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In den Armen des Eroberers

In den Armen des Eroberers

Titel: In den Armen des Eroberers
Autoren: Stephanie Laurens
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1
    Somersham, Cambridgeshire
August 1818
    Die Herzogin ist so sehr … sehr … nun ja, sie ist einfach bezaubernd. So …« Mr. Postlethwaite, der Pfarrer von Somersham, vollführte mit engelsgleichem Lächeln eine vage Handbewegung. »So kontinental , wenn Ihr versteht, was ich meine.«
    Honoria Wetherby stand am Zaun des Pfarrhauses, wartete darauf, daß ihr Wagen gebracht wurde, und wünschte sich nichts sehnlicher als eben das: zu wissen, was er meinte. Wenn sie eine neue Stelle antrat, bestand eine ihrer ersten Amtshandlungen gewöhnlich darin, dem Pfarrer des Ortes Informationen zu entlocken. Während sie in diesem Fall viel dringender Informationen benötigte als sonst, erwiesen sich Mr. Postlethwaites Bemerkungen leider als äußerst vage und nicht sehr hilfreich. Sie nickte ihm ermutigend zu – und griff den einen Punkt auf, der möglicherweise eine tiefere Bedeutung haben könnte. »Ist die Herzogin im Ausland geboren?«
    »Die Herzogin- Witwe .« Mr. Postlethwaite strahlte. »So läßt sie sich inzwischen gern nennen. Aber im Ausland geboren?« Er neigte den Kopf ein wenig zur Seite und dachte scharf nach. »So könnte man es wahrscheinlich nennen – sie ist in Frankreich geboren und aufgewachsen. Aber mittlerweile ist sie schon so lange bei uns, daß sie ein Teil der Landschaft geworden ist. Im Grunde« – seine Augen leuchteten auf – »ist sie so etwas wie ein Lichtblick an unserem begrenzten Horizont.«
    Soviel hatte Honoria nun schon in Erfahrung gebracht. Das war einer der Gründe, warum sie mehr wissen mußte. »Gehört die Witwe Eurer Gemeinde an? Ich habe nirgends ein herzogliches Wappen gesehen.« Sie warf einen Blick auf die hübsche steinerne Kirche hinter dem Pfarrhaus und entsann sich mehrerer Gedenksteine zu Ehren Verstorbener aus verschiedenen Herrschaftshäusern, einschließlich einiger Nachkommen der Claypoles, der Familie, in deren Haushalt sie am Sonnabend zuvor aufgenommen worden war.
    »Gelegentlich nimmt sie am Gottesdienst teil«, erwiderte Mr. Postlethwaite. »Doch auf ihrem Besitz verfügen sie über eine eigene Kirche, eine besonders schöne sogar. Mr. Merryweather ist dort Kaplan. Die Herzogin ist sehr beständig in ihrem Glauben.« Traurig schüttelte er den Kopf. »Ich fürchte, das trifft jedoch nicht auf den Rest der Familie zu.«
    Honoria wehrte sich gegen den Drang, mit den Zähnen zu knirschen. Von welcher Familie redete er? Seit drei Tagen schon wollte sie das herausfinden. Angesichts der Tatsache, daß ihre neue Arbeitgeberin, Lady Claypole, anscheinend überzeugt davon war, ihre Tochter Melissa, die sich zur Zeit unter Honorias Fittichen befand, wäre zur nächsten Herzogin ausersehen, erschien es ihr immens wichtig, über den Herzog und seine Familie soviel wie eben möglich in Erfahrung zu bringen. Schon der Familienname wäre eine große Hilfe.
    Sie hatte sich aus freien Stücken nur selten unter den haut ton gemischt, doch dank der ausführlichen Briefe ihres Bruders Michael war sie bestens informiert über den jeweiligen Stand der Dinge in den Familien, die zu diesem illustren Kreis gehörten – der Kreis, in den sie hineingeboren war. Wenn sie nur den Namen herausbekam oder wenigstens den Titel, wußte sie schon bedeutend mehr.
    Doch obwohl Lady Claypole am Sonntag eine geschlagene Stunde darauf verwendet hatte, in allen Einzelheiten zu erklären, warum Melissa zur nächsten Herzogin bestimmt war, hatte sie nicht ein einziges Mal den Titel des glücklichen Herzogs genannt. In der Annahme, es dürfte nicht schwer sein, ihn in Erfahrung zu bringen, hatte Honoria ihre Ladyschaft dann auch nicht ausdrücklich danach gefragt. Sie hatte die Frau ja gerade erst kennengelernt, deshalb erschien es ihr nicht sehr angebracht, ihre Unwissenheit zur Schau zu stellen. Nach der ersten Einschätzung Melissas und ihrer jüngeren Schwester Annabel schloß sie es aus, sie zu befragen; wenn sie ihnen gegenüber ihre Unwissenheit kundtat, würde sie sich nichts als Unannehmlichkeiten einhandeln. Aus demselben Grund hatte sie sich auch nicht an die Dienerschaft der Claypoles gewandt. In der Überzeugung, alles, was sie wissen wollte, während ihres Antrittsbesuchs beim Damenkränzchen des Ortes zu erfahren, hatte sie ihren freien Nachmittag genutzt, um eben diesen abzustatten.
    Dabei hatte sie jedoch vergessen, daß der Herzog und die Herzogin-Witwe in der unmittelbaren Umgebung wohl immer nur mit diesen Titeln genannt wurden. Die Nachbarn wußten schließlich alle, wer gemeint
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