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In angenehmer Gesellschaft

In angenehmer Gesellschaft

Titel: In angenehmer Gesellschaft
Autoren: Bernard Glemser
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ruf lieber den Arzt an und sag ihm, er solle sofort kommen.«
    »Nein, nein!« protestierte Pogo. »Es ist wirklich nichts Besonderes. Rogers Tierarzt hat mich gut versorgt.«
    Jessica zitterte. »Ich denke, Vater müßte geröntgt werden.«
    Pogo lachte. Es war eine große Gelegenheit für ihn, seine Vitalität zu zeigen, und er genoß es mit Behagen. »Unsinn, mein Liebling, Unsinn! Wenn ich etwas von mir sagen kann — ich bin nicht empfindlich!« Er erklärte Jim wie ein Mann dem anderen: »Habe meinen Knöchel ein bißchen gezerrt... ein Handgelenk verstaucht... die » Stirn zerschrammt... nichts!« Dann tätschelte er Jessicas Hand.
    »Aber ich fürchte, daß ich mein kleines Mädchen sehr erschreckt habe.«
    Es war unerträglich. Ich sagte kalt: »Was hast du auf einem Pferd zu tun gehabt, Pogo?«
    Langsam ging eine Augenbraue nach oben und zeigte deutlich Überraschung über meine Frage an. »Vielleicht erinnerst du dich, Kate, daß ich mal drei Monate in Argentinien, in den Pampas, unter Gauchos gelebt habe.«
    »Ich hatte es vergessen«, sagte ich und wandte mich an Roger. »Erzählen Sie uns, was passiert ist!«
    Jessica rief wild: »Er —«
    »Sei ruhig, Jessica!« sagte ich. »Roger?«
    Unbewegt sagte Roger: »Ich dachte, es würde Mr. Poole Spaß machen, wenn wir ein kleines Rodeo veranstalteten. Ein paar von den Jungens zeigten, was sie mit dem Lasso konnten, und ritten unzugerittene Pferde, und dann ließen wir einige von den wilden Stieren heraus. Sofort wollte er es mit ihnen versuchen. Ich habe versucht, ihn zurückzuhalten.«
    Jessica schrie: »Du hast versucht, ihn zurückzuhalten! Du hast gesagt, er sei zu alt!«
    Roger sah sie ruhig an. »Na — und?«
    »Und dann«, fuhr Jessica fort, flammend vor Entrüstung, »und dann hast du ihm wohlüberlegt das wildeste Pferd auf der Ranch gegeben.«
    Rogers Ruhe ließ nach. »Es ist nicht das wildeste Pferd auf der Ranch. Ich kann es reiten; jeder von meinen Leuten kann es reiten; der chinesische Koch kann es reiten...«
    Jim unterbrach ihn diplomatisch: »Kann Wong reiten?«
    Er lächelte Roger freundlich an, er lächelte Jessica freundlich an. »Ich habe gar nicht gewußt, daß Wong reiten kann.«
    Aber Pogo mußte, wie gewöhnlich, seine Hand im Spiel haben. Er sagte — und strich sich dabei nachdenklich die Nase: »In Wirklichkeit wollte ich den Schecken reiten — wie hieß er...?«
    »Er hätte sie umgebracht«, sagte Roger.
    Pogo lächelte. »Na, na!«
    Jessica ging wieder in die Luft. »Und alle Ranch-Leute saßen auf den Zäunen und warteten darauf, daß Vater sich lächerlich machte...«
    »Nun«, sagte Roger, »wenn ein Mann sich wichtigmachen will...«
    »Dagegen muß ich Einspruch erheben!« sagte Pogo. »Ich mache mich niemals wichtig!«
    »Und dann«, sagte Jessica, »der wilde Stier! Roger hat ihn dazu gereizt, Mutter! Er hat Vater absichtlich herausgefordert, ihn zu reiten!«
    Roger hatte die Hände zu Fäusten geballt. »Er hat selbst darauf bestanden! Warum hätte ich jemanden herausfordern sollen, auf einem wilden Stier zu reiten?! Ich bin doch nicht verrückt! Er hätte dabei ums Leben kommen können!«
    Ein düsterer, dennoch schöner Gedanke! »Natürlich!« sagte ich. »Er hätte leicht ums Leben kommen können! Leicht.«
    »Unsinn!« sagte Pogo. »Ich habe einfach nicht richtig gesessen, das ist alles. Gelegentlich würde ich es gern noch mal versuchen, Roger.«
    »Morgen?« fragte ich liebenswürdig.
    Er grinste mich an und stand auf. »Ich finde, wir haben genug darüber gesprochen.« Er legte eine Hand beruhigend auf Jessicas Arm. »Du darfst dich nicht aufregen. Ich habe schon schlimmere Stürze erlebt. Erst im letzten Winter, in St. Moritz, beim Bobfahren...« Er machte eine Pause und fragte dann höflich: »Darf ich wohl um etwas zu trinken bitten?«
    »Ja, natürlich!« sagte Jim. »Verzeihung.«
    »Ich hole es«, sagte Jessica.
    »Ich komme mit«, sagte Pogo tapfer. »Am besten, wenn man sich bewegt. Dann werden einem die Glieder nicht steif.«
    Und dann mußte Jim, mein geliebter Mann, in unserer Stadt hochgeachtet und überall als der >ehrliche Jim Dougherty< bekannt, sich ganz überflüssigerweise einmischen. Als Pogo mit Jessica durch das Zimmer ging, sagte er: »Übrigens — Sie haben ein Telegramm bekommen.«
    Ich beobachtete Pogo. Noch nie hatte ich ihn ein so unschuldiges Gesicht machen sehen. »Für mich?« fragte er.
    »Wohin hast du es gelegt, Kate?« rief Jim.
    Ich hätte den ehrlichen Jim Dougherty in
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