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In allertiefster Wälder Nacht

In allertiefster Wälder Nacht

Titel: In allertiefster Wälder Nacht
Autoren: Amy McNamara
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mir zu. »Ist es okay für dich, wenn ich noch eine Nacht bleibe?«
    »Klar.«
    »Dann wollen wir heute Abend was Gutes unternehmen … wenn man das hier kann?«
    »Man kann nicht.«
    Ich brenne drauf, nach Nick zu fragen, und was sie ge macht haben, aber ich lass es bleiben. Das Beste ist, so zu tun, als hätte es die letzte Nacht nie gegeben. Ich schau mich in meinem Zimmer um. Sie hat ihr Marmeladenglas mit einem sauer riechenden Rest schalem Champagner auf dem Regal stehen lassen. Ich halte die Luft an und bringe es zur Spüle in der Küche.
    »Hey, danke fürs Aufräumen und Bettenmachen«, brülle ich ihr zu. »Wo du doch so unter Zeitdruck warst, meine ich. Sieht richtig gut aus hier.«
    Sarkasmus. Die Sprache der Freundschaft. Ich zwinge ein Lächeln in mein Gesicht, zwinge mich, es zu fühlen.
    »Hast du was gesagt? Ich kann dich nicht hören«, ruft sie im Singsang zurück und lacht.
    Ich versuch, Cal zu erreichen. Geht sofort auf die Mai lbox. Sein Telefon ist ausgestellt. Das muss es sein. Trotzdem simse ich ihm noch mal.
    KOMME GLEICH RÜBER. BRINGE ÜBERRASCHUNG MIT.
    Wieder dieses Gefühl.
    Auf und ab.
    Ich geh wieder in mein Zimmer. Wenigstens werde ich gut aussehen. Meredith ist in der Stadt.
    Nach etwa einer Stunde Geblödel und Anprobieren – du hast zugelassen, dass er dich darin sieht? –, Verwerfen, etwas anderes Ausprobieren, ziehen wir los. Ich stecke wieder in meinen eigenen Jeans, aber sie hat mir ein superweiches, locker sitzendes Kaschmir-Wickelpullidings geliehen, das sie mitgebracht hat. Nachdem sie die Schockierte gespielt und meinen uralten BH in den Küchenmülleimer geworfen hat – muss Liebe sein –, hat sie mir einen taubengrauen mit Spitzen aus ihren Beständen geschenkt. Ich lass mich von ihr stylen und sie darf mir den perfekt verwuschelten Pferdeschwanz binden und ein Paar von ihren Ohrringen anlegen. Hübsch seh ich aus, aber ich fühl mich eigentlich nicht wie ich selber. Natürlich hab ich das auch nicht getan, bevor ich mich umgezogen hab. Und Meredith ist froh.

Sag’s doch einfach
    Ich schalte einen Gang runter und mit Vierradantrieb bewältigen wir die matschzerfurchte Straße hoch zu Cal. Ich fühle mich absolut tough in seinem Jeep, und ich bin stolz auf die Wälder – und wie schön sie sind.
    Das Haus gefällt ihr.
    »Hey, das ist, als wäre das von deinem Dad aufgewacht und unter die Dusche gegangen …«
    Ich knuffe sie.
    Die Garage ist zu. Ich öffne sie mit einem Klick. Cals Auto steht ordentlich an seinem Platz. Ein Schuss Aufregung oder Angst oder sonst was zischt mir durch meinen Magen bis hoch in die Kehle; alles, was passiert ist, seit ich ihn das letzte Mal gesehen habe. Meredith hat mich rausgezogen, mich wieder in mein Leben zurückgezerrt, und ich habe dieses schreckliche Gefühl, dass Cal verschwinden, wie ein Fiebertraum zu einer Erinnerung verblassen wird, wenn ich ihn nicht bald sehe.
    An der Tür tief atmen. Meredith ist bei mir. Um ihn kennenzulernen. Das ist ein großer Schritt. Zu groß. Einer, für den ich noch nicht bereit bin, aber mit Sicherheit etwas, das ein normaler Mensch tun würde. Fake it till you make it.
    Ich gebe den Code ein. Warte darauf, dass das kleine grüne Auge blinzelnd erwacht. Öffne die Tür.
    Wir treten ein. Einen Augenblick lang erfüllt mich Erleichterung. Es ist kein Traum. Sein Haus fühlt sich an wie Zuhause. Ich bin genau da, wo ich sein will.
    Meredith stößt einen anerkennenden kleinen Pfiff aus.
    »Das ist schon besser.« Sie betrachtet mich mit neuem Respekt. »Und hierher kommst du in deinem Aufzug?« Sie neckt mich.
    »Haha.«
    Ich mach den Mund auf, will Cal was zurufen, ihn wissen lassen, dass wir hier sind, als ich ihn auf der Couch entdecke, auf dem Rücken, er schläft mit dem Arm über dem Gesicht. Grottenschlecht sieht er aus. Und schläft fest.
    Alle möglichen Einzelheiten brechen auf einmal über mich herein. Das Haus ist zu dunkel, der Thermostat runtergeschaltet, Krücken neben ihm auf dem Fußboden zwischen schmutzigem Geschirr und seinem Handy. Vor der Küche Scherben eines Tellers. Sieht aus, als würde er er schon einen Tag oder länger hier liegen.
    »Cal?«
    Nichts.
    Ich lasse Schlüssel und Mantel fallen und gehe zu ihm.
    Meredith steht wie erstarrt da.
    »Cal?«, wiederhole ich leise.
    Er antwortet nicht.
    Ich knie mich vor die Couch und berühre sein Gesicht. Weiß nicht recht, ob ich ihn wecken soll. Aber ich muss wissen, ob er okay ist.
    »Cal.« Wieder berühre ich seine Wange,
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