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in China

in China

Titel: in China
Autoren: Dorothy Gilman
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unmittelbar bevorstand, und schrieb Cyrus mehrere Briefe nach Afrika. Dann noch einen Brief gesondert an seine Heimatadresse in Connecticut, in dem sie ihm erklärte, sie reise in den Orient, um eine Kleinigkeit zu erledigen. Natürlich wieder für Carstairs, aber völlig harmlos. Und am ersten Juni flogen sie dann nach Hongkong, von wo aus sie zu ihrer abenteuerlichen Reise nach China startete.

2. Kapitel
    Mrs. Pollifax nahm den Kaffeelöffel von dem blendendweißen Tischtuch und lächelte den Kellner, der ihr Kaffee eingoß, strahle nd an. »Ich danke Ihnen«, sagte sie. Vor ihr stand der Teller, den sie am Frühstücksbuffet mit Papayas und Wassermelonen bis an den Rand beladen hatte. Ich bin tatsächlich hier, das Abenteuer beginnt, dachte sie glücklich. Nur noch ein paar Stunden, dann geht es nach China.
    Sie war am Vorabend in Hongkong eingetroffen. Ihr kam es vor, als sei sie tagelang unterwegs gewesen. Der Orient hatte es ihr gleich auf den ersten Blick angetan. Als das Flugzeug zur Landung ansetzte, lag unter ihr der Hafen mit seinen vielen bunt beleuchteten Booten - ein märchenhafter Anblick. Aus dem Fenster hatte sie die Umrisse der Berge wahrgenommen. Am Fuß der Berge Lichter-dicht gedrängt. Vermutlich Dörfer. Dann war der Hafen plötzlich wieder aufgetaucht. Von oben wirkte er wie aus der Spielzeugschachtel.
    Am Flughafen Kai Tak war sie von einer jungen Frau empfangen worden. Sie war freudig überrascht gewesen. Damit hatte sie gar nicht gerechnet. Die Vertreterin der Markham Tours hatte sich ihr als Miß Chu vorgestellt. Sie hatte sie mit ihrem Koffer in einen Wagen verfrachtet und ihr versprochen, um elf am nächsten Morgen in der Hotelhalle zu sein, um die ganze Gruppe mit Mr. Li, ihrem Reisebegleiter, bekanntzumachen. Mrs. Pollifax hatte es als sehr beruhigend empfunden, unter den Fittichen von Markham Tours zu reisen. Von den Strapazen der Reise todmüde, denn sie hatte zwei Nächte auf unbequemen Sitzen im
    Flugzeug verbracht, wollte sie nur schlafen, nichts als schlafen. Doch nachdem sie zehn Stunden geschlafen hatte, fühlte sie sich wie neugeboren. Alles hier war exotisch und interessierte sie brennend. Die herrlichen Blumen rings um das Frühstücksbuffet und vor allem natürlich die Asiaten. Das einzige englische oder amerikanische Gesicht fiel ihr daher auch gleich auf. Ihr Blick war auf einen mürrisch dreinblickenden jungen Mann gefallen, der wahrscheinlich noch das College besuchte. Er saß ganz allein an einem Tisch in ihrer Nähe.
    Doch auch die Tatsache, daß er ihr freundliches Lächeln nicht erwiderte, sondern sie nur giftig anstarrte, konnte ihr die Laune nicht verderben. Vor Freude hätte sie die ganze Welt umarmen können, selbst diesen mürrischen Burschen. Das mochte daran liegen, daß ihr Erschöpfungszustand ins Gegenteil umgeschlagen hatte, und sie die Welt mit neuen Augen sah.
    Kurz vor acht Uhr zog Mrs. Pollifax das rotweißblaue Band aus der Tasche, das Miß Chu ihr am Abend zuvor als Erkennungszeichen ausgehändigt hatte und befestigte es am Kragen ihrer Bluse. Dadurch fiel sie einem gedrungenen bärtigen Mann sofort auf, als er das Restaurant betrat. Er trat zu ihr an den Tisch.
    »Guten Morgen«, sagte er und streckte ihr die Hand hin. »Schön daß schon jemand von der Reisegruppe hier ist. Darf ich mich vorstellen? Ich bin Joe Forbes.«
    Fast wäre ihr herausgerutscht »Ach ja, der Neuzugang auf der Liste«, doch sie verkniff sich das gerade noch. Statt dessen reichte sie ihm lächelnd die Hand und erwiderte: »Guten Morgen, ich bin Emily Pollifax.«
    Er wirkte sehr sympathisch. Zwei Dinge an ihm fielen gleich ins Auge: der zottige Bart und die Zufriedenheit, die er ausstrahlte. Er war kräftig gebaut und wirkte sportlich, obwohl er keineswegs groß war. Er schien ein freundlicher Mensch zu sein. Sein brauner Bart war schon grau gesprenkelt. Sein Haar hatte sich schon stark gelichtet, so daß darunter eine hohe Stirn zutage trat. Zwischen den Augenbrauen hatten sich zwei Furchen eingegraben. Mrs.
    Pollifax schätzte ihn auf etwa vierzig Jahre. Er wirkte sehr gewandt und war bestimmt schon viel herumgekommen. Er war ganz leger gekleidet. Zum schwarzen Rollkragenpullover und der braunen Jacke mit Reißverschluß trug er Cordhosen und Stiefel. Er legte seinen nicht sehr dicken Kleidersack auf dem Stuhl neben ihr ab und sein Wörterbuch obenauf. Mit einem Blick auf das Buch und einem müden Lächeln erklärte er: »Ich lerne Mandarin. Passen Sie mal kurz auf meine
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