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Immortalis

Immortalis

Titel: Immortalis
Autoren: Raymond Khoury
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getroffen. Noch in seinen letzten Atemzügen hatte sein Freund gesagt, dass er allen beklagenswerten und abscheulichen Handlungen Montferrats zum Trotz das Zögern und die Zweifel in seinen Augen sehen könne. Es hatte Montferrat die Sprache verschlagen. Aus irgendeinem Grund war der alte Mann sicher, dass sein junger Schützling noch immer Heldenmut, Vornehmheit und Ehrlichkeit in sich trug, tief in seinem Innern vergraben, gefesselt von einem irregeleiteten Pflichtgefühl. In seiner dunkelsten Stunde war es diesem Freund gelungen, Verheißung und Sinn im Leben seines Schützlings zu finden – etwas, das der junge Marquis selbst schon längst verloren geglaubt hatte. Und daraus war eine Aufgabe erwachsen, eine Offenbarung, eine Mission, die den Rest seines Lebens bestimmte.
    Die Wahl war für ihn getroffen worden. Das Recht zu dieser Entscheidung hatte ihm jemand verliehen, der es viel eher verdient hatte, als er selbst es jemals hätte verdienen können.
    Er tat sein Bestes und bemühte sich nach Leibeskräften, herauszufinden, was die fehlenden Seiten des Kodex enthielten, und dem alten Buch seine verborgenen Geheimnisse zu entreißen.
    Es war ihm gelungen, seinen Anklägern in Portugal zu entrinnen. Er hatte in Spanien und in Rom gesucht. Er war nach Konstantinopel und weiter in den Orient gereist. Aber er hatte nichts gefunden, was ihn in seiner Suche weitergebracht hätte.
    Er hatte versagt.
    Er hatte geglaubt, die Rückkehr in die Heimat werde ihm helfen, über den nächsten Schritt zu entscheiden. Di Sangros Überfall hatte seine Pläne zerschlagen. Durch den Nebel seiner Gedanken leuchtete nur eine Gewissheit: Den Mann, der da vor ihm saß, mit Verachtung zu strafen und in Unwissenheit zu halten, war eine Entscheidung, die er mit Vergnügen treffen würde.
    Der Rest der Welt … ja, das war eine andere Sache.
    «Nun?», fauchte di Sangro, und seine Hand zitterte ein wenig unter dem Gewicht der Pistole.
    Der Mann, der sich Montferrat nannte, sprang auf und stürzte sich auf seinen Gegner. Mit ausgestreckter Hand stieß er die Pistole beiseite, als di Sangro abdrückte. Die Pulverladung explodierte mit ohrenbetäubendem Knall. Die Bleikugel schoss aus dem oberen Lauf und schwirrte an Montferrats Ohr vorbei und grub sie sich hinter ihm in die Wandtäfelung. Die beiden Männer taumelten gegen den Tisch vor dem Kamin und rangen um die Pistole. Die Tür flog auf, und di Sangros Schergen stürmten mit erhobenen Degen herein. Montferrat sah, dass der Blick seines Gegners kurz abgelenkt war, und nutzte die Gelegenheit, um dem Principe einen heftigen Ellenbogenstoß gegen die Gurgel zu versetzen. Der Fürst strauchelte, und sein Griff um die Pistole lockerte sich so weit, dass Montferrat sie ihm entreißen konnte. Der Marquis stieß ihn von sich, drehte den Doppellauf um und spannte den Hahn. Der erste der beiden Schergen war schon bei ihm; Montferrat wich zurück und feuerte. Die Kugel traf den Angreifer in die Brust und warf ihn seitwärts zu Boden.
    Montferrat schleuderte die Waffe gegen den zweiten Angreifer und hob schnell den Degen des Gefallenen auf. Der Fürst hatte sich wieder gefangen. Obwohl er noch ein wenig unsicher auf den Beinen war, zog auch er seinen Degen. «Töte ihn nicht», zischte er und schob sich neben seinen Gehilfen. «Ich brauche ihn lebend … vorläufig.»
    Montferrat umklammerte den Griff des Degens mit beiden Händen, hob ihn abwehrend und focht nach links und rechts, um seine Angreifer in Schach zu halten. Die beiden Feinde waren ungeduldig, und nach seiner Erfahrung war Gelassenheit eine ebenso wirkungsvolle Waffe wie das Schwert. Er würde warten, bis sie einen Fehler begingen. Der Wächter brannte darauf, sein Können unter Beweis zu stellen und stürmte leichtsinnig voran. Montferrat wehrte seinen Angriff mit dem Degen ab und gab ihm einen Tritt. Sein nackter Fuß traf den Mann am Schenkel – er heulte vor Schmerz auf, und Montferrat sah aus dem Augenwinkel, dass der Fürst sich wachsam zurückhielt. Er beschloss, sich auf den Angreifer zu konzentrieren, und schwang seinen Degen. Er traf die Klinge seines Gegners mit voller Wucht und schlug sie ihm aus der Hand. Der Fürst schrie wütend auf, stürzte heran und kam Montferrat in die Quere. Dieser stieß den ersten Angreifer mit einem erneuten Fußtritt zurück und wirbelte dann zu di Sangro herum. Der Scherge stolperte rückwärts, fiel über den Tisch und rutschte in die Feuerstelle. Glühende Funken stoben auf, und der Mann
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