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Immer dieser Michel

Immer dieser Michel

Titel: Immer dieser Michel
Autoren: Astrid Lindgren
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weit herunter, über beide Augen und Ohren. Michel zerrte an der Schüssel und schrie.
    Lina wurde auch ängstlich.
    "Unsere schöne Suppenschüssel", sagte sie. "Unsere feine, blumige Suppenschüssel! Wo hinein sollen wir jetzt die Suppe tun?"
    Denn wenn Michel in der Suppenschüssel war, konnte keine Suppe hinein, soviel verstand sie, wenn sie auch sonst nicht viel verstand.
    Aber Michels Mutter dachte mehr an Michel.
    "Lieber Himmel, wie sollen wir den Jungen da herausbekommen?
    Wir müssen den Schürhaken nehmen und die Schüssel
    zerschlagen."

6
    "Bist du von Sinnen!" rief Michels Vater. "Die Schüssel hat doch vier Kronen* gekostet!"
    * Schwedisches Geld: l Krone = 100 Öre.
    "Ich werde es mal versuchen", sagte Alfred, der ein starker und tüchtiger Kerl war. Er packte die beiden Henkel und hob die Suppenschüssel mit aller Kraft hoch. Aber was half das? Michel ging mit hoch, denn er saß fürwahr gründlich fest. Und da hing er nun und zappelte mit den Beinen, um wieder auf den Fußboden zu kommen.
    "Laß sein! Laß mich runter! Laß sein, habe ich gesagt!" schrie er.
    Und da ließ Alfred es sein.
    Nun waren alle richtig traurig. Sie standen in der Küche um Michel herum und dachten nach. Vater Anton, Mutter Alma, die kleine Ida, Alfred und Lina. Keiner wußte, wie Michel aus der Suppenschüssel herauszubekommen war.
    "Seht doch, Michel weint", sagte die kleine Ida und zeigte auf ein paar dicke Tränen, die unter dem Rand der Suppenschüssel hervorsickerten und langsam an Michels Backen herunterrollten.
    "Das tue ich nicht", sagte Michel. "Das ist Fleischsuppe." Er schien so trotzig zu sein wie immer, aber besonders lustig war es wohl nicht, in einer Suppenschüssel festzusitzen. Und was sollte nur werden, wenn er die Suppenschüssel nie mehr loswurde?
    Armer Michel, wann sollte er dann wohl seine "Müsse aufsetzen?
    Michels Mutter tat ihr kleiner Junge leid. Wieder wollte sie den Schürhaken nehmen und die Schüssel zerschlagen, aber der Vater sagte:
    "Nie im Leben! Die Schüssel hat vier Kronen gekostet. Da ist es schon besser, wir fahren nach Mariannelund zum Doktor. Er wird sie schon loskriegen. Sicher nimmt er nur drei Kronen, und wir haben auf diese Weise eine Krone verdient."
    Michels Mutter fand diesen Einfall gut. Schließlich kann man nicht jeden Tag so leicht eine Krone verdienen. Wenn man bedenkt, wieviel Hübsches man dafür kaufen konnte, vielleicht etwas für Klein-Ida, die zu Hause bleiben mußte, während Michel unterwegs war und auf dem Wagen fuhr.

7
    Jetzt hatten sie es eilig auf Katthult. Michel sollte feingemacht werden, er mußte gewaschen werden, und man mußte ihm seinen besten Anzug anziehen. Ihn kämmen konnte man ja nicht und auch nicht ihm die Ohren waschen, obwohl das sehr nötig war.
    Seine Mutter versuchte allerdings, einen Zeigefinger unter die Suppenschüsselkante zu schieben, um Michels Ohren wenigstens etwas sauberzumachen, aber das endete schlecht, denn sie blieb in der Suppenschüssel stecken, sie auch.
    Jaja, so geht es", sagte die kleine Ida, und Vater Anton wurde richtig wütend, obgleich er doch sonst so nett war.
    "Will sich vielleicht noch jemand in der Suppenschüssel festklemmen?" schrie er. "Macht das nur, dann kann ich gleich den großen Heuwagen nehmen und ganz Katthult zum Doktor nach Mariannelund verfrachten."
    Aber Michels Mutter zog kräftig und bekam den Finger wieder heraus.
    "Du kannst mit ungewaschenen Ohren fahren, Michel", sagte sie und pustete auf ihren Finger. Da erschien ein zufriedenes Lächeln unterhalb der Suppenschüsselkante, und Michel sagte
    "Das ist der erste richtige Nutzen, den ich von dieser Suppenschüssel habe."
    Aber nun war Alfred mit Pferd und Wagen an der großen Treppe vorgefahren, und Michel kam heraus, um in den Wagen zu klettern. Er sah sehr fein aus in seinem gestreiften Sonntagsanzug und seinen schwarzen Knöpfstiefeln - na ja, er sah vielleicht etwas ungewöhnlich aus mit der Suppenschüssel auf dem Kopf, aber sie war mit Blumen bemalt und schön und glich beinahe einer Art neumodischem Sommerhut. Nur daß dieser Hut ziemlich tief über Michels Augen herunterreichte.
    Und nun wollten sie sich auf den Weg nach Mariannelund machen.
    "Paßt gut auf Klein-Ida auf, während wir fort sind", rief die Mutter. Sie saß mit dem Vater auf dem Vordersitz. Auf dem hinteren Sitz saß Michel mit der Suppenschüssel. Und seine
    "Müsse" hatte er neben sich auf dem Sitz. Er mußte doch auch 8
    etwas auf dem Kopf haben, wenn er nach Hause
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