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In den Klauen des Bösen

In den Klauen des Bösen

Titel: In den Klauen des Bösen
Autoren: John Saul
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Wir kommen soeben vom Friedhof und müssen Sie über etwas absolut Ungewöhnliches informieren. Die Leichen unserer beiden Töchter liegen nicht in den Särgen.«
    Kitteridge sah ihn ungläubig an. »Was zum Teufel...«
    »Es ist Warren Phillips!« stieß Barbara hervor. Sie klang beinahe hysterisch. »Er hat uns Sharon geraubt! Er hat uns auch Jenny genommen. Sie sind nicht tot! Sie sind niemals gestorben! Phillips stellt etwas mit den Kindern an! Zu dem Zweck hat Carl Anderson auch das arme Baby im Moor gestohlen!«
    Mary Anderson verlor die Farbe. »Sie meinen, Kelly...«
    Barbara nickte. »Nur so ergibt alles einen Sinn. Auch Michaels Geburtsurkunde ist eine Fälschung. Aus irgendeinem Grund beschafft Warren Phillips sich Babys - schon seit Jahren!« Sie wurde von ihren Gefühlen überwältigt und sank neben Mary Anderson in sich zusammen. »Was sollen wir nur tun?« schluchzte sie. »Was hat er mit unseren Kindern gemacht?«
    Kitteridge verstand noch immer nicht. Er wandte sich an Craig. »Können Sie mir sagen, worum es geht?«
    Craig versuchte, dem Polizeichef zu erläutern, was zuerst Barbara und dann sie beide zusammen morgens entdeckt hatten. »Einzelheiten wissen wir nicht«, schloss er. »Doch eins steht fest: In Villejeune leben mehrere Männer, die wesentlich jünger aussehen als sie sind. Ich meine damit Männer, die während der letzten fünfzehn oder zwanzig Jahre auch nicht um einen einzigen Tag gealtert zu sein scheinen.« Er nannte ein halbes Dutzend Namen. Bei der Erwähnung Carl Andersens schnitt ihm Kitteridge das Wort ab.
    »Carl war heute morgen verändert. Laut Ted ist er über Nacht alt geworden. Ich meine richtig alt. Als Ted ihn heute morgen sah, schien er dem Tode nahe.«
    Und plötzlich, zum erstenmal seit Wochen, kam ihm George Coulton in den Sinn, Coulton, dessen Leiche - falls es seine Leiche war - sogar Amelie nicht hatte identifizieren können.
    Er war nicht so alt, hatte Amelie gesagt. Er war gar nich’ viel älter als ich.
    »Was steckt bloß dahinter?« sagte Kitteridge mit unterdrückter Stimme. »Das klingt ja fast so, als ob Phillips den Jungbrunnen entdeckt hätte.«
    Für Craig fügten sich alle Steinchen des Rätsels zusammen. »Nein«, widersprach er. »Schlimmer: Er hat entdeckt, wie er unseren Kindern ihre Jugendkraft nehmen und seinen Freunden verkaufen kann. Zu dem Zweck braucht er die Kinder.« Plötzlich fiel ihm ein Name ein, den er bei der Erwähnung der fraglichen Männer völlig vergessen hatte.
    »Wo ist Judd Duval?«
    Kitteridge sah ihn nur an. »Im Moor«, sagte er. »Er sucht nach Carl Andersen und den Kindern.«
    Craig schwieg einen Moment. Dann sagte er mit leerer Stimme: »Da können wir nur beten, dass er sie nicht findet.«

29
     
    Als die Dämmerung sich über das Moor senkte, spürte Judd Duval die eiskalten Finger der Angst. Ihm sträubten sich die Haare. Seine Haut zog sich zusammen, als wolle sie die Poren gegen das Eindringen winziger Insekten schützen. Er war fast den ganzen Nachmittag über im Sumpfgebiet gewesen, und mit der Zeit hatte sich seiner ein Gefühl drohenden Unheils bemächtigt. Solch ein Empfinden hatte, wie er sehr wohl wusste, teilweise ganz einfach mit dem Moor zu tun; und diese Angst stieg, obwohl er sein Leben hier verbracht hatte, mit den Jahren stetig; heute war ihm, als ob tausend Augen ihm folgten.
    Aber er konnte sich umsehen, soviel er wollte: Er sah nichts - nur moosüberhangene Bäume, Zweiggirlanden, das schwarze, undurchsichtige Wasser. Und die Tiere.
    Mokassinschlangen schlüpften lautlos durch die Bayous und hinterließen kaum ein Kräuseln auf der Oberfläche des Wassers. Die allgegenwärtigen Alligatoren und Krokodile badeten im Schlamm und schienen ihn gierig zu fixieren.
    Vor einer Stunde hatte er selbst in der Ansiedlung der Sumpfratten eine Veränderung gespürt.
    Die Häuser wirkten verlassen. Nirgends eine Frau mit spielenden Kindern auf der Veranda; nirgends Männer beim Flicken von Fischnetzen oder beim Ausbessern von Booten. Er fühlte sich jedoch aus den Häusern heraus beobachtet.
    Es war ganz so, als ob die Sumpfratten irgend etwas wüssten und sich vor einer fremden Gefahr verbargen, die, obwohl unsichtbar, an diesem Nachmittag wie eine unheimliche Macht über dem Marschland zu liegen schien.
    In der beginnenden Dämmerung faszinierte Judd plötzlich auf ganz merkwürdige Weise eine kleine Insel. Aus dichtem Unterholz ragte dort eine einsame, sterbende Fichte, deren Äste sich wie winkende Arme
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