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In allertiefster Wälder Nacht

In allertiefster Wälder Nacht

Titel: In allertiefster Wälder Nacht
Autoren: Amy McNamara
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da, wo ich war, als ich herkam. Gefangen an diesem schrecklichen Ort, wo man nichts sagen kann, das irgendwas ändert, besser macht.
    Etwas Schweres rührt sich in mir. Ich atme tief ein, halte die Luft an, lasse sie langsam wieder raus. Ich schaffe das, kann mich diesen Gefühlen stellen, sie durchleben, wie Zara gesagt hat, sogar die schwierigen Teile. Ich sinke neben ihr auf einen Stuhl.
    »Ich weiß, ich weiß das, es tut mir leid«, sage ich schließlich. »Aber ich kann nicht wieder so werden, wie ich vorher war.«
    Als ich das ausspreche, wird mir klar, dass es wahr ist. Ich warte nicht darauf, wieder die Alte zu werden. Der Raum scheint gerade heller geworden zu sein.
    Tränen strömen ihr über die Wangen. Sie starrt mich an, mit weit aufgerissenen Augen, so als hätte sie mich noch nie gesehen. Am Ende steht sie auf und rückt vom Tisch ab.
    »Ich versteh dich nicht«, sagt sie und schüttelt den Kopf.
    Sie geht zur Tür, schlüpft in ihre riesige Jacke, nimmt ihre Tasche und meine Schlüssel.
    »Ich muss zurück.«
    Sie hält mir die Schlüssel hin, wartet.
    Ich rühre mich nicht.
    Sie mustert mich noch mal eingehend, so als würde sie versuchen, mich zu durchschauen.
    »Wren, verwickel dich nicht in den Albtraum eines anderen. Das hier brauchst du nicht.«
    Egal.
    »Wir sind nicht mehr dieselben. Ich weiß nicht, wer du bist.«
    Sie hat recht. Ich sage nichts.
    Sie dreht sich um und geht.
    Eine Weile bleibe ich still am Tisch sitzen, zittere.
    Als ich mir sicher bin, dass ich wieder aufstehen kann, gehe ich zurück zu Cals Zimmer. Klopfe leise an die Tür.
    »Cal? Darf ich reinkommen?«
    Schweigen. Ich lehne mich an den Türrahmen, lausche. Nichts.
    »Kann ich dir was bringen? Cal?«
    »Hau ab.« Seine Stimme ist so nah, er muss direkt auf der anderen Seite stehen. »Deine Freundin hat recht. Verschwinde, okay? Geh nach Haus. Lass die Tür auf für Dr. Williams.«
    Scheiß Meredith.

Wo wir leben
    Weniger als zehn Minuten nachdem Meredith gegangen ist, stehen Dr. Williams und eine Schwester, die ich noch nie gesehen habe, vor der Tür.
    Ich führe sie zu Cal, geh dann ins Wohnzimmer und versuche, leise im Atelier anzurufen. Keiner nimmt ab. Also warte ich. Aber ich kann nicht stillsitzen. Ich hole saubere Bettwäsche aus dem Wäscheschrank im Flur und lege sie auf den Tisch neben seiner Tür. Dann wasche ich das ganze schmutzige Geschirr in der Küche ab. Werfe einen Blick in den Kühlschrank. Ist ziemlich leer.
    Nach einer gefühlten Ewigkeit, höre ich die Dusche.
    Dr. Williams stellt seine Tasche auf den Esszimmertisch und kommt zur mir in die Küche.
    »Da treffen wir uns wieder«, sagt er und schaut mich freundlich an. »Wie geht es dir, Wren?«
    »Wie geht’s Cal?«
    »Ich würde ihn gern einweisen, aber er will hierbleiben«, sagt er. »Das hat er zu entscheiden. Ich kann dafür sorgen, dass morgen jemand hier rauskommt, aber es ist nötig, dass heute Nacht jemand bei ihm bleibt.« Er hält kurz inne, schaut mich prüfend an. »Und er hat ziemlich deutlich gemacht, dass du das nicht sein wirst.«
    »Wir haben uns nicht gestritten, falls Sie das denken«, sage ich. »Ich bin nur rübergekommen und hab ihn so vorgefunden. Und ich geh nirgendwohin. Ist mir egal, was er sagt. Mir geht’s gut hier. Ich bleibe. Wenn es sein muss, schlafe ich vor seiner Tür auf dem Fußboden.«
    Dr. Williams nickt mit einem kleinen Lächeln, anscheinend hab ich genau das gesagt, was er hören wollte.
    »Wahrscheinlich sollte ich nicht ohne seine Einwilligung mit dir darüber reden«, er zieht eine Augenbraue hoch, »aber ich weiß, dass ihr beiden euch nahesteht.«
    Meine Brust ist zu eng und mein Magen spielt verrückt. Jetzt kommen schlechte Nachrichten, ich weiß es.
    Dr. Williams sieht, dass ich dabei bin durchzudrehen, denn er drückt meine Hand ein bisschen.
    »Nicht so schlimm.«
    Das beruhigt mich nicht. Ich schlucke angestrengt.
    »Ich hab Cal gesagt, dass die MS zu oft wiederkehrt. Sein Zustand verschlechtert sich zunehmend.«
    Ich glaube, ich falle in Ohnmacht.
    Dr. Williams bemerkt das.
    »Tief einatmen.« Er nimmt mich am Ellenbogen und bringt mich zur Couch.
    »Cal hat das auch nicht besonders gern gehört.« Trauriges Lächeln. »Zugegeben, ich hab das auch gesagt, damit er mir aufmerksam zuhört. Denn die Sache ist die: Es muss nicht so sein für ihn.«
    Er geht zum Tisch, holt eine Akte aus seiner Tasche, Cals Akte, und blättert darin.
    »Es gibt eine neue Behandlungsmethode, die er bisher abgelehnt
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