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In angenehmer Gesellschaft

In angenehmer Gesellschaft

Titel: In angenehmer Gesellschaft
Autoren: Bernard Glemser
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starrte sie an und wartete, aber es kam keine Antwort.
    Schweratmend sagte er: »Entschuldige mich!« und ging aus dem Zimmer.
    Hastig sagte ich zu Jim: »Geh ihm nach! Bleib bei ihm! Er braucht dich!« Jim sagte: »Sicher!« und folgte Roger.
    Pogo war noch dabei, den Märtyrer zu spielen, sanftmütig und heldenhaft und geduldig. »Sei nicht traurig, Jessica!« sagte er. »Ich weiß: du wirst glücklich sein!« Er sah, daß ich ihn anstarrte, und richtete seinen Blick nach oben zur Decke. »Und ich werde am Sonnabend an dich denken, liebes Kind, wenn ich allein über dem Meer bin...«
    Ich ging zu ihm. »Es werden wohl noch mehr Leute mitfliegen.«
    »Kate...«
    »Nun hör mal zu! Du kannst jetzt mit Seele und Gefühl aufhören und dich vernünftig benehmen! Du wirst bis zum Sonnabend hierbleiben und in die Kirche mitkommen. Und dann kannst du, zum Teufel, verschwinden. So schnell wie möglich! Am besten mit Düsenantrieb!«
    Er tat, als ob ich gar nicht da wäre. Schwerfällig stand er auf und hinkte zu Jessica hinüber. Er sprach mit leiser, sanfter, liebevoller Stimme. »Ich bin froh darüber, daß ich hier war, Jessica. Vergiß das nicht. Immer werde ich darüber glücklich sein und die Erinnerung an diese wenigen Tage mit dir wie einen Schatz hüten.«
    Das war das Ende für meine Tochter. Laut schluchzend rannte sie die Treppe hinauf zu ihrem Zimmer. Das ganze Haus zitterte, als sie die Tür zuschlug.
    »Mr. Savage«, sagte Pogo,, »würden Sie so gut sein, TWA für mich anzurufen? Ich bin ein bißchen behindert.«
    »Ja, Biddeford«, sagte mein Vater.
    Pogo sah mich an. Nur ein ganz schwaches Lächeln stand in seinem Gesicht, und auch das unterdrückte er jetzt. Pathetisch sagte er, halb wie zu sich selbst: »Es ist eine gute Tat, die ich begehe, besser, als ich je eine begangen habe! Kate, du sorgst für sie, wenn ich weg bin, nicht wahr? Und laß sie, bitte, nicht vergessen, daß ich sie geliebt habe und immer lieben werde...«
    Ich warf ihm einen Fluch an den Kopf.
    Würdevoll sagte er: »Wenn du so darüber denkst, werde ich jetzt gehen und packen. Würdest du, bitte, Toy nach oben schicken? Vielen Dank!«
    Er hinkte davon.

10

    Ich setzte mich für eine Weile und sah meinem Vater zu, der eine Patience legte. Er spielte langsam und bedächtig und schien ungewöhnlich zufrieden zu sein. Neben ihm standen eine Flasche von Jims bestem Bourbon und ein Wasserkrug.
    Er schenkte sich frischen Bourbon ein, kostete, leckte sich die Lippen und sagte: »Du mußt glücklich sein, Tochter.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Es sieht so aus, als ob du Jessica gerettet hast. Vorläufig wenigstens.«
    »Sie wird heiraten, sich häuslich niederlassen, Kinder bekommen und zufrieden sein. Was kann man mehr verlangen?!«
    »Sag mal ehrlich: Bist du ein bißchen eifersüchtig auf Biddeford?«
    »Weshalb sollte ich, um alles in der Welt?!«
    »Unser wandernder Odysseus wird viele Abenteuer erleben, wie immer. Beneidest du ihn nicht?«
    »Nein!«
    »Ich beneide ihn.«
    Ich ging nach oben und klopfte an Jessicas Tür. Sie antwortete nicht, und als ich den Türknopf drehte, entdeckte ich, daß sie sich eingeschlossen hatte. Ich ging zu meinem Zimmer. Als ich am Arbeitszimmer vorbeikam, hörte ich Pogo schnell sprechen, und Toy kicherte mit seiner hohen, schrillen Stimme dazu. Wahrscheinlich erzählte Pogo zweideutige Geschichten.
    Ein paar Minuten später rief Jim an. »Kate — mach dir keine Sorgen! Ich bin mit Roger zusammen. Im Klub.«
    »Machst du ihn betrunken?«
    »Er macht sich selbst betrunken. Ich bewundere den Jungen. Er ist sehr zielstrebig. In kurzer Zeit wird er vollkommen hinüber sein.«
    »Das hat er gar nicht nötig, Jim. Pogo ist im Begriff, abzureisen.«
    »Wahrhaftig? Ich überlegte schon, ob er dabei bleiben würde.«
    »Er nimmt das nächste Flugzeug. In einer Stunde etwa.«
    »Etwas mußte ja geschehen«, sagte Jim. »Aber es tut mir für Jessica leid, daß es so gekommen ist.«
    Ich sagte: »Paß auf Roger auf! Wenn er betrunken ist, laß ihn nicht zur Ranch fahren — es ist gefährlich. Bring ihn im Mark-Hotel unter.«
    »Sicher, sicher.«
    »Es wäre unklug, wenn er etwa versuchen sollte, heute abend noch mit Jessica zu sprechen. Sie muß sich erst ein bißchen beruhigen. Sag ihm, er solle morgen mittag zum Essen kommen. Bis dahin wird sie wohl in Ordnung sein.«
    »Gut.«
    »Und bleib nicht zu lange, Jim.«
    »Nein, Liebling, bestimmt nicht.«
    Ich zog mich um, legte frischen Lippenstift auf und brachte
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