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In angenehmer Gesellschaft

In angenehmer Gesellschaft

Titel: In angenehmer Gesellschaft
Autoren: Bernard Glemser
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drin?«
    Ich las es ihm langsam und deutlich vor: Mein Boot liegt in Monte Carlo. Du hast es sechs Wochen ganz für dich. Wer ist das Mädchen?
    »Hm«, sagte mein Vater. »Wer ist der Absender?«
    Ich warf wieder einen Blick darauf. »François.«
    »Ein Franzose«, sagte mein Vater. »Ich vermute es wenigstens. Was meinst du, Jim?«
    »Du kannst recht haben.«
    »François«, wiederholte mein Vater. »Es klingt wirklich französisch.«
    »Das tut es«, sagte Jim.
    Sie waren auf meine Kosten humoristisch, und ich hatte augenblicklich keinen Sinn für Humor. Ich starrte sie an.
    »Gut«, sagte Jim. »Das wäre François. Wer ist das Mädchen?«
    Ich fragte: »Was glaubst du?«
    Beim Ton meiner Stimme zuckte er zusammen und sagte: »Wie soll ich das wissen?«
    »Rate!«
    »Hör mal, Kate — tu nicht so geheimnisvoll. Es ist klar genug. Nach der Hochzeit fährt dein früherer Mann nach Europa zurück. Er ist dort mit einem Mädchen verabredet, borgt sich ein Boot und geht auf eine Kreuzfahrt. Noch einfacher geht es nicht!«
    Ich wandte mich an meinen Vater und fragte: »Vater, wer ist das Mädchen?«
    »Jessica?«
    »Jessica!« sagte ich und fluchte.
    Mein Vater fragte: »Weißt du das oder vermutest du es nur?«
    »Sie vermutet es nur«, sagte Jim hastig. »Kate! Jessica heiratet am Sonnabend! Kein Mann würde so etwas mit seiner eignen Tochter anstellen!«
    Ich wurde wild. »Er würde das mit seiner eignen Mutter anstellen! Ihr kennt ihn nicht so wie ich. Wenn er irgend etwas haben will, nimmt er es sich. Und jetzt will er seine Tochter haben, seine bezaubernde Tochter. Um mit ihr um die Welt zu ziehen und sie ihr zu zeigen. Pogo Poole und seine entzückende, lange vermißte Tochter. Romantisches Herzeleid! Alle Frauen in Europa werden mit ihm weinen!«
    »Du kannst es nicht wissen!« sagte Jim.
    Sehr laut fuhr ich fort: »Was macht es ihm aus, ob sie kurz vor der Hochzeit steht?! Ich bringe ihn um! Ich schwöre dir, daß ich ihn umbringe!«
    »Beruhige dich, Kate!«
    Mein Vater fragte: »Glaubst du, daß er mit ihr darüber gesprochen, sie gefragt hat?«
    Jim sagte: »Das bezweifle ich stark. Und selbst wenn — weshalb sollte Jessica ja gesagt haben?! Nimm deinen Verstand zusammen, Kate!«
    Ich jammerte: »Mein armes, armes Kind! Weshalb mußte er auch kommen? Weshalb konnte er nicht im dunkelsten Afrika verschwunden bleiben! Von Elefanten zertrampelt!«
    Wir hörten mehrere Wagen vor dem Haus halten, und Jim sagte warnend: »Ich glaube, das sind Poole und Jessica, Kate!«
    Ich hielt das Telegramm noch offen in der Hand und fing an, wie rasend zu suchen. »Wo ist der Klebstoff?« rief ich, »wo, zum Teufel, ist der Klebstoff?« Er lag genau da, wo er immer lag, in einem Schubfach. Ich hatte gerade noch Zeit, etwas auf die Klappe zu schmieren und sie festzudrücken, als Pogo hereinkam. Mit Jessica und Roger.
    Ich starrte sie an. Jim und mein Vater starrten sie an.
    Jessicas Augen blitzten vor Zorn. Roger sah finster aus. Nur Pogo war heiter. Munter sagte er, als er uns sah: »Hallo!«
    O Gott! dachte ich. Er sah furchtbar aus und konnte kaum gehen. Ich habe ihn, als ich mit ihm verheiratet war, oft genug hinken sehen, aber nie so schlimm wie diesmal. Sein linker Arm hing in einer Schlinge. Sein Gesicht war zerschlagen, und auf seiner Stirn klebte ein Pflaster; es saß schief über einem Auge.
    Ich konnte nicht sprechen.
    »Biddeford!« sagte mein Vater.
    »Was ist passiert?« rief Jim.
    Roger antwortet kurz und bündig: »Er ist von einem Bullen gefallen.«
    »Ich finde das nicht komisch!« sagte Jessica scharf. »Wo willst du sitzen, Vater?«
    »Das ist ganz egal«, murmelte Pogo, ließ sich aber von ihr zu Jims Lieblingssessel führen. Er setzte sich und zeigte dabei seine Tapferkeit, indem er sich auf die Lippe biß, um keinen Schmerz zeigen zu müssen. Er kicherte. »Und vorher bin ich von einem Pferd gefallen. Es war wirklich ein toller Tag!« Er strahlte mich an, als ob er etwas Denkwürdiges geleistet habe. »Weißt du noch, Kate, jahrelang habe ich erklärt, ich habe noch nie ein Pferd gesehen, das ich nicht reiten konnte. — Nun, heute habe ich es gesehen.«
    Kühl sagte Roger: »Sie haben es sehr gut geritten, Sir.«
    Pogo überlegte einen Augenblick. »Ja. Ich glaube, ich bin gut mit ihm fertiggeworden. Aber die Steigbügel waren zu kurz — daher kam es.«
    Jim war furchtbar besorgt, als ob er persönlich für Pogos Gesundheit und Wohlergehen verantwortlich wäre. »Sind Sie schwer verletzt? — Kate,
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