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In besten Kreisen

In besten Kreisen

Titel: In besten Kreisen
Autoren: Amanda Cross
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oder wann Emmet sozusagen beschlossen hat, sein Fehlen zu entdecken?« »Grace, Sie schockieren mich.« »Zum zweitenmal binnen zwei Tagen – nicht schlecht für eine alte, ausrangierte Lady.« »Sie ärgern sich grün und blau, daß Sie emeritiert sind, nicht wahr?« »Grün und blau. Ich versuche ja anzuerkennen, daß solche Gesetze wichtig sind; wir müssen schließlich alte Nörgler automatisch loswerden können, bevor sie der Schlag trifft. Aber manchmal frage ich mich, ob die Kur nicht schlimmere Auswirkungen hat als die Krankheit – wie so oft im akademischen Leben. Vielleicht bin ich selber schon eine alte Nörglerin geworden und weiß es nur nicht, aber ich glaube, ich habe wirklich noch alle Tassen im Schrank, und im Laufe der Zeit ist da eine ganz schöne Sammlung von Tassen zusammengekommen. Vielleicht sogar zu viele. Was ist mit Ihnen, Kate?« »Mit mir? Erwarten Sie heute abend von mir keine Antwort auf irgendwas. Vielleicht warte ich nur, daß dieser Mord mit der Zeit einfach verblaßt – vielleicht liege ich gerade geistig brach, wie eines von Mr. Bradfords Feldern. Ich werde alt, Grace. Lachen Sie nicht.
    Es gibt alt und alt.« »Ich hatte nicht vor zu lachen.« »Reed hat mich gebeten, ihn zu heiraten. Das beweist nur, daß wir wunderlich werden mit den Jahren. Das einzig Sichere zwischen Reed und mir war, daß wir nie voneinander abhängig sein würden.
    Grace, wenn ein Mann nicht geheiratet hat, bevor er die Vierziger erreicht, dann sollte er meiner Meinung nach nicht mehr heiraten.
    Schließlich kann man eine Ehe nicht eingehen, wie man Geige spielen lernt – um sich die freie Zeit zu vertreiben.« »Jung hat eine Theorie über das menschliche Leben, die mir sehr einleuchtet. Ich weiß, die Freudianer stehen ihm kritisch gegenüber, aber für einen literarischen Verstand – oder vielleicht sollte ich sagen: einen reifen Verstand – enthält seine Theorie Möglichkeiten, die nicht nur quasi aus dem Bauch kommen. Wie gesagt, ich bin eine kinderlose alte Jungfer. Doch wie dem auch sei, jedenfalls dachte Jung, daß der Mensch, wenn er um die vierzig ist – ein paar Jahre mehr oder weniger –, sein Leben neu ordnen muß, weil er gewissermaßen ein anderer geworden ist. Viele Menschen im mittleren Alter erleiden Zusammenbrüche, weil sie sich dessen nicht bewußt waren.
    Jung hält nichts davon, die sexuellen Muster des kindlichen Lebens zu untersuchen. Ihm geht es darum zu entdecken, was für ein Mensch man versucht zu werden.« »Grace…« »Fangen wir kein Streitgespräch an. Denken Sie darüber nach, und wir streiten bei anderer Gelegenheit. Ich frage mich, ob Ihr Sommer nicht deswegen so eigenartig war, weil Sie wußten, daß Sie diese Art ›Stauung‹ für irgend etwas brauchen – wie der Schutz des Mutterleibes bis zur Geburt.« »Schöner Mutterleib.« »Ein Schoß, aus dem Neues entspringt. Sie können nicht stehenbleiben, Kate. Sie müssen weitergehen, sich verändern – oder sterben. Denken Sie an Emmets Zitat über Tote, die unter uns wandeln; andere sind nie geboren worden. Ich will nicht das Thema wechseln, aber ich persönlich habe immer mit Simone de Beauvoir Probleme gehabt, vor allem, weil sie sich auch nach Überschreiten der Vierzig immer noch wie George Sand benommen hat.« »Lina hat also mit Ihnen über das geredet, was ich ihr gesagt habe.« »Wir alle reden viel zuviel. Da kommt Leo und läßt gleich den Kuchen fallen. Kommt Reed bald zurück? Er scheint in unserer Runde der einzige zu sein, der stets etwas zu tun hat.« Reed kam kurz nach fünf zurück, wohl, um Graces Kompliment zu widerlegen. Emmet begrüßte ihn am Tor, und die beiden schlenderten hinaus auf die Felder, in ein offenbar angeregtes Gespräch vertieft. Nach einiger Zeit kamen sie zurück, und Reed schnappte sich Kate für einen langen Spaziergang durch andere Felder. Er klärte sie über Mulligan auf, schien aber nicht bereit anzunehmen, daß dieser mysteriöse Herr Schlimmeres getan hatte, als Kates Führerschein, Reeds Zulassung und das Kabel zur Lichtmaschine zu stehlen. Kate berichtete ihm von ihrem Tag: ihrem Morgen bei Molly und Emmets Entdeckung. »Emmet hat mir schon davon erzählt«, sagte Reed. »Erzähle du mir, was du mit dieser Molly besprochen hast – alles, woran du dich erinnerst.« »Ich bin nicht Archie Goodwin mit dem totalen Gedächtnis.« »Den sollten wir in New York engagieren, wer immer er sein mag.« »Der hat schon einen sehr guten Job.« »Gut, dann erzähl es mir halt
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