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In allertiefster Wälder Nacht

In allertiefster Wälder Nacht

Titel: In allertiefster Wälder Nacht
Autoren: Amy McNamara
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eine Verrückte oder eine von diesen Alten, die Sport treiben, indem sie in Einkaufszentren herumlaufen, ziehe ich Kreise in der Bibliothek. Mit Sicherheit wirke ich wahnsinnig. Aber ich muss mich weiter bewegen. Ein Gefühl, das mehr mit Angst als mit Aufregung zu tun hat.
    Ich probier es mit dem Atmen, von dem Dr. Williams geredet hat. Hilft, irgendwie. Ich schnappe Luft, halte sie, lasse sie langsam wieder raus und versuche, diese Panik zu durchdenken. Das Trinken gestern Abend. Gestern Abend an sich. Wie alte Zeiten. Nur überhaupt nicht so. Als ob ich in die Zeit, bevor es passiert ist, zurückkatapultiert worden wäre, aber auch wieder nicht. Macht mich schwindelig. Oder vielleicht liegt das daran, dass ich im Kreis laufe.
    Plötzlich fehlt mir Meredith. Irgendwie wirkt es hoffnungsvoll zwischen uns, diese Konfrontation, die wir hatten, oder was immer das war, vielleicht ist die jetzt vorbei. Ich brauch das, dass es vorbei ist. Hoffentlich haben sie und Nick nichts gemacht, das sie bereuen wird, und hoffentlich liegt sie noch immer schlafend in meinem Bett.
    Es ist, als hätte sie sich in die Kiste hineingelassen, in der ich mich verstaut hatte, und jetzt holt es mich ein … all die Zeit, die ich weggewesen bin. Wie ich früher gewe sen bin – als ich gelacht habe, bis die Tränen kamen, we nn Merediths Hintern aus einem vollen U-Bahn-Wagen ragte und der Fahrer sich veranlasst sah, über die Lautsprecheranlage zu brüllen: »Halten Sie nicht die Türen auf!« Als ich versucht hatte – und gescheitert war –, den Barkeeper auf der Dachterrasse des Metropolitan zu überreden, uns salzige Martinis auszuschenken, damit wir auf uns und auf unsere großartige Stadt trinken konnten, während wi r vorgaben, uns alle möglichen Skulpturen anzusehen, die sie da oben stehen hatten.
    Gott, wir haben die ganze Zeit gelacht. Sachen gemacht. Ich war mal ein Mensch, der Sachen machte. Außerdem konnte ich auch mal alles denken, was mir in den Sinn kam. Ohne zusammenzuzucken oder mir Sorgen zu machen, es könnte vielleicht zu viel sein.
    Ich glaub, das ist es … letzte Nacht habe ich mich daran erinnert, was für ein Gefühl das ist, irgendwie normal zu sein. Wie vorher. Aber jetzt nicht mehr. Heute nicht. Heute will mein Herz nicht aufhören, zu rasen, und ich werde diese Vorahnung nicht los, dass alles einstürzen wird. Ich hoffe, hoffe, hoffe, dass wir nicht immer noch Streit haben. Und weiter tief atmen.
    Ich gucke wieder auf mein Handy. Immer noch nichts von Cal.

Muss Liebe sein
    Meredith ist noch im Bett. Zeitschriften türmen sich auf dem Fußboden, aber ich entdecke auch meine Larkin-Ausgabe von Cal, die aufgeschlagen auf der Decke liegt.
    »Faulpelz.«
    »Haha«, sagt sie und betrachtet mich ziemlich kühl. »Schöne Jeans.«
    Ich kann ihren Ton nicht deuten, weiß nicht, ob sie noch wütend ist oder nicht.
    »Oh ja«, ich versuche, einen leichten Ton anzuschlagen, »danke dafür.«
    Sie wirft mein Buch Richtung Fußende.
    »Ernsthaft, Wren, in diesen weiten Jeans gestern, mit dem Gürtel, hast du ausgesehen wie der totale Bauerntrampel.«
    Das ist eine Stichelei, heißt aber, dass sie den gestrigen Abend nicht ansprechen wird. Wir sind außer Gefahr, im Moment jedenfalls.
    Ihr Blick fällt auf den Kleiderhaufen an der Wand.
    »Ich hätte mich längst angezogen, aber ich hatte nicht vor, in eine von deinen traurigen Jeans zu steigen. Mein Gott, Wren, komm doch jedenfalls mal übers Wochenende zum Shoppen runter.«
    »Hör mal.« Ich werfe ein Kissen nach ihr. »So schlimm ist es gar nicht.«
    »Nee, schlimmer.« Sie verdreht die Augen. »Guckst du gelegentlich in den Spiegel? Du bist nicht mehr auf dem Laufenden, Wells.« Sie lacht. »Wenn ich gewusst hätte, wie schlimm es ist, hätte ich Hilfslieferungen mitgebracht. Waren aus der Heimat.«
    Sie wälzt sich aus dem Bett, streckt sich.
    »Wie war die Arbeit? Wieder mal ein total verrückter Tag in der Bibliothek?«
    Genau. Mensch, Meredith, die Arbeit war toll, bis auf den Teil, wo ich zu viel gekriegt habe und wie eine durchgeknallte Besessene auf- und abgelaufen bin.
    Das sage ich nicht, ziehe stattdessen eine Grimasse, als ob die Arbeit ach so langweilig wäre.
    »Du hältst dich wohl für witzig.«
    »Ja. Nun, ich bin witzig«, sagt sie. »Und endlich bereit, unter die Dusche zu gehen.«
    Sie zieht einen seidigen kleinen Morgenmantel aus ihrer Tasche und steuert auf mein Bad zu.
    »Spätestens morgen früh muss ich mich auf den Rückweg machen«, ruft sie
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