzungen, protestierte sogar, obwohl Doktor Kincaid Ella zustimmte, dass eine gründliche Untersuchung vorsichtshalber nicht schaden konnte. Mr Blackwell wohnte nicht mehr im Haus. Kurz nach diesem Vorfall wurde er von seinen Angehörigen in ein Seniorenheim nach Waco gebracht. Mr Blackwell hatte ebenso vergeblich gegen seinen unfreiwilligen Umzug protestiert.
    Hatte einer ihrer Gäste heute nach dem Arzt gerufen? Normalerweise entging Ella nur wenig im Haus, aber sie hatte sich fast den ganzen Vormittag draußen aufgehalten, darum war es gut möglich, dass eine der Schwestern ohne ihr Wissen telefoniert hatte.
    » Guten Morgen, Doktor Kincaid. Haben die Dunne-Schwestern Sie gerufen?«
    » Nein. Ich bin nicht hier, um einen Krankenbesuch zu machen.«
    » Was kann ich dann für Sie tun?«
    » Ist das ein ungünstiger Zeitpunkt?«
    Ella dachte an die Berge von Wäsche in den Körben, die darauf warteten, gesteift zu werden, aber die Stärke musste noch ein bisschen abkühlen. » Keineswegs. Treten Sie ein.« Sie griff nach oben, um die Fliegengittertür zu entriegeln, und stieß sie auf.
    Doktor Kincaid wandte sich nach rechts und winkte auffordernd mit seinem Hut. Ella hatte die Anwesenheit des anderen Mannes nicht bemerkt, bis dieser hinter dem großen Farn neben der Tür hervortrat und in ihr Blickfeld kam.
    Ellas erster Eindruck von dem Mann war, dass er sehr groß und sehr schlank war. Er sah beinahe unterernährt aus. Er trug einen schwarzen Anzug, ein weißes Hemd mit einem schwarzen Binder und hielt einen schwarzen Filzhut in der Hand. Sie fand, seine Kleidung wirkte streng und unpassend an so einem heißen Tag, vor allem im Vergleich zu Doktor Kincaids leichtem Anzug aus Seersucker und dem weißen Strohhut mit dem roten Band.
    Der Doktor stellte ihr den Mann vor. » Mrs Barron, das ist Mr Rainwater.«
    Der Fremde beugte kurz den Kopf. » Ma’am.«
    » Mr Rainwater.«
    Sie trat zur Seite und bedeutete den beiden einzutreten. Doktor Kincaid ließ dem anderen Mann den Vortritt. Nach ein paar Schritten blieb dieser im Hausflur stehen, um seine Augen an das Dämmerlicht zu gewöhnen. Dann musterte er seine Umgebung, während er gedankenverloren die Krempe des Huts durch seine langen, schlanken Finger zog.
    » Hier hinein, bitte.« Ella überholte ihre beiden Gäste und deutete in den Salon. » Nehmen Sie Platz.«
    » Wir dachten, wir hätten die Klingel gehört.«
    Die piepsige Stimme veranlasste Ella, sich umzudrehen. Die Dunne-Schwestern, Violet und Pearl, standen auf dem unteren Treppenabsatz. In ihren pastellfarbenen Blümchenkleidern und den altmodischen Schuhen waren sie praktisch identisch. Beide hatten
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