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In den Klauen des Bösen

In den Klauen des Bösen

Titel: In den Klauen des Bösen
Autoren: John Saul
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Sheffield konnte nur hilflos mit den Achseln zucken. Wenn die Sucher nach einer weiteren Stunde keine Spur von den beiden entdeckt hätten, wollten Ted Anderson und er dann allerdings selbst die Initiative ergreifen. Was immer Tim Kitteridge dagegen einzuwenden hätte!
    Nicht, dass Craig große Hoffnungen hegte - die Erinnerung an seine letzte Suchaktion im Moor war ihm noch allzu frisch im Gedächtnis, um Illusionen aufkommen zu lassen. Aber er würde wenigstens etwas unternehmen.
    Und etwas zu unternehmen wäre erträglicher als Warten.
    Warten und Grübeln.
     
    Michael erhob sich von dem durchhängenden Sofa und ging zur Tür.
    Draußen war es dunkel. Er konnte sich nicht erinnern, dass die Sonne untergegangen war. Der ganze Nachmittag schien spurlos vorübergegangen zu sein. Clareys geheimnisvoller Gesang hatte sein Bewusstsein erfüllt.
    Doch im Unterschied zu den Tagen und Nächten im Moor, als er das Zeitgefühl verloren und am Ende nur leere Stunden als Lücken im Leben vorzuweisen hatte, wusste er diesmal ganz genau, was geschehen war.
    Die Erinnerungen waren gestochen scharf.
    Er hatte noch einmal den Mann gesehen, der ihm bisher nur in seinen Träumen erschienen oder ihn beim Betrachten des eigenen Ebenbilds im Spiegel verhext hatte.
    Nur wusste er inzwischen auch, dass er nicht einen, sondern viele Männer gesehen hatte.
    In seinen Träumen hatte er all jene Männer gesehen, die an seiner Jugendkraft gezehrt hatten; aber ohne die Maske gestohlener Jugend, sondern in ihrem wahren Zustand.
    Alte Männer, verwüstet nicht nur von der Zeit, sondern durch das Böse, das ihre Körper erhielt, während es ihnen die Seele zerfraß.
    Am Nachmittag hatte er sie wiedergesehen, und diesmal hatte er ihre Verderbnis erkannt.
    Nur hatte er heute keine Angst verspürt, wohl aber ihr angstvolles Erschrecken; sie hatten sich in dem Wissen um seine Präsenz und seinen Plan vor ihm geduckt.
    Sie hatten gewusst, dass sie in sich selbst nichts zur eigenen Verteidigung besaßen.
    In jedem von ihnen hatte er winzige Elemente seiner eigenen Existenz wiedererkannt, Elemente, die seit Jahren ihnen innewohnten und nur darauf gewartet hatten, dass er sie wieder beanspruchte.
    Michael wandte sich ab von der Dunkelheit draußen und trat wieder in Clareys Hütte.
    Es war inzwischen völlig dunkel. Die Augen der alten Frau waren geöffnet, als sie sich aus ihrem Stuhl hochstemmte. Sie spürte die Steifheit ihrer Jahre in den Knochen. Mit zitternden Händen zündete sie ein Streichholz an und entfachte den Docht der Öllampe auf dem Tisch. Ein weicher Schein vertrieb die Dunkelheit im Zimmer. Jonas Cox, der neben Kelly Anderson auf dem Sofa döste, wurde von der plötzlichen Helligkeit wach. Clarey trat an den Herd und öffnete die Ofentür, um die Glut drinnen zu schüren. Sie legte Holzscheite nach und stellte den Kessel auf die Platte. Während das Wasser sich erhitzte und sie Kaffeemehl in den Topf gab, wandte sie sich den Kindern zu, die ihr verunsichert zuschauten.
    Kelly saß immer noch auf dem Sofa. Ihr Gesicht wirkte selbst im Schein der Öllampe blaß, ihr Blick ausdruckslos.
    Jonas neben ihr war inzwischen hellwach und auf dem Sprung wie ein wildes Kaninchen, das beim ersten Zeichen von Gefahr davonstürzt.
    Michael stand neben der Tür, und als Clareys uralte Augen auf ihm ruhten, merkte sie die Veränderung, die in ihm stattgefunden hatte.
    »Sie komm’ jetzt«, sagte sie. Sie wusste, dass er sie verstehen würde. »Die Kinder komm’ jetzt. Sie sind ganz nah.«
    Sie kehrte zum Herd zurück, goß die dampfende Brühe in vier Tassen und gab allen zu trinken. Als ob sie wüssten, dass sie eine lange Nacht vor sich hatten, tranken sie die dicken großen Becher mit der bitteren Flüssigkeit leer und fühlten gleich darauf die wohltuende Wärme im Körper.
    Clarey drehte die Lampe, so dass die niedrige Flamme nur noch einen schwachen Schimmer warf.
    »Es is’ Zeit«, sagte sie.
    Sie ging auf die Veranda und wartete. Nach Kelly kletterte Jonas ins wartende Boot, dann half Michael Clarey die Leiter herunter, und Clarey nahm vorsichtig Platz.
    Als Jonas die Ruder ins Wasser tauchte, band Michael die Leine los und kam nach. Das Boot glitt hinaus auf die stille Lagune, und als es in die sich windenden Wasserarme verschwand und zu der kleinen Flotte stieß, die auf die kleine Insel mit dem Altar auf der Lichtung zusteuerte, wurde am Himmel der Mond sichtbar.
    Clarey Lambert sah die Kerzen auf dem Altar. Sie brannten hell und ruhig in
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