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Felsenfest: Alpenkrimi (German Edition)

Felsenfest: Alpenkrimi (German Edition)

Titel: Felsenfest: Alpenkrimi (German Edition)
Autoren: Jörg Maurer
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Vorwurf des Autors

    Um die Frage gleich von vornherein zu beantworten: Die Personen der Handlung sind frei erfunden. Eventuelle Ähnlichkeiten sind rein zufällig. Meine ehemaligen Klassenkameraden haben nicht für diesen Roman Pate gestanden. Ich selbst hatte eine glückliche Schulzeit, meine Mitschüler waren durchaus nicht so garstig und hinterhältig, wie sie hier in diesem Buch dargestellt werden, die Bosheit und Gemeinheit dieser Figuren ist dem Genre des Kriminalromans geschuldet.
     
    Es war nun ein naheliegender Gedanke für mich, einige dieser netten Weggefährten von damals zu bitten, ein Vorwort zu diesem Roman zu schreiben. Ich liebe Vorworte. Sie sind ein kleiner Gruß aus der Küche, ein Amuse-Gueule, ein Magentratzerl, wie man hierzulande sagt. Schade, dass diese Tradition etwas aus der Mode gekommen ist. Ich formulierte also eine höfliche Bitte, suchte in den entsprechenden Internetdiensten nach den in alle Welt versprengten Absolventen meiner damaligen Abiturklasse und beschickte sie per E-Mail. Ich bekam absonderliche Rückantworten, alle waren negativ und beleidigend, manche sogar schroff aggressiv und drohend. Hatten mich meine Erinnerungen an die vielen netten Menschen so getrogen? Mein ehemaliger Freund F. schrieb, er wäre enttäuscht von mir. Für die mühevollen Hilfestellungen, die er mir damals in Mathematik gegeben habe, hätte ich mich wenigstens einmal bedanken können. Ein anderer Freund, H.A., warf mir vor, dass ich nichts, aber auch gar nichts, was er mir seinerzeit geliehen habe, jemals zurückgegeben hätte: Radiergummis, Fahrradklingeln, Bücher, Fitnessgeräte, Wohnungsschlüssel … Nach und nach trudelten Mails aus aller Welt ein, mit immer schlimmeren und groteskeren Unterstellungen. Gut, manches entsprach den Tatsachen: Ich ging mein Bücherregal durch, und in vielen Büchern fand ich das Exlibris mit den Buchstaben H.A. Aber trotzdem. An manches konnte ich mich beim besten Willen nicht erinnern.
     
    Wie sich dann herausstellte, war der Grund für diese Lawine von Anschuldigungen meine erste Mail. Die Funktion
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hatte das Wort ›Vorwort‹ zu dem (zugegebenermaßen häufigeren) Wort ›Vorwurf‹ korrigiert. Vorworte sind ja tatsächlich etwas aus der Mode gekommen, wer kennt so etwas schon noch. Ich jedoch bemerkte die Korrektur nicht. (Und seien Sie ehrlich: Sie haben es bei der Überschrift zu diesem Kapitel auch nicht bemerkt. Sie haben vielleicht gestutzt, mehr nicht.) Wie auch immer, diese Mail war für alle meine Klassenkameraden willkommener Anlass, endlich das loszuwerden, was schon seit Jahren und Jahrzehnten in ihnen köchelte und brodelte.
     
    Menschliche Abgründe taten sich auf. Eine der Mitschülerinnen war Staatsanwältin geworden, sie verwendete natürlich das entsprechende bedrohliche Briefpapier – wenn man ein solches Schreiben bekommt, zittert einem automatisch die Hand. Ein anderer verstieg sich zur Bezichtigung der Körperverletzung: Ich hätte ihn damals beim Fußballspielen absichtlich gefoult, und das nur, um statt seiner in die Schulauswahl zu kommen. Heute noch würde er, der eigentlich Balletttänzer hätte werden wollen, lahmen und hinken und zum Gespött der Leute werden. Ein dritter, schon immer mit der Aura des Geheimnisvollen behaftet, schrieb kurz zurück: »Da fragst du noch?«
     
    So wurde die nette Klasse, die ich in Erinnerung hatte, zu einem wüsten Haufen nachtragender Verbalinjuriker. Wie viel schmutzige Wäsche wurde da gewaschen! Die lieben und hilfsbereiten Menschen waren zu grässlichen Monstern verkommen, die nun nichts mehr hielt. Ich wurde beschimpft, bedroht, tätlich angegriffen. Seitdem stehe ich unter Polizeischutz.
     
    Aber es gibt keinen Schaden, der nicht einen Nutzen hätte, so sagt jedenfalls der Volksmund. Die netten Klassenkameraden von damals waren jetzt, nach ihrer Verwandlung, endlich dazu geeignet, Vorlagen für die vielen fiesen Figuren abzugeben, die man in einem Kriminalroman braucht. Und um die Frage nochmals zu beantworten: Ja, ich habe meine Abiturklasse als Vorbild genommen und sie eins zu eins ins Buch übertragen. Ich kann also mit Fug und Recht behaupten: Die Handlung ist frei erfunden, die handelnden Personen aber sind bis ins kleinste Detail real.
     
    Doch ich muss schließen. Mein Aufenthaltsort ist vermutlich aufgeflogen. Draußen im Vorgarten höre ich sonderbar knirschende Geräusche. Man flüstert, man entsichert Pistolen, man pocht an die Tür. Es bleibt mir nur
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