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Immer dieser Michel

Immer dieser Michel

Titel: Immer dieser Michel
Autoren: Astrid Lindgren
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sie raste in die Kammer, und in diesem Augenblick kam ihr der Topfdeckel auf dem Fußboden entgegengesaust. Sie konnte noch zur Seite springen, aber in ihrem Schrecken vergoß sie den Saft, der auf dem Topfdeckel landete, und da zischte es laut auf.
    "Unglückseliger Junge, wie heiß hast du den Topfdeckel gemacht?" fragte sie Michel, der ganz betroffen dastand.
    "Ich dachte, er sollte ungefähr so heiß sein wie ein Plätteisen", sagte Michel.
    Und dann kam heraus, daß Michels Vater eingeschlafen war, während Michel in der Küche den Topfdeckel auf dem Herd wärmte. Als Michel zurückkam und seinen Vater friedlich schlafen sah, wollte er ihn natürlich nicht wecken und schob deshalb den Topfdeckel vorsichtig unter die Decke auf seinen Bauch. Ja, es war natürlich Pech, daß er viel zu heiß geworden war.
    Michels Mutter tat alles, um ihren Mann zu beruhigen.
    Ja, ja, ja, ich komme gleich mit der Brandsalbe", sagte sie.
    Aber Michels Vater stand auf. Er getraue sich nicht länger krank zu sein, meinte er, jetzt, da Michel im Hause sei, und außerdem wolle er auch Alfred begrüßen.
    Alfred saß in der Küche, ziemlich blaß und den Arm im Verband, aber froh und zufrieden, und Lina schwirrte begeistert um ihn herum. Sie und Krösa-Maja waren dabei, das Kupfer zu putzen.
    Alle Töpfe, Schüsseln und Pfannen sollten sauber sein und zu Weihnachten glänzen. Aber Lina konnte nicht stillstehen. Mit dem Putzlappen in der einen Hand und der Käsekuchenschüssel in der anderen rannte sie um Alfred herum und benahm sich so, 189
    als hätte sie ganz unerwartet einen Goldklumpen in ihrer Küche gefunden. Klein-Ida wandte auch kein Auge von Alfred. Sie sah ihn ernst an, als wüßte sie nicht sicher, ob das wirklich noch derselbe Alfred war, der da jetzt vor ihr saß.
    Krösa-Maja hatte eine ihrer großen Stunden. Sie redete von Blutvergiftung, daß es in ihren Mundwinkeln schäumte. Alfred könne froh sein, daß es so ausgegangen sei, meinte sie.
    "Aber du mußt nicht gar zu übermütig werden, denn siehst du, Blutvergiftung, die ist so verbiestert schwer und noch lange drin.
    Wenn also einer schon gesund geworden ist, kann er noch lange danach krank sein, ja wirklich, so isses."
    An diesem Abend war es gemütlich in Katthult. Michels Mutter spendierte von der neuen Grützwurst, und es gab einen richtigen Grützwurstschmaus. Sie saßen in der weihnachtsfeinen Küche in größter Freude und Wonne, Michel und die Mutter und der Vater und Lina und Klein-Ida und Alfred und Krösa-Maja. Ja, es war richtig ein kleiner Heiligabend mit Kerzen auf dem Tisch und allem Drum und Dran. Und dann die Wurst, die war so unwahrscheinlich gut und braun und knusprig gebraten, und sie aßen sie mit Preiselbeeren. Besonders viel aß Alfred, wenn es auch für ihn ein wenig schwierig war, mit nur einer Hand zurechtzukommen.
    Lina sah ihn liebevoll an, und dabei fiel ihr plötzlich etwas Großartiges ein.
    Ja, Alfred, nun hast du doch keine Blutvergiftung mehr! Dann können wir ja im Frühjahr heiraten, nicht wahr?"
    Alfred bekam einen solchen Schreck, daß er einen richtigen Hopser machte und eine ganze Menge Preiselbeeren auf seine Hose schüttete.
    "Das verspreche ich nicht", sagte er. "Ich habe ja noch einen Daumen, und wer sagt mir, daß ich in dem nicht auch eine Blutvergiftung bekomme?"
    "Aber dann, Alfred", sagte Michel, "dann grabe ich dich nördlich vom Haus ein. Das tue ich, denn nach Mariannelund schleppe ich dich nicht noch einmal."

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    Krösa-Maja warf Michel einen wütenden Blick zu.
    Ja, man kann mit allem seinen Scherz treiben, das weiß ich schon", sagte sie beleidigt.
    Als sie nun so gemütlich im Schein der weihnachtlichen Kerzen saßen und es beinahe ein bißchen feierlich war, nahm Michels Mutter den Brief aus der Schürzentasche und las vor, was der Arzt über Michel geschrieben hatte. Es könnte nichts schaden, dachte sie, wenn sie alle einmal etwas davon hörten.
    Als sie fertig war, schwiegen alle. Sie waren so still geworden, weil das ja durchweg große und bedeutende Worte gewesen waren. Schließlich sagte Klein-Ida:
    "Das war über dich, Michel!"
    Aber Michel war verlegen, und er wußte nicht, wohin er sich drehen sollte. Sie sahen ihn alle an, und das hatte er nicht gern, deshalb starrte er aus dem Fenster. Aber aufmunternd war das auch nicht, denn er sah, daß es wieder schneite, und da wurde ihm klar, wer morgen früh raus mußte, um Schnee zu schaufeln.
    Er stürzte sich noch einmal auf die Grützwurst. Er hatte beim
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