Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Felsenfest: Alpenkrimi (German Edition)

Felsenfest: Alpenkrimi (German Edition)

Titel: Felsenfest: Alpenkrimi (German Edition)
Autoren: Jörg Maurer
Vom Netzwerk:
auseinanderspreizten wie Hohlraumdübel. Vielleicht waren sie sogar einbetoniert. Vorsichtig griff er mit der freien Hand unter die Maske. Mit den Fingerkuppen ertastete er Hautabschürfungen, an einer Stelle blutete er. Zudem hatte er einen ziemlich schmerzhaften Fußtritt abbekommen, als er sich als Letzter dagegen gewehrt hatte, die Handschellen anzulegen. Als er den Stiefel im Gesicht gespürt hatte, war er nach hinten gekippt. Noch jetzt klang ihm die Drohung im Ohr, ein gezischtes
Mach jetzt! Sonst knallts!
Und dann war da ein Wort gefallen, das er nicht verstanden hatte, so etwas Ähnliches wie
Depesche
. Er konnte die Stimme niemandem zuordnen. Keinem aus seiner Wandergruppe.
     
    Wieder durchbrach das scharfe Gequäke des kleinen Kindermegaphons die Stille.
    »Ihr greift jetzt mit der freien Hand in eure Tasche oder in euren Rucksack, holt euer Handy heraus und haltet es in die Höhe. Keine Tricks, dann passiert euch nichts. Wer ein Tablet dabeihat, ein Notebook, einen Krankenhauspiepser oder irgendeinen anderen Kommunikationsscheiß, der holt das ebenfalls heraus.«
    Alle durchsuchten ihre Rucksäcke. Der Bärtige überlegte fieberhaft. Er trug das Smartphone seiner Tochter in der Brusttasche. Er hatte es der Dauersimserin heute Morgen beim Frühstück aus Spaß weggenommen und vergessen, es ihr wiederzugeben. Das Telefon von Mona steckte in einer trendigen, knallfarbigen, selbstgehäkelten Handysocke mit einem aufgestickten
Geh ran! Ich bin’s!
Sein eigenes, schick gestyltes, aber äußerlich leicht ramponiertes iPhone steckte in der Hosentasche. Sein Plan war, das bunte Handy herzugeben und das andere zu behalten. Sehr, sehr langsam griff er mit der freien Hand in die Tasche und zog das graphitschwarze Trendyhandy heraus. Er schob es unauffällig unter seinen Oberschenkel. Das Sockenhandy hielt er hoch. Der Kidnapper ging von einem zum anderen und sammelte die Geräte ein, auch das seiner Tochter. Geschafft. Es verschwand mit den anderen in einem leeren Stoffsack. Der Typ hatte aber auch alles vorbereitet! Der Bärtige legte seine Hand – unauffällig, wie er meinte – neben seinen Oberschenkel und überlegte. Die Notruftaste war zu riskant: Ihm selbst war es nicht möglich zu sprechen, und er durfte es nicht riskieren, dass der Wahnsinnige die Stimme am anderen Ende der Leitung hören konnte. Er musste eine SMS absetzen, und er wusste auch schon, an wen. Die Telefonnummer war, wie alle Nummern, die er nicht ständig brauchte, im Adressbuch auf der Homepage seines Providers gespeichert. Er musste ins Internet. Hoffentlich gab es hier ausreichend Empfang. Er drückte die Taste und wartete auf eine Gelegenheit, sein Adressbuch zu öffnen.
     
    Die Gelegenheit kam schneller als erwartet. Aus der hintersten Reihe der Geiseln ertönte plötzlich ein Schrei, ein Hilferuf, nichts Gellendes, eher ein heiseres Ächzen. Der Maskierte befahl Schweigen, doch das hysterische Wehklagen hörte nicht auf. Er schwenkte die Waffe über dem Kopf und ging nach hinten, knapp an dem graubärtigen Mann vorbei. Er sah sich immer wieder um, aber er war abgelenkt. Der Bärtige hatte ein paar Sekunden Zeit, die SMS abzusetzen. Der Gangster schrie die gefesselte, wimmernde Person brutal an, sich gefälligst zusammenzureißen. Jetzt schleppte er sie offenbar ein Stück weit von der Gruppe weg und fixierte sie wohl dort am Boden. War denn das gesamte Plateau mit Fesselringen übersät? Er kam wieder nach vorn. Der Bärtige drückte auf Senden. Gerade noch rechtzeitig. Ein Schatten fiel auf ihn. Schnell schob er das iPhone wieder unter den Oberschenkel. Er hatte keine Zeit mehr, das Mobiltelefon auszuschalten. Der Maskierte schwenkte die Maschinenpistole zornig in seine Richtung. Und dann schoss er.

2

    Drunten im Tal war es so ferienheiß und schwül, wie es nur in einem Freibad im August heiß sein kann. Tom (persönliches Profil: sonnengebräunt, muskulös, jung) hielt den farbigen Beachvolleyball in Kopfhöhe. Seine nackten Zehen krallten sich in den feinen, wüstenglühenden Sand, er warf den Ball hoch in die Luft. Als er ihm in die Höhe nachblickte, prasselte der Himmel pflaumenblau auf ihn herab. Tom musste blinzeln. Aus Richtung des Schwimmbeckens hörte er nasses Kinderquieken, das mehrfach aufstob und grell und salvenartig platschend im Wasser versickerte. Ein Bademeister (persönliches Profil: Kampftaucher, AC / DC -Fan) lief am glitschigen Beckenrand entlang, Tom hörte bis hierher das Nnpf, Nnpf seiner
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher