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in China

in China

Titel: in China
Autoren: Dorothy Gilman
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Grund. Das eben ist es ja, was mir solche Sorgen macht.
    Doch er wartete geduldig darauf, daß Carstairs auch dieses Problem mit seinem angeborenen Takt aus der Welt schaffte oder zumindest unbedeutend erscheinen ließ.
    »Auch das lassen Sie ruhig unsere Sorge sein«, säuselte Carstairs. »Es ist viel sicherer, Sie nicht einzuweihen. Sie erfahren auch nicht, wer von Ihrer Reisegruppe der Agent ist.«
    Damit hatte Mrs. Pollifax nicht gerechnet. Sie fuhr auf: »Was, ich erfahre nicht einmal, wer...«
    »Erst wenn Sie sich in Xian mit unserem Buddhisten Guo Musu in Verbindung gesetzt haben«, beharrte er auf seinem Standpunkt. »Glauben Sie mir, so ist es am besten für Sie beide. Schließlich handelt es sich nur um eine kleine Reisegruppe, und wir möchten, daß Sie alle Teilnehmer gleich behandeln und mit allen ganz unbefangen umgehen. Nach dem
    Besuch des berühmten Trommelturms von Xian, in dessen Schatten der Friseursalon von Guo liegt, wird der Agent sich Ihnen zu erkennen geben.«
    Bishop beobachtete, wie Mrs. Pollifax damit fertig zu werden versuchte. Ein Blick auf Carstairs zeigte ihm, daß dessen Gesicht plötzlich einen angespannten Ausdruck annahm.
    Bishop konnte sich denken, was ihm durch den Kopf ging. Schon im nächsten Augenblick zeigte sich, daß er recht gehabt hatte; denn Carstairs sagte erstaunlich schroff: »An eine Anweisung müssen Sie sich unbedingt halten, Mrs. Pollifax: wenn auf dieser Reise irgend etwas Unvorhergesehenes geschieht - ganz egal was - haben Sie dafür zu sorgen, daß die Reisegruppe unverzüglich außer Landes gebracht wird. Haben Sie verstanden?«
    Mrs. Pollifax lächelte. »Womit Sie natürlich sagen wollen, daß Sie fest damit rechnen, daß etwas Unvorhergesehenes geschieht!«
    Diese Bemerkung verzieh ihr Carstairs nicht, was eigentlich nicht zu ihm paßte. Offenbar hatte sie damit sein Mißfallen erregt. Seine Stimme klang merklich kühler, als er weitersprach. »Ganz im Gegenteil, wir sind davon überzeugt, daß alles glatt und ohne Zwischenfälle verläuft. Mrs. Pollifax, ich glaube das ist alles. Jedenfalls im Augenblick.
    Wenn Sie noch Fragen haben, wird Bishop diese beantworten. Von ihm bekommen Sie auch das Antragsformular für das Visum, das Sie ausfüllen müssen. Dazu gehen Sie jetzt vielleicht besser mit ihm in sein Büro. Wir freuen uns natürlich sehr, daß Sie den Auftrag
    übernehmen.« Er sah jedoch alles andere als erfreut aus. Er erinnerte vielmehr an einem Mann, der gerade eine Gräte verschluckt hat, der dem Ersticken nahe ist und schon in den letzten Zügen liegt.
    Bishop amüsierte sich köstlich, ließ sich das jedoch nicht anmerken. Es war also schon soweit. Er hatte sich gewaltig verschätzt. Er war so sicher gewesen, daß es viel länger dauern würde, bis Carstairs erkannte, was alles schiefgehen konnte, und wie sehr er Mrs. Pollifax inzwischen ins Herz geschlossen hatte. Na ja, dachte Bishop erheitert, ich habe diese Prüfung bereits hinter mir und bin dagegen immun. Ich sollte vielleicht versuchen, ihn ein wenig aufzuheitern.
    Mrs. Pollifax verließ das Büro. Er wartete, bis sich die Tür hinter ihr geschlossen hatte, dann trat er zu der Wandverkleidung an der Wand rechter Hand, in die ein Spiegel eingelassen war. »Sie können jetzt herauskommen«, wandte er sich an den Mann, der hinter der Wand gestanden und von da aus alles mitangesehen und mitangehört hatte. Der Mann, der sich zu ihnen gesellte, war furchtbar aufgebracht. »Das kann doch nicht Ihr Ernst sein!« sagte er.
    »Diese Frau wollen Sie mit einem so heiklen Auftrag betrauen? Gegen sie persönlich habe ich natürlich nichts, aber wenn Sie die mit mir nach China schicken wollen...«
    »Die ideale Reaktion«, versicherte ihm Bishop ungerührt.
    »Nun setzen Sie sich erst einmal. Sie sollen alles über Mrs. Pollifax erfahren. Wollen wir hoffen, daß der chinesische Geheimdienst ebenso auf Mrs. Pollifax reagiert wie Sie.«
    Auf dem Heimweg nach New Jersey sagte sich Mrs. Pollifax, daß das dem Faß den Boden ausschlug. Es war ja schon erschreckend genug gewesen, am Morgen in einer kleinen Privatmaschine von Teterboro abzufliegen. Ihre Nachbarn würden staunen, wenn sie das wüßten. Doch verblaßte dieses Abenteuer völlig neben der erregenden Tatsache, daß sie nun tatsächlich nach China reisen würde. Sie erinnerte sich noch gut an den himmlischen Aufs atz über China, den sie in der fünften Klasse geschrieben hatte. Sie hatte das Heft in grünes Papier eingebunden und mit goldenen
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