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Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention

Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention

Titel: Tsunamis - Entstehung, Geschichte, Prävention
Autoren: Linda Maria Koldau
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Einleitung
    Er gilt als «das schlimmste Ungeheuer von allen». Ein Monster, das sich erforschen, nie aber bezähmen lässt. Ein Monster, das unvermutet zuschlägt und Hunderttausende von Menschenleben fordern kann, über den halben Globus verteilt: der Tsunami.
    Tsunami, die «Hafenwelle» oder «Welle im Hafen»: Das japanische Wort drückt die Tragik der Fischer aus, die auf hoher See – wenn überhaupt – ein vereinzeltes, etwas stärkeres Schaukeln mitbekommen haben, eine Welle unter vielen, im Hafen aber ihre Heimat verwüstet finden, das Haus hinweggefegt, die Familie verschwunden. Tsunamis werden durch Erdbeben, Vulkanausbrüche oder Hangrutschungen im Meer ausgelöst, in äußerst seltenen Fällen auch durch Meteoriteneinschläge. Sie treten vor allem in den Regionen auf, wo Kontinentalplatten aufeinandertreffen. Doch auch an Fjorden und sogar an Seen mitten auf dem Kontinent können ganze Orte durch einen von einem Erdrutsch ausgelösten Tsunami ausgelöscht werden.
    Tsunamis zählen zu den größten Naturkatastrophen überhaupt. Allein seit 1850 haben sie annähernd eine halbe Million Menschenleben gefordert und Schäden in Milliardenhöhe angerichtet. Aber schon in der fernen Vergangenheit haben Tsunamis Kulturen zerstört und Landstriche für immer ins Meer gerissen.
    Ein Tsunami ist eine massive Wand aus Wasser, die mit einer Geschwindigkeit von 40 bis 70 Stundenkilometern auf das Land auftrifft. Weglaufen hilft nicht; nur wer höheres Gelände erreicht, hat eine Chance. Die aufgestaute Wucht des Meeres reißt Schiffe, Lastwagen und Häuser mit und versetzt sie weit ins Land hinein, kleinere Gebäude werden dem Erdboden gleichgemacht, Wälder werden abrasiert. Menschen werden mitgerissen, sie ertrinken oder werden von Gesteinsbrocken, Bäumen oder Wrackteilen zerquetscht. Zurück bleibt eineTrümmerwüste: totes Land, in manchen Gegenden für Jahrzehnte.
    26. Dezember 2004: Frühmorgens treffen in Deutschland die ersten Nachrichten von einer Flutwelle in Südostasien ein, immer häufiger fällt das Wort Tsunami – bis zu diesem Tag ein ungewohnter Begriff im europäischen Wortschatz. Auf der Autofahrt zum Weihnachtsbesuch bei der Familie wächst im Halbstundentakt das Entsetzen: viermal Nachrichten zwischen Stuttgart und Frankfurt, die Zahl der Toten steigt in diesen zwei Stunden von mehreren tausend über Zehntausende bis weit über hunderttausend. Zuletzt sind es 230.000 Opfer, die der Tsunami gefordert hat; andere Quellen geben bis zu 300.000 an. Der 26. Dezember 2004 ist eine Wasserscheide im globalen Bewusstsein um die eigene Verletzlichkeit. Wer in einer der beliebten Küstenregionen etwa am Mittelmeer oder am Atlantik wohnt, an einem der atemberaubenden nordischen Fjorde oder mit dem prächtigen Ausblick auf einen von Steilhängen umgebenen Alpensee, ist potenziell gefährdet. Plötzlich lernen auch Grundschüler in Ländern, die seit Jahrtausenden keinen Tsunami mehr erlebt haben, was es mit der tödlichen Welle auf sich hat.
    Tsunamis werden vor allem mit Japan und dem Pazifikraum in Verbindung gebracht, seit 2004 auch mit dem Indischen Ozean. Das scheint unendlich weit weg. Tatsächlich aber steht der Mittelmeerraum auf Platz 2 der tsunamigefährdeten Gebiete. Und es gibt weitere Regionen, die gänzlich unerwartet von Tsunamis heimgesucht wurden: Am 18. September 1601 verwüstete in der Zentralschweiz ein Tsunami mehrere Fischerdörfer um den Vierwaldstätter See; am 18. November 1929 verloren 10.000 Menschen im kanadischen Neufundland wegen eines Tsunamis ihre Häuser. Und am 27. Juni 2011 erlebten die erstaunten Anwohner der südwestenglischen Küste einen Tsunami, der die Ufer immerhin bis zu einer Höhe von 80 Zentimetern überschwemmte. Wie kam es zu diesen Flutwellen an den friedlichen Küsten Europas und Nordamerikas oder gar mitten auf dem Kontinent?
    In den letzten Jahrzehnten hat sich die Tsunamiforschung zueinem breiten interdisziplinären Gebiet entwickelt, das immer detaillierteren Aufschluss über die Auslöser, die verschiedenen Formen, den Verlauf und die Folgen der maritimen Katastrophe gibt. Archäologen und Geologen identifizieren historische Tsunamis, die Zehntausende von Jahren zurückliegen, und gewinnen dadurch Erkenntnisse über potenzielle Gefahren heute und in der Zukunft. Ozeanographen untersuchen die Vorgänge am Meeresboden, die zu unterseeischen Erdbeben und damit zu Auslösern von Tsunamis führen. Geophysiker, Seismologen, Geographen und Behörden
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