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In angenehmer Gesellschaft

In angenehmer Gesellschaft

Titel: In angenehmer Gesellschaft
Autoren: Bernard Glemser
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schickte mir sein wahrscheinlich letztes irdisches Besitztum, meine entzückende kleine Fabergé-Spieluhr; und von Sophia de Coolus bekam ich meine Bergkristall-Leuchter, die (schrieb Sophia) einst Isabella von Spanien gehört hatten. Ein Mythus vermutlich, aber diese Leuchter haben mich verzaubert und in all den Jahren seitdem träumen lassen: ich sehe immer wieder Isabellas weiße Hände über ihnen schweben, und die sternenhelle spanische Nacht steht dann vor meinen Fenstern und umhüllt die Hügel von San Franzisko. Wer ist jemals von einer Salatschüssel auf dem Büfett so verzaubert worden?
    Und alle diese Menschen waren mir damals fremd. Ich kam aus einer anderen Welt in ihren Kreis, ein einfältiges Mädchen aus Kalifornien, das eben die Hochschule hinter sich hatte. Sie waren völlig verrückt, warmherzig und explosiv und wundervoll; und einfach, weil ich Pogo Poole heiraten wollte, schlossen sie mich in ihre Herzen und überhäuften mich mit ihren Schätzen. Sie beteten das Monstrum an. Beim Klang seines lächerlichen Namens leuchteten ihre Augen.
    Ich kann die Erinnerungen nicht beiseite schieben. Pogo im Haus war genug, um sie aufflammen zu lassen. Jessica schürte das Feuer durch ständige Fragen zu immer höheren Flammen. Sie hatte jedes Recht dazu; ich nahm es ihr nicht übel. Ihre ersten fünf Lebensjahre sollten kein leeres Blatt für sie sein—mindestens mußte sie die wichtigsten Tatsachen erfahren. »Hat das Leben mit Vater nicht Spaß gemacht?« fragte sie. »Wie hat euer Haus ausgesehen? Hast du sofort, als du ihn kennenlerntest, gewußt, daß du ihn heiraten würdest?«
    Meine Antworten kamen trocken und vorsichtig. »Ja, Liebling, es hat Spaß gemacht. Unser Haus war ganz ausgefallen — mit lebenden Eidechsen dekoriert. Ja — von der ersten Minute an war ich in deinen Vater verliebt.«
    Nicht allzu aufschlußreich, aber ich mußte leider sehr vorsichtig sein; eine Riesengefahr bedrohte uns. Mit Leichtigkeit hätte ich viel ausführlicher berichten können. Nie hatte ich die Einzelheiten vergessen, obwohl es besser gewesen wäre; sie waren übersichtlich in meinem Gedächtnis aufbewahrt, allzu griffbereit, wenn sie gebraucht wurden.
    Alles fing an, wie eben alles anfängt. Wir waren drei, Marva McAllister, Adrienne Fielding und ich, Katherine Savage; zusammen hatten wir unsere Abschlußprüfung am College bestanden, und zur Belohnung und als Zeichen dafür, daß wir nun wirklich und endlich zur Welt der Erwachsenen gehörten, hatte man uns die Köpfe getätschelt und uns auf die »Große Tour< geschickt. Freude über Freude! Europa: romantisch, verführerisch!
    Wir waren kein schlecht aussehendes Trio, und während der Fahrt über den Atlantik wurde auf der >Mauretania< ein Ball eigens für uns veranstaltet. Wir eroberten alles, was in Sicht kam, darunter eine Gruppe von Diamantenhändlern, die nach Amsterdam zurückfuhren und sich wie Schauspieler in einem Stück von Anita Loos benahmen. So solide, so feierlich, so bärtig. Es ist ein ernüchternder Gedanke, daß ich heute mit Diamantenketten um meinen mittelalterlichen Hals Heringe einlegen und Fliesenfußböden schrubben könnte. Ein gutes Leben wahrscheinlich mit wenig Fußangeln.
    In London machten wir zuerst Station; wir kamen mit leuchtenden Augen und wild aufgeregt vor Spannung an. Liebes London, liebes, nebliges altes London. Nie hätte ich ahnen können, daß es nicht die erste, sondern für mich zugleich die letzte Station der Reise sein würde. Liebes, liebes London.
    Dem Reiseplan nach sollten wir zehn Tage bei Marvas Tante bleiben, Jane McAllister, die ein Haus am Grosvenor Square gemietet hatte, um möglichst dicht bei der amerikanischen Botschaft zu wohnen. Jane war in den Vierzigern (uralt nach unserer Ansicht) und ein Engel. Auf die netteste und selbstloseste Art tat sie alles für uns, was sie konnte, ohne durch die kleinste Andeutung merken zu lassen, daß wir ihr Leben durcheinanderbrachten.
    Wir müssen eine große Heimsuchung für sie gewesen sein, drei lustige, kichernde Mädchen aus Kalifornien, aber sie behandelte uns, als ob wir erwachsen und verantwortungsbewußte menschliche Wesen wären, und tat, als ob nichts von dem, was wir sagten und anstellten, sie störe. Sie nahm uns in die Botschaft mit, damit wir den Botschafter und seine Leute kennenlernten. Sie führte uns in den Tower, ins Britische Museum, ins Parlament, zur Westminster Abbey, in die National-Gallery und den Buckingham Palace. Sie fuhr mit uns nach
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