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Im Zeichen des himmlischen Baeren

Titel: Im Zeichen des himmlischen Baeren
Autoren: Federica de Cesco
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und das Gepäck an Bord zu schaffen. Das Morgenrot war bereits verblasst, und das klare, helle Sonnenlicht flutete verschwenderisch über die Berge, als das Geschwader langsam aus dem Hafen auslief. Der Wind spannte die Segel, während die Galeeren an den schaumüberspülten Klippen vorbeisteuerten. Ich stand am Bug des Schiffes, in einen Mantel gehüllt, und sah auf die Felszacken, die sich wie schwarze Krallen aus der Gischt hoben.
    Die königliche Galeere hieß »Seefalke«. Ihre Flanken waren mit goldenen Schwingen bemalt, und ihre mächtige Galionsfigur zeigte den Kopf des Raubvogels, dessen Namen sie trug. Sie war ein Zweimaster und bot genügend Platz für Mannschaft und Krieger. Die Pferde waren auf dem Hinterdeck untergebracht. Überall standen Wachen und nachts wurden sie verdoppelt.
    Bald lag der Hafen weit hinter uns, wir steuerten auf die offene See hinaus. Die Galeeren fuhren in geschlossener Formation. Strömung und Wind trieben sie kraftvoll dem blauen Horizont entgegen. Ich hörte das Flattern der Segel, das Knirschen der Taue, das gleichmäßige Rauschen der Wellen. Hier und da vernahm ich das Zischen der Peitsche, die der Aufseher über den Ruderern schwang, während der Taktmeister den Rhythmus mit dem Hammer angab. Die Sklaven wurden vor allem unter den Kriegsgefangenen ausgewählt; sie kamen aus aller Herren Länder: Unter ihnen waren untersetzte, breitschultrige Malaien, die als erstklassige Ruderer galten, und schlitzäugige Chinesen. Sie trugen den Kopf kahl geschoren, bis auf einen langen Zopf, der ihnen als Zeichen ihres Sklaventums über den Rücken baumelte.
    Die schönen, schlanken Schiffe flogen über die Wellen. Zuweilen kam ein grüner, dicht bewaldeter Küstenstreifen in der Ferne in Sicht, dann verschwand er wieder wie das Bild eines unruhigen Traumes. Albatrosse kreisten über den Masten. Auf der Schiffsbrücke war ein Baldachin für den König und sein Gefolge errichtet worden. Yi-Am, der Oberbefehlshaber der Flotte, wich nicht von der Seite des Kapitäns. Die vielen zerstreut liegenden kleinen Inseln erforderten größte Wachsamkeit. Würde ein Schiff von der Brandung erfasst und auf die Klippen geworfen, wäre es verloren.
    Ich hatte Yi-Am am Hof von Nimana kennengelernt und ihn nie gemocht. Er hatte ein glattes Gesicht mit hohen Wangenknochen, in dem Eigensinn und Grausamkeit lagen. Das Haar war seitlich hochgesteckt und hinten zu einem Knoten gewunden, der unter dem Bronzehelm festgesteckt war. Unter dem stählernen Brustharnisch trug er ein Wams mit gestärkten Flügelärmeln. Zwei Schwerter steckten in seiner breiten seidenen Schärpe. Wie alle Tungusen trug er einen Gürtel aus Leder und Goldplatten, an dem an kleinen Ketten das traditionelle Sattelzubehör der Steppenreiter baumelte: ein kleines Messer, ein Spiegel, ein Wetzstein und ein Feuerstein.
    Wenig später spürte ich am leichten Rollen des Schiffes, dass der Wind sich gedreht hatte. Ich hörte den Kapitän und Yi-Am lebhaft miteinander reden. Yi-Am befehligte das Geschwader, aber Noburu war ein Seemann aus Yamatai, der sein Schiff und die Gewässer kannte. Der Wind trug ihre Stimmen zu mir herüber. Noburu versuchte, Yi-Am von der Notwendigkeit zu überzeugen, den Kurs zu ändern und in südlicher Richtung zu segeln.
    Â»Der Wind wird in der Nacht umschlagen. Wenn die Nord- und Ostströmungen aufeinanderstoßen, bilden sich gewaltige Strudel, die den Schiffen zum Verhängnis werden können.«
    Â»Wie viele Tage würden wir dabei verlieren?« Yi-Ams Stimme klang schroff.
    Â»Einen Tag, Herr. Vielleicht zwei, wenn wir die Halbinsel Kii umsegeln.«
    Yi-Am musterte ihn kühl. »Das ist ein großer Umweg.«
    Â»Jawohl, Herr.« Noburu verbeugte sich entschuldigend. »Aber der Sog der Strömung kann die Schiffe abtreiben und in die Tiefe ziehen.«
    Â»Welchen Kurs laufen wir jetzt?«
    Â»Immer noch nach Osten, Herr.«
    Â»Behalte den Kurs. Ich übernehme die Verantwortung.«
    Â»Aber, Herr, der Wind …«
    Yi-Am fauchte: »Halte deine Zunge im Zaum!« Seine Augen waren hart und blutunterlaufen. Die rechte Hand umfasste den Schwertgriff.
    Â»Jawohl, Herr.« Noburu schluckte, nach außen Würde bewahrend, im Innern jedoch zitternd. »Wie Ihr befehlt!«
    Yi-Am grüßte ehrerbietig, als er an mir vorbeischritt. Ich grüßte zurück mit
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