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0164 - Ich und das Todeskarussell

0164 - Ich und das Todeskarussell

Titel: 0164 - Ich und das Todeskarussell
Autoren: Ich und das Todeskarussell
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Jack Vandoom, so hieß der Verteidiger, hatte dem Staatsanwalt die Zähne gezeigt wie niemand sonst in den letzten zehn Jahren. Schon bei der Auswahl der Geschworenen hatte es Vandoom fertiggebracht, vier Männer, die der Staatsanwalt vorgeschlagen hatte, auszubooten. Eine alte Tante, die keinen Hehl daraus machte, daß sie bereits viermal durch ihr »Schuldig« am Zustandekommen eines Todesurteils mitgewirkt hatte, konnte der Staatsanwalt allerdings gegen Vandooms Einspruch durchsetzen, weil das Gericht den Einspruch zurückwies.
    Und danach war der Kampf mit den Zeugen losgegangen. Vandoom hatte phantastische Arbeit geleistet. Janes Nachbarin, eine der wichtigsten Zeuginnen der Anklage, hatte er buchstäblich in Stücke zerfetzt. Sie sagte,. sie habe Bill rufen hören, aber Vandoom wies nach, daß sie dicht an der Grenze der Schwerhörigkeit stand. Ein anderer Hausbewohner hatte Jane zur fraglichen Zeit ins Haus kommen sehen und wenig später die Schüsse gehört. Er gab an, daß es halb neun gewesen sei. Vandoom trieb ihn dermaßen in die Enge, bis der Mann zugeben mußte, daß er an diesem Abend zwölf Flaschen Bier und eine halbe Flasche Whisky ausgetrunken hatte. Brüllende Heiterkeit im Saal, als der Zeuge schließlich kleinlaut eingestand, daß er nicht genau sagen könne, wann er an diesem Abend zu Bett gegangen sei. Vandoom fuhr ihn an:
    »Und dann wollen Sie jetzt beschwören, daß es Punkt halb neun war, als Sie im Treppenhaus Miß Lorren sahen? Sind Sie sicher, daß Ihre Uhr überhaupt ging?«
    »Da-daß weiß ich nicht«, stotterte der Mann verwirrt.
    »Können Sie es auf Ihren Eid nehmen, daß Ihre Uhr nicht zehn Minuten vor oder nach ging?«
    »N-nein.«
    »Was können Sie denn überhaupt eideskräftig bezeugen?« fauchte Vandoom und hängte die Bemerkung an, daß manche Leute recht großzügig in der Benennnung von Zeugen wären.
    Der Staatsanwalt erhob Einspruch, weil dies eine gehässige, nicht zum Prozeß gehörende Bemerkung sei, die offensichtlich nur die Anklage in den Augen der Geschworenen herabsetzen solle. Dem Einspruch wurde stattgegeben, und Vandoom erhielt einen Verweis. Seine Bemerkung wurde aus dem Protokoll gestrichen.
    So ging es weiter. Vier Verhandlungstage lang. Die Zähigkeit Vandooms ermüdete die Geschworenen, die Beisitzer, den Richter, den Staatsanwalt. Er tat des Guten einfach eine Kleinigkeit zuviel. Er überschritt jenen Punkt, wo die Stimmung der Geschworenen überschlägt zur Überzeugung von der Schuld des Angeklagten. Etwa nach dem Motto: Wer so übertrieben verteidigt wird, der muß ja schuldig sein. Bei einem wirklich Unschuldigen wäre es doch gar nicht nötig, so viel Wirbel zu machen.
    Ein paarmal hatten Phil und ich Lust, nach vorn zu laufen, Vandoom die Hand zu schütteln und Jane ein Wort des Trostes und der Hoffnung zu sagen. Aber das ging natürlich nicht. Zweiunddreißig Stunden lang machten Phil und ich die Spannung des Prozesses mit. In den vier Verhandlungstagen von je acht Stunden Dauer gab Vandoom sein Bestes her.
    Und nun war es soweit. Gleich würden die Würfel fallen. Ich spürte, wie meine Hände feucht wurden wn kaltem Schweiß.’
    Jane Lorren saß auf der Anklagebank, zierlich, adrett wie immer, aber geisterhaft bleich. Das dunkelbraune, wellige Haar umgab das blasse Oval ihres mädchenhaften Gesichts wie mit einem schweren Rahmen. Die großen dunklen Augen standen unbeweglich unter den sanft geschwungenen Brauen. Sie sah irgendwo ins.Leere, als ob dieses Ganze sie gar nichts angehe. Nur an den Fingern, die sich in unablässiger Bewegung befanden, konnte man ihre innere Spannung erkennen.
    , Ich spürte, wie mein Herz klopfte. Die kleine Jane, würde sie durchkommen? Vier oder fünf Jahre hatte sie geduldig in der Telefonzentrale des New Yorker FBI gesessen und Verbindungen gestöpselt. Und auf einmal war sie die Hauptperson eines Mordprozesses. Wir hatten sie täglich gesehen, ein paar nichtssagende Äußerungen mit ihr gewechselt und im übrigen keine Ahnung von ihr gehabt. Sie gehörte gewissermaßen zum Inventar der Telefonzentrale. Und jetzt zitterten wir um sie, weil sie eben doch zu uns gehörte, zum FBI.
    Der Sprecher der Geschworenen öffnete den Mund, aber es kam nur ein heiseres Krächzen heraus. Die Blitzlichter flammten auf, und die Fotografen fluchten leise, weil sie den verkehrten Augenblick geknipst hatten. Der Sprecher räusperte sich sehr energisch, weil er sich selbst einen Ruck geben mußte.
    Und dann sagte er es. Ich begriff
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