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In den Klauen des Bösen

In den Klauen des Bösen

Titel: In den Klauen des Bösen
Autoren: John Saul
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Veränderungen hatte er bald erkannt. Diese Kinder wurden seltsam und still; sie lachten und weinten nie. Sie wirkten öde und leer, als ob ihnen etwas - etwas Geistiges - fehlte. Sie schienen ohne Interesse und Faszination für sich selbst oder irgend etwas sonst.
    Sie hatten jedoch offenbar als Kompensation für den Verlust ihrer jugendlichen Lebenskraft eine ganz eigenartige Kommunikationsform entwickelt, einen hochgradigen, neuen Spürsinn, den er zwar letzten Endes nicht verstand, aber für seine Zwecke nutzte.
    Um die Kinder zu beherrschen, hatte er einen besonderen Kult für sie geschaffen, um sie herum mit den Jahren eine Aura aufgebaut und ihren Unterschied von gewöhnlichen Kindern ausgebeutet.
    Er hatte sie gelehrt, dank dem Schwarzen Mann seien sie ganz besondere Menschen.
    Der Schwarze Mann, den er für sie fast zu einem Gott hochstilisiert hatte, den sie achten, dem sie gehorchen und dem sie neue Kinder zeugen und gebären und schenken mussten.
    Phillips hatte sich ihnen nie ohne die Maske gezeigt, die sein Gesicht verbarg, hatte sie nie wissen lassen, wer er wirklich war.
    Und vor sechzehn Jahren hatte er den eigenen Sohn in sein Projekt gesteckt. Aber für seinen Sohn änderte er die Bedingungen.
    Sein Sohn sollte nicht im Moor aufwachsen, nicht Teil des Kults werden, sondern in der Stadt Villejeune aufwachsen, wo Phillips ihn jederzeit beobachten konnte.
    Für seinen Sohn hatte er ganz bewusst Craig und Barbara Sheffield als Eltern ausgesucht, weil sie ihm jeden Vorteil zu bieten hatten.
    Deshalb hatte er ihnen ihr Baby weggenommen und durch das eigene ersetzt, doch aufgrund seiner eigenen seltsamen Moralvorstellungen - und vielleicht auch im instinktiven Wissen, dass der Kreis der Kinder sich nie vollständig schließen dürfte -, hatte er Sorge getragen, dass auch das Mädchen der Sheffields nicht im Moor aufwuchs.
    Sie sollte in Atlanta großwerden, und wenngleich er sie dort nicht optimal verfolgen könnte, würde er doch das für ihn Entscheidende in Erfahrung bringen.
    Diese zwei Kinder, die unter normalen Menschen heranreiften, sollten sein Wissen noch weiter mehren.
    Doch dann hatte Andersen seinen Sohn Ted mit Frau und adoptierter Sheffield-Tochter nach Villejeune zurückgeholt.
    Und nun brach alles zusammen.
    Mit dem kompletten Zirkel kam die Wahrheit ans Licht.
    Selbst vor dem Anruf von Fred Childress mit der Nachricht vom Besuch der Sheffields hatte er gewusst, dass jetzt für ihn die Zeit gekommen war, die Stadt für immer zu verlassen.
    Und das war für ihn durchaus kein Problem - es gab andere Ortschaften, wo er Babys finden würde und alles von neuem beginnen könnte. Bis dahin brauchte er nur genügend Hormonstoff, um die Verwüstungen seiner eigenen Sterblichkeit zu hemmen.
    Er begab sich in den Krippenraum, schenkte Lavinia Carter keine Beachtung und nahm die Flasche vom IV-Stab über der Krippe des Babys von Amelie Coulton. Dann trat er an Jenny Sheffields Bett. Auch Jenny lag wach und starrte ihn mit weit geöffneten Augen an, als begriffe sie, was da vorging. Sie zuckte vor seiner Berührung zurück.
    »Ich will nach Hause!« sagte sie. »Ich bin nicht krank. Ich will meine Mutter wiederhaben.«
    Phillips ersetzte die Flasche, die am Röhrchen befestigt war, und schaute kalt auf das kleine Mädchen hinab.
    »Du wirst nicht nach Hause gehen, Jenny«, sagte er. »Du bist krank. Du bist sogar sehr krank und wirst in dieser Nacht leider sterben.«
    Er ließ Jenny mit vor Schreck aufgerissenen Augen allein und verließ den Raum.
     
    Wie betäubt hörten Barbara und Craig Ted Andersens Bericht. »Ich weiß nicht, was mit den Kindern geschehen ist«, sagte er zum Schluss. »Kelly kam mit dem Boot und den Touristen zurück. Kurz darauf tauchte Michael mit dem Baby auf. Aber dann sind sie einfach verschwunden. Wir wissen weder ihr Ziel noch ihren Beweggrund. Niemand hat sie fortgehen gesehen.«
    Barbara sank auf der Holzbank zusammen, neben Mary Anderson, die vor einer Stunde zu Phil Stubbs bestellt worden war. Barbara wollte sich erheben, als Tim Kitteridge sich einen Weg durch die Menge bahnte. Ihr fehlte die Kraft.
    »Es tut mir wirklich leid, Craig«, sagte er und wandte sich sofort an Barbara. »Ich bin sicher, dass die Kinder wohlauf sind«, fuhr er fort. »Weiß Gott, sie scheinen das Moor besser zu kennen als wir. Wir werden sie bestimmt finden.«
    »Sie sollten vor allem Warren Phillips ausfindig machen«, unterbrach ihn Craig. »Wir sind nicht wegen des Kidnapping hier, Tim.
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