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In den Klauen des Bösen

In den Klauen des Bösen

Titel: In den Klauen des Bösen
Autoren: John Saul
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der windstillen Nacht. Clarey war jetzt allein. Der Zirkel der Kinder fort, die Kinder waren Michael gefolgt, der sie durch die Dunkelheit führte.
    Sie wusste, wohin sie gingen und was sie tun würden, doch daran wollte sie nicht denken. Sie blieb mit ihren Gedanken lieber in der Nähe der glühenden Scheite, um die Wärme in ihren alten Knochen zu spüren.
    In dieser Nacht, sie wusste es, würde sie sterben.
    Aber noch war es nicht soweit.
    Nicht, bis die letzte Kerze verglommen war, nicht, bis die Augen aller Puppen auf dem Altar sich mit Tränen füllten und Clarey wüsste, dass alle Kinder wieder heil wären.
    Erst dann würde sie vom Leben lassen, von diesem Leben, an dem sie mit ihrer ganzen Willenskraft festgehalten hatte, um dem Schwarzen Mann zu trotzen, der sich ewiges Leben geschworen hatte.
    Clarey Lambert würde ihn überleben und ihn auslachen, wenn sie ihn jenseits des Grabes wiedersähe.
    Dies war die Nacht, der sie seit langem entgegensah, um die sie seit langem gebetet hatte. In ihren Träumen hatte sie stets darauf gewartet, den Schwarzen Mann sterben, ihn leiden zu sehen, so wie er die Kinder hatte leiden lassen. Doch jetzt, da die Zeit gekommen war, spürte sie ihren Hass schwinden und statt dessen ein unbegreifliches Mitleid.
    Und so war sie allein auf der Insel, um das Feuer zu hüten, in der Gewissheit, dass sie den Tod des Schwarzen Mannes bald erfahren würde.
    So wie sie auch erfahren würde, wann sämtliche Kinder ihre Seele wiedergefunden hätten.
    Ein schwacher Laut drang in Clareys Ohr und weckte sie aus ihren Träumen.
    Kaum hörbar zunächst, hob er sich dann über das monotone Surren der winzigen Nachtkreaturen, bis er die Nacht mit einem Schrei lang aufgestauter Wut füllte, einer wachsenden Geräuschmauer, die über das Moor stürzte und schließlich in einem jähen Heulen der Angst endete, das Clarey traf wie ein Schlag.
    Das Ende, Clarey wusste es, hatte endlich begonnen.

30
     
    Fred Childress hatte das Leichenschauhaus gleich nach seinem Anruf bei Warren Phillips verlassen und das Haus aufgesucht, wo er seit dem Tod seiner Frau, seit fünfzehn Jahren, allein wohnte. Er war während des ganzen Nachmittags rastlos durch die Zimmer geirrt. Sein Instinkt riet ihm, rasch ein paar Sachen zu packen und von Villejeune fortzufahren.
    Das war jedoch, wie er sehr wohl wusste, unmöglich; denn Villejeune verlassen hieß Warren Phillips und die magischen Injektionen aufgeben, die ihn seit zwanzig Jahren jung hielten. Ohne diese Injektionen...
    Ihm kam die Erinnerung an den Anblick, als er George Coulton zur Bestattung auf den Friedhof überführt hatte.
    »Das sind Sie, Fred«, hatte ihm Warren Phillips bedeutet. »So sind Sie - ohne die Wirkung der Spritzen.«
    Fred Childress hatte darauf nicht reagiert, aber zum erstenmal voll begriffen, was ihm ohne Warren Phillips bevorstünde. Er würde sich genau so verhalten, wie Phillips ihm geraten hatte, nichts sagen, und auf alle Fragen und Vorwürfe nichts zugeben - bis auf die leeren Gräber im Mausoleum der Sheffields.
    Warren Phillips würde sich um ihn kümmern, um ihn, Orrin Hatfield und Judd Duval, um sie alle, wie er es schon seit zwei Jahrzehnten tat.
    Doch der Anbruch der Nacht hatte Childress zunehmend nervös werden lassen. Seine Haut begann zu jucken, als krabbelten tausend Ameisen über seinen Leib, und er begann draußen Laute zu vernehmen.
    Von Kindern, die im Dunkel aus den Tiefen des Sumpfs herüberkamen, das Haus umzingelten und durch die Fenster ohne Vorhänge ihn beobachteten.
    Er lief durch das Haus, machte überall das Licht aus, saß im Finstern und redete sich ein, das alles sei doch nur Einbildung - bis er das Heulen vor der Haustür hörte.
    Er erstarrte vor Schreck.
    Das Geheul wiederholte sich, stieg von den Sümpfen her auf, rief nach ihm, und Fred Childress konnte dem Lockruf der Nacht nicht widerstehen und ging zur Tür, die er gegen den eigenen Willen öffnete.
    Für den Bruchteil einer Sekunde sah er nichts, aber dann Bewegung im Dunkel, Schatten, die sich von den Fichten her näherten.
    Als er Kinder von den Bäumen herüberkommen sah, schlug ihm das Herz bis zum Hals.
    Sie waren zu fünft. Zwei von ihnen erkannte Fred wieder.
    Quint und Tammy-Jo Millard, die sich bei der Hand hielten und an den Eingangsstufen stehenblieben und hochblickten.
    Ihre leeren Augen glänzten im Mondschein.
    Als die anderen drei Kinder sich neben sie stellten und die Angst im Herzen von Fred Childress umschlug in Panik, spürte er
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