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Immortalis

Immortalis

Titel: Immortalis
Autoren: Raymond Khoury
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keinen Namen. Er kannte nur wenige harte Fakten und wusste lediglich, dass vor der Invasion oft Männer in verdunkelten, offiziell aussehenden Autos mitten in der Nacht auf das Gelände gefahren waren. Und der furchtlose Führer selbst hatte ihn ein paarmal aufgesucht.
    Er konnte ihn nicht einmal richtig beschreiben – abgesehen von einem einzigen erschreckenden Detail, das die Männer im Besprechungsraum umso mehr faszinierte: Dieser Hakim war kein Iraker. Er war überhaupt kein Araber.
    Er war ein Mann aus dem Westen.
    Und auf der Fahndungsliste stand niemand aus dem Westen.
    Nur eine Person auf dieser Liste gehörte nicht zum Militär oder zur Regierung. Kurioserweise war sie außerdem die einzige Dame in dem ganzen Spiel – biologisch gesehen jedenfalls. Der niedrigste Trumpf im Spiel war eine Frau, eine Wissenschaftlerin namens Huda Ammasch, liebevoll Mrs.   Anthrax genannt. Sie war die Tochter eines ehemaligen Verteidigungsministers und Gerüchten zufolge die Leiterin des irakischen Biowaffen-Programms.
    Die Zutaten stimmten: ein Arzt. In Saddams näherer Umgebung. Europäer oder Amerikaner. Ein verängstigter Einheimischer. Das genügte, um die Kugel ins Rollen zu bringen.
    Zielaufklärung wurde angefordert und noch am selben Abend übermittelt.
    Der Einsatz wurde geplant.
    Im Morgengrauen hatten Rucker und seine Leute die äußere Umgebung mit Bodenstreitkräften und Panzerfahrzeugen gesichert. Das Zielobjekt, das der Mann mit dem Turban ihnen beschrieben hatte, war ein dreistöckiges Betongebäude mitten im Stadtteil Saddamiya. Dieses Viertel von Bagdad hatte nicht immer so geheißen. Einst war es eine raue Gegend gewesen. Saddam war in den schäbigen Straßen aufgewachsen und zur Schule gegangen – hier hatte er seine eigentümliche Lebensanschauung herausgebildet. Nach der Machtübernahme hatte er Bulldozer auffahren und die gesamte Gegend planieren lassen, um dort ein geschlossenes Wohnviertel mit imposanten, modernistischen Beton- und Ziegelhäusern und Arkaden zu errichten, buchstäblich durch eine Mauer vom Rest der Stadt abgetrennt. Dem Viertel wurde sein Name verliehen; es wurde zur Heimat derer, die er für würdig hielt. Das Bataillon war, seit die alliierten Truppen Bagdad eingenommen hatten, für die Gegend zuständig. Sie ließen angesichts der offenkundigen Abneigung, mit der die Loyalisten, die hier immer noch wohnten, den Invasionstruppen begegneten, Vorsicht walten.
    Die bewaffneten Einheiten gingen in Stellung, die Scharfschützen nahmen ihre Positionen ein. Der Angriff konnte beginnen.
    Rucker war nach dem neu eingeführten Standardverfahren namens «Abriegeln und Anklopfen» vorgegangen. Als die Umgebung gesichert war, waren die Truppen gegen das Haus vorgerückt und hatten ihre Anwesenheit zu erkennen gegeben. Mit einem Megaphon hatte ein Dolmetscher die Personen im Haus informiert, dass sie zehn Minuten Zeit hätten, um mit erhobenen Händen herauszukommen.
    Zehn Minuten später war die Hölle losgebrochen.
     
    Während Sanitäter die Verwundeten versorgten, befahl Rucker, «das Ziel zu präparieren», damit nach Möglichkeit bei dem unvermeidlichen zweiten Sturm weitere Verluste vermieden werden könnten. Zwei Hubschrauber vom Typ Kiowa OH-58D ließen 2.75-Zoll-Raketen und Maschinengewehrfeuer auf das Haus regnen, während die Bodentruppen weitere Mark-19-Granaten und zwei noch stärkere, von der Schulter abgefeuerte AT-4-Panzerabwehrraketen in das Gebäude fahren ließen.
    Irgendwann war es still.
    Rucker schickte seine Männer noch einmal hinein, aber diesmal fuhren zwei Humvees mit rauchenden .50er Maschinengewehren vor ihnen her. Bald war klar, dass das Ziel mehr als hinreichend «präpariert» war. Seine Männer drangen mühelos ein und fanden mehrere Leichen und nur drei einzelne, völlig verdatterte Republikanergardisten, die rasch ins Freie befördert wurden.
    Erleichterung durchflutete ihn, als mehrmals hintereinander das Wort «Clear» durch das Funkgerät tönte. Sein Vortrupp hatte das gesamte Anwesen unter Kontrolle.
    Als Rucker das Haus des Hakim betrat, wurden gerade die Toten zur Identifikation nebeneinander aufgereiht. Er betrachtete die schmutzigen, blutüberströmten Gesichter und runzelte die Stirn. Offensichtlich waren sie allesamt Einheimische, irakische Fußsoldaten, die von ihren Offizieren schon vor langer Zeit im Stich gelassen worden waren. Er ließ ihren Informanten holen. Unter schwerer Bewachung wurde er hereingeführt, damit er einen Blick auf die
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