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In einem anderen Land

In einem anderen Land

Titel: In einem anderen Land
Autoren: Ernest Hemingway
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wenn sie anfangen, sich abzuschälen und abzublättern.
    Ich sah Catherine Barkley durch die Halle kommen und stand auf. Sie schien nicht groß, als sie mir entgegenkam, aber sie sah wunderschön aus.
    «Guten Abend, Mr. Henry», sagte sie.
    «Wie geht es Ihnen?» sagte ich. Der Ordonnanzoffizier hörte hinter seinem Schreibtisch zu.
    «Wollen wir hier bleiben oder in den Garten gehen?»
    «Lassen Sie uns hinausgehen, es ist viel kühler.»
    Ich ging hinter ihr her, hinaus in den Garten; der Ordonnanzoffizier sah uns nach. Als wir auf der Kiesanfahrt standen, sagte sie: «Wo waren Sie?»
    «Vorn bei den Sanitätsposten.»
    «Sie konnten mich nicht benachrichtigen?»
    «Nein», sagte ich, «nicht gut. Ich dachte, ich käme gleich wieder zurück.»
    «Du hättest es mich wissen lassen müssen, Liebling.»
    Wir waren von der Ausfahrt jetzt herunter und gingen unter den Bäumen. Ich nahm ihre Hände, blieb stehen und küßte sie.
    «Können wir nicht irgendwohin gehen?»
    «Nein», sagte sie. «Wir können nur hier auf und ab gehen. Du warst so lange weg!»
    «Heute ist der dritte Tag. Aber jetzt bin ich wieder da.»
    Sie sah mich an. «Und du liebst mich?»
    «Ja.»
    «Nicht wahr, du hast doch gesagt, daß du mich liebhast?»
    «Ja», log ich. «Ich hab dich lieb.» Ich hatte es nie vorher gesagt.
    «Und du sagst Catherine zu mir?»
    «Catherine.» Wir gingen ein Stückchen weiter und blieben unter einem Baum stehen.
    «Sag: ich bin in der Nacht zu Catherine zurückgekommen.»
    «Ich bin in der Nacht zu Catherine zurückgekommen.»
    «Ach, Liebling, nicht wahr, du bist zurückgekommen?»
    «Ja.»
    «Ich hab dich so lieb, und es war so schrecklich. Du gehst nicht weg, nicht wahr?»
    «Nein, ich werd immer wiederkommen.»
    «Oh, ich hab dich so lieb. Bitte tu deine Hand wieder dahin.»
    «Sie war gar nicht weg.» Ich drehte sie so, daß ich ihr Gesicht sehen konnte, während ich sie küßte, und ich sah, daß sie die Augen geschlossen hielt. Ich küßte ihre beiden geschlossenen Augen. Ich dachte, daß sie vielleicht ein bißchen übergeschnappt sei. Mir sollte es recht sein. Mir war's gleich, was passierte. Dies war besser, als jeden Abend ins Offiziersbordell zu gehen, wo die Mädchen an einem raufkletterten und einem als Zeichen ihrer Zuneigung, zwischen den Ausflügen, die sie mit Offizierskameraden ins oberste Stockwerk unternahmen, die Mütze verkehrt herum aufsetzen. Ich wußte, daß ich Catherine Barkley nicht liebte und auch nicht die Absicht hatte, sie zu lieben. Dies war ein Spiel wie Bridge; man sprach, anstatt Karten zu spielen. Wie beim Bridge mußte man so tun, als ob man für Geld spielte, oder um irgendeinen Einsatz. Niemand hatte den Einsatz erwähnt. Mir war es gleich.
    «Ich wünschte, wir könnten irgendwohin gehen», sagte ich. Wie jedem Mann war es mir unangenehm, im Stehen lange zärtlich zu sein.
    «Man kann nirgends hingehen», sagte sie. Sie kam von weit her. «Wir könnten uns vielleicht dort einen Augenblick hinsetzen.»
    Wir saßen auf einer flachen Steinbank, und ich hielt Catherine Barkleys Hand. Sie erlaubte nicht, daß ich meinen Arm um sie legte.
    «Bist du sehr müde?» fragte sie.
    «Nein.»
    Sie sah hinunter auf den Rasen.
    «Wir spielen ein niederträchtiges Spiel, nicht wahr?» sagte sie.
    «Was für ein Spiel?»
    «Sei nicht blöd.»
    «Nicht absichtlich.»
    «Du bist nett», sagte sie. «Und du spielst es so gut, wie du eben kannst. Aber es ist ein niederträchtiges Spiel.»
    «Weißt du immer, was andere Leute denken?»
    «Nicht immer. Aber bei dir weiß ich's. Du brauchst mir nicht vorzumachen, daß du mich liebst. Damit ist's für heute abend vorbei. Möchtest du dich über irgendwas Bestimmtes mit mir unterhalten?»
    «Aber ich habe dich wirklich lieb.»
    «Bitte, laß uns doch nicht lügen, wenn's nicht notwendig ist. Ich hatte eine reizende kleine Szene, und jetzt geht's mir wieder vorzüglich. Du siehst, ich bin nicht verrückt und hab auch nicht den Kopf verloren. Nur manchmal ein bißchen.»
    Ich preßte ihre Hand.
    «Liebe Catherine.»
    «Jetzt klingt das sehr komisch - Catherine. Du sagst es ganz anders als er. Aber du bist sehr nett. Du bist ein sehr guter Junge.»
    «Das hat der Priester auch gesagt.»
    «Ja, du bist sehr gut, und du kommst mich wieder besuchen, ja?»
    «Natürlich.»
    «Und du brauchst wirklich nicht zu sagen, daß du mich liebst. Das ist alles für eine ganze Weile vorbei.» Sie stand auf und streckte mir ihre Hand entgegen. «Gute Nacht.»
    Ich
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