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In den Klauen des Bösen

In den Klauen des Bösen

Titel: In den Klauen des Bösen
Autoren: John Saul
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gegen den rötlich verfärbenden Himmel reckten. Judd drosselte den Motor und ließ das Boot mit der langsamen Strömung treiben, bis der Boden am Untergrund aufkratzte.
    Judd spähte das Ufer ab.
    Gebrochene Schilfgräser. Deutliche Fußspuren im Schlamm, die zum Dickicht um die einsame Fichte führten.
    Sein Puls ging schneller. Angst hüllte ihn ein, wie das Dunkel der Nacht, die nun über das Moor fiel. Judd stieg aus dem Boot und folgte den Spuren.
    Er drückte die Äste zur Seite, zwängte sich durch das Gebüsch und sah vor sich Carl Anderson auf dem Rücken liegen. Auf Carls Leiche schwärmten bereits die Insekten. Auf seinem Gesicht hockte ein Raubvogel, der sich mit lautem Kreischen über die Störung seiner Mahlzeit empörte und dann in die Lüfte schwang. Entsetzt starrte Judd auf die blutige Masse der aufgerissenen Brust, auf das zerstörte, augenlose Gesicht, wo an den Knochen nur noch Fetzen von Haut hingen.
    Da wusste er um die Realität der Gefahr, die er bis dahin nur geahnt hatte, wich zurück, drehte sich auf dem Absatz um und rannte zum sicheren Boot. Aber das Bild des toten Carl Anderson ließ ihn nicht mehr los.
    Er wollte heim, wollte nur noch seine Hütte erreichen, wo er vielleicht Türen und Fenster gegen die ihn anfallende, schreckliche Furcht versperren könnte. Doch schon beim Verlassen der Insel packte ihn die Panik.
    Durch die zunehmende Dunkelheit glitten Boote. Keine Boote mit den Männern, die mit ihm zusammen auf der Suche nach Carl Anderson ausgefahren waren, sondern Boote voller Kinder, seltsamen, stummen Kindern mit stur geradeaus gerichtetem Blick, als ob sie sich an einem Leuchtturm orientierten, dessen Signal nur für sie sichtbar war.
    Als sie an ihm vorüberglitten, schlug Judd Duval das Herz bis zum Hals, und die Angst drohte ihn zu lähmen.
    Er ließ den Motor erst nach dem Verschwinden des letzten Bootes an und wendete in die entgegengesetzte Richtung. Ihm war nur noch eins wichtig - diesen stummen, bedrohlichen Kindern mit dem leeren Blick zu entkommen.
     
    Barbara Sheffield ließ ihrer Enttäuschung freien Lauf. Den ganzen Nachmittag lang hatte sie Tim Kitteridge für eine Durchsuchung der Praxis und des Hauses von Warren Phillips zu gewinnen versucht, wo sich möglicherweise Beweise finden ließen.
    Aber der Polizeichef war hart geblieben. »Das geht nicht, Mrs. Sheffield«, hatte er ihr noch vor einer halben Stunde gesagt, mit einem Ton von herablassender Geduld, so dass Barbara ihn am liebsten geohrfeigt hätte. »Und im Moment habe ich andere Sorgen. Laut Angaben Ihres Sohnes liegt im Moor eine Leiche, und außerdem sind die beiden Kids noch vermißt. Um Warren Phillips werde ich mich kümmern, wenn ich diese Probleme gelöst habe.«
    Was er ihr nicht gesagt hatte - dass ihm für eine Hausdurchsuchung bei Warren Phillips die Handhabe fehlte. Bis Fachleute die angebliche Fälschung der Geburtsurkunden bestätigt hatten, die vielleicht auch Hinweise dafür geben könnten, dass Phillips der Fälscher war, würde er keinen Richter zur Ausstellung eines Hausdurchsuchungsbefehls veranlassen können. Und zu einer illegalen Aktion war er trotz aller Bitten der Sheffields nicht bereit. Dies würde ihm, da war er sicher, ein Verfahren einbringen, das seine restlichen Dienstjahre verbittern würde.
    Nach dem Auffinden der Leiche Carl Andersens könnte die Sache völlig anders aussehen. Denn wenn Carls Aussehen tatsächlich den Beschreibungen von Kelly, Michael und seinem eigenen Sohn entsprach, so hätte man einen handfesten Grund, Phillips zu verhören, mit welcher Methode und welchen Mitteln er Carl behandelt hatte. Erst dann hätte man einen stichhaltigen Anhaltspunkt.
    »Meint Kitteridge ernsthaft, er könnte uns hier einfach warten lassen?« fragte Barbara, als sich die Nacht über das Moor senkte.
    Craig, der nicht weniger frustriert war als seine Frau, seufzte nur. »Ich wünschte, ich könnte dir etwas anderes sagen, aber er hat recht. Was wir zu wissen glauben, spielt keine Rolle, Liebling. Nicht vor dem Gesetz. Er schützt sich nur selbst, und wenn es nicht unsere eigenen Kinder beträfe, müsste ich ihm zustimmen. Zwei leere Gräber und ein paar Geburtsurkunden, die wir für gefälscht halten, reichen nicht aus. Doch wenn Carl Andersens Leiche erst einmal aufgefunden worden ist...«
    »Falls sie auftaucht!« unterbrach ihn Barbara. Ihr zitterte die Stimme. »Und was ist mit Michael und Kelly? Wohin können sie gegangen sein? Und mit welcher Absicht?«
    Craig
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