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in China

in China

Titel: in China
Autoren: Dorothy Gilman
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Sachen auf?«
    »Gern«, erwiderte sie und sah ihm nach, wie er leichtfüßig auf das Frühstücksbuffet zuschritt.
    Dieser Joseph Forbes, der erst so spät in die Liste der Teilnehmer eingetragen worden war, gefie l ihr. Ob er wohl der Agent war, der mit ihr zusammenarbeiten sollte? Er wirkte ausgesprochen vertrauenerweckend. Sie erkannte, daß sie schon fast vergessen hatte, wie schön und aufregend es war, wieder unterwegs zu sein. Von Hongkong aus betrachtet erschien ihr ihr Zuhause in New Jersey winzigklein und abgelegen. Hongkong, das
    Eingangstor zum Orient! Sie führte gerade einen Happen Papaya zum Munde, da wurde sie jäh aus ihren Gedanken gerissen: »Da sind Sie ja! Ich habe Sie gefunden!« schrie jemand neben ihr. »Ich bin nämlich Iris Damson!«
    Zu Tode erschrocken fuhr Mrs. Pollifax zusammen. Dann blickte sie auf und sah die Frau, die sich über sie beugte. Sie mußte lächeln. Diese Iris Damson hatte etwas an sich, was sie zwang, sie sofort ins Herz zu schließen. Vermutlich ging es den meisten Menschen so mit ihr.
    Iris Damson war hochaufgeschossen, schlaksig und ausgesprochen linkisch. Sie war wohl etwa Anfang Dreißig. Obwohl sie sich das dichte, schulterlange braune Haar immer wieder hinter die Ohren zurückschob, fiel es ihr ständig ins Gesicht. Die Gesten, mit denen sie es wieder und wieder zurückstrich, wirkten ganz besonders linkisch. Und ihre Kleidung - Meine Güte, dachte Mrs. Pollifax, schlimmer geht es kaum. Alles völlig fehl am Platze und steht ihr überhaupt nicht! Schon zu dieser frühen Morgenstunde war Miß Damson aufgedonnert. Sie trug ein Cocktailkleid mit weißen Punkten auf schwarzem Untergrund. Alles schien nagelneu zu sein - nicht nur das Kleid und die Schuhe, auch die grellweiße Handtasche, die sie an sich preßte. Alles in allem eine rührende Erscheinung. Sie sieht aus, als wolle sie auf eine Party gehen, dachte Mrs. Pollifax. Miß Damson hatte ein schmales Gesicht. Kinn und Nase waren eine Spur zu lang, doch ihr strahlendes Lächeln zeugte von ihrer Freude darüber, in Hongkong zu sein, Mrs. Pollifax gefunden zu haben und die Welt bereisen zu können. Mrs.
    Pollifax war zumute, als sei ein warmer Sonnenstrahl auf sie gefallen.
    »Ich bin entzückt, Sie kennenzulernen. Ich bin Emily Pollifax«, begrüßte sie Iris Damson herzlich.
    Diese nahm auf der Kante eines Stuhles Platz, beugte sich vor und sprang sogleich wieder auf. »Ach so, ein Frühstücksbuffet«, keuchte sie atemlos. »Das wußte ich ja gar nicht.« Sie griff hastig nach ihrer Tasche und fegte dabei ein Glas vom Tisch. Sie wurde puterrot vor Verlegenheit und verschwand auf der Suche nach dem Glas unter dem Tisch.
    Bevor Mrs. Pollifax ihr noch zur Hilfe eilen oder sie trösten konnte, spürte sie, daß jemand zu ihr an den Tisch getreten war. Zögernd blickte sie auf. Ein großer, freundlich dreinblickender Mann stand vor ihr. »Ach«, stammelte sie. Iris hatte sie offenbar mit ihrer Fahrigkeit angesteckt. »Guten Morgen, gehören Sie auch zu unserer Reisegruppe?«
    Genau in diesem Augenblick kam Iris' Kopf unter dem schneeweißen Tischtuch hervor. Der Mann erschrak im ersten Moment, doch er faßte sich rasch wieder und sagte belustigt: »Na so was! Waren Sie lange da unten?«
    Iris Damson richtete sich zu ihrer vollen Größe auf. Sie war kaum kleiner als der Mann. Ihr dürrer Arm schoß vor. Stürmisch schüttelte sie ihm die Hand und sagte atemlos: »Sehen Sie das Frühstücksbuffet?« Schon war sie fort.
    Ganz im Gegensatz zu Iris Damson ging von dem Mann eine wohltuende Ruhe aus. Er setzte sich neben Mrs. Pollifax und stellte sich vor. »Ich bin Malcolm Styles, und wie heißen Sie?«
    »Mrs. Emily Pollifax.«
    »Sehr erfreut, Mrs. Pollifax. Und wer ist die junge Dame, die so plötzlich unterm Tisch hervorgeschossen kam?«
    »Das war Iris Damson auf der Suche nach einem Wasserglas«, erklärte Mrs. Pollifax lächelnd.
    Schon tauchte ein Kellner neben Mr. Styles auf. »Kaffee, Sir?«
    »Ja, bitte.« Sobald der Kellner gegangen war, hob Styles die Tasse an den Mund und sah Mrs. Pollifax über den Rand hinweg mit einem Blick an, der ihr verriet, daß sie ihm ebenfalls sympathisch war. Er gehörte zweifellos zu den Männern, die überall sofort bedient wurden.
    Sie hatte viel länger auf ihren Kaffee warten müssen. Als sie Joe Forbes als möglichen Agenten wieder ausklammerte, hatte sie nicht das Gefühl, einen Verrat zu bege hen. Malcolm Styles war wie selbstverständlich an seine Stelle getreten. Wenn er
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