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052 - Die Leichenkammer des Dr. Sarde

052 - Die Leichenkammer des Dr. Sarde

Titel: 052 - Die Leichenkammer des Dr. Sarde
Autoren: Larry Brent
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    Plötzlich regte sich die Gestalt. Der Mann wollte noch schreien, aber seine
Stimme versagte ihm den Dienst. Der Sargdeckel fiel dumpf auf den rohen
Fußboden der Leichenhalle.
    Gierige, kalte Hände umspannten seine Kehle und drückten ihm die Luft ab.
Die Gestalt in dem Sarg richtete sich auf.
    Vor den Augen des Bestattungsunternehmers begann es zu kreisen.
    Wie durch einen Nebelschleier erkannte er die dunklen Umrisse des fremden,
starren Gesichtes.
    Maurice Gudeaus Augen weiteten sich. Er war in die Leichenhalle gekommen,
um die Tote für die Bestattung vorzubereiten. Der Mann wusste, dass in diesem
Sarg bis vor zwei Stunden noch ein junges, sehr schönes Mädchen gelegen hatte.
    Ihm aber kam es jetzt so vor, als würde ein Mann in dem Sarg liegen und
nicht mehr das Mädchen ...
    Maurice Gudeau begriff die Welt nicht mehr, und seine Lebensuhr lief in
diesen Sekunden ab. Es gab keine Zukunft mehr für ihn, die ihm die Möglichkeit
verschafft hätte, den Dingen noch mal auf den Grund zu gehen.
    Seine blau angelaufenen Lippen schienen einen Namen zu formen. Ein heiseres
Krächzen kam aus der Tiefe seiner Kehle.
    » Sarde ...?«
    Die Hände um seine Kehle ließen nicht locker. Als Gudeau zu Boden stürzte,
wurde der unheimliche Mörder fast aus dem aufgebockten Sarg gezogen.
    Drei Minuten später war das makabre Spiel zu Ende.
    Der Mann aus dem Sarg zerrte den reglosen Körper vom Boden hoch und warf
ihn achtlos wie eine unnötige Last in den Sarg hinein. Dann hob er den Deckel
auf, passte ihn ein und vernagelte ihn. Dumpf und monoton hallten die Schläge
durch die düstere Halle, in der außer einer armseligen 15-Watt-Birne keine
weitere Lichtquelle vorhanden war.
    Der aus dem Sarg Auferstandene legte den Hammer achtlos beiseite. In seinem
bleichen, angespannten Gesicht stand nicht zu lesen, was in diesen Sekunden in
ihm vorging.
    Er wandte sich ab, als seine Arbeit verrichtet war. Die düstere
Abgeschiedenheit und die unheimliche Umgebung schienen ihn nicht im Geringsten
zu stören. Es war, als ob er in diesem Milieu ständig oder zumindest oft zu tun
hätte ...
    Der Mann ging an den Gestellen und den leeren Särgen, die dicht
nebeneinander standen, vorbei. In der dunklen Nische lag ein langes, mit grobem
Sackleinen umwickeltes Paket. Die menschlichen Umrisse einer schmalen Gestalt
darunter waren mehr zu ahnen als zu sehen.
    Er hob das Paket auf. Unter dem Tuch rutschte eine starre, bläulich
angelaufene Hand hervor.
    Der Mörder verließ die Leichenhalle. Er vergaß das Licht auszuknipsen, und
er machte sich auch nicht die Mühe, die schwere Holztür zu verschließen. Der
Schlüssel steckte noch von außen. Gudeau war nicht besonders aufmerksam und
auch nicht außergewöhnlich vorsichtig gewesen. Und seine sprichwörtliche
bäuerliche Schläue, die man ihm angeblich nachsagte, hatte in diesem
außergewöhnlichen Fall versagt.
    Maurice Gudeau war ein Opfer seiner eigenen Pläne geworden, auf eine Art
und Weise allerdings, die er selbst niemals für möglich gehalten hätte.
    Jetzt lag er an Stelle eines jungen Mädchens in einem verschlossenen Sarg,
der in den frühen Morgenstunden in die kühle Erde des Friedhofes Passy gesenkt
werden sollte ...
     
    ●
     
    Jean Ecole war verärgert.
    »Jetzt ist es schon zehn Uhr, und
Maurice ist immer noch nicht da.« Ecole ging zum Fenster. Es war weit geöffnet.
Die Nachtluft war mild. Den ganzen Tag über hatte die Sonne Paris erwärmt.
    Von dem großen Salon aus führte eine breite gläserne Doppeltür auf den
Balkon. Dort standen die beiden Freundinnen, die er und Maurice sich für heute
Abend eingeladen hatten.
    Achselzuckend ging er hinaus auf den Balkon. Die Mädchen hatten es sich auf
bequemen Sesseln gemütlich gemacht. In der Ferne hinter ihnen dehnte sich das
Lichtermeer von Paris.
    Ecole wurde mit einem fröhlichen Hallo empfangen.
    Françoise, eine üppige Schwarzhaarige mit aufregend langen Beinen und einem
provozierenden Busen, der sich deutlich unter dem weichfließenden Stoff der
Bluse abzeichnete, trug grundsätzlich keinen BH. Mit einem halbgefüllten
Champagnerglas in der Rechten drängte sie sich an ihn.
    »Ich habe mir den Abend netter vorgestellt, Cheri«, schmollte sie.
    Jean Ecole legte die Hand um ihre Hüften und zog das Mädchen an sich ...
    »Ich auch, Häschen. Meinem Partner muss etwas passiert sein.«
    »Aber dann hätte man doch wenigstens anrufen können«, widersprach
Françoise. Ihr Augenaufschlag war ein Gedicht. Die Lippen der jungen
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