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Im Zauber des Mondes

Titel: Im Zauber des Mondes
Autoren: Karen Robards
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solle, um den Nachstellungen der Männer zu entgehen. Caitlyn, voller Angst vor dem Schicksal ihrer Mutter, hatte nicht widersprochen. Als sie Willie kennenlernte, der damals unter einer Brücke sein Lager aufgeschlagen hatte, dachte sie selbst nur noch selten daran, daß sie eigentlich ein Mädchen war. Willie und die anderen hatten davon keine Ahnung.
    Damals war Caitlyn fast jede Nacht wach gelegen und hatte geweint; Willie hatte seine dünnen Ärmchen um sie gelegt und sie getröstet, während die anderen lachten. Als sie so ihren Gedanken nachhing, hatte sie Willie gemustert, und plötzlich schien das blasse Gesicht ihrer Mutter vor ihr zu schweben.
    »Wahrscheinlich ist das die einzige Chance, die du kriegen wirst. Ergreif sie, Caitie!« Sie zuckte zusammen. Sie hatte die Worte so deutlich gehört, als wären sie wirklich gesprochen worden. Schnell bekreuzigte sie sich, und nur Willies tränenüberströmtes Gesicht überzeugte sie davon, daß es Einbildung gewesen sein mußte. Erst traf sie diesen Engländer mit den Teufelsaugen, und jetzt sah sie schon Gespenster. Es war irgendwie beunruhigend.
    »Komm mit, Willie, ich habe eine kleine Überraschung für
    dich.« Sie legte ihm den Arm um die Schultern und führte ihn aus der Hütte. »Ich muß etwas mit dir besprechen.«

3
    Unsicher stand Caitlyn am nächsten Morgen vor dem Brazen Head. Die wenigen Leute auf der Straße waren meist Bedienstete, die Feuer machten oder sich um Tiere kümmerten. Es wurde nur zögernd hell; die Sonne schien sich zu scheuen, ihr Gesicht durch den grauen Nebel zu stecken. Es sah nach Regen aus. Die Wolken hingen so tief, daß sie fast auf den Häuserdächern zu liegen schienen, und die Luft war feucht.
    Ein Connemara-Pony, das einen schwerbeladenen Farmwagen zog, hielt ganz in ihrer Nähe. Ein älterer Stallknecht stieg vom Kutschbock und band das Pony an. Dann drehte er sich zu ihr um und musterte sie mißbilligend.
    »Hast du hier etwas zu tun, Junge?«
    »Genausoviel wie Sie.«
    »So, so. Ich muß noch mal zurück und ein Pferd holen. Wenn etwas auf diesem Wagen nicht mehr so ist, wie es war, dann weiß ich, wo ich suchen muß.«
    Caitlyns Antwort war nicht halb so grob wie die Handbewegung, mit der sie sie begleitete. Der Mann spuckte vor ihr aus, dann ging er zu den Ställen hinter dem Gasthof.
    Caitlyn musterte den Wagen interessiert. Von selbst wäre sie gar nicht auf den Gedanken gekommen, ihn zu stehlen, aber so schlecht war die Idee gar nicht. Allein für das Pony würde sie einen Haufen Geld bekommen, ganz zu schweigen von dem Wagen und seiner Ladung. Vielleicht sollte sie das Angebot des Engländers vergessen und statt dessen mit dem Wagen abhauen. Von dem Erlös könnte sie eine Weile leben, und nicht schlecht dazu. Aber dann durfte sie jetzt nicht länger zögern.
    In diesem Moment kam der Engländer aus dem Brazen Head.Heute trug er schwarze Kniehosen und einen schwarzen Überrock, dazu wieder ein schneeweißes Hemd. Die Schuhe mit den roten Absätzen hatte er gegen schwarze Reitstiefel eingetauscht.
    Er blieb vor dem Gasthof stehen und blickte die Straße hinauf und hinunter. Dann runzelte er die Stirn, und seine dichten dunklen Brauen berührten sich über diesen Teufelsaugen. Wahrscheinlich hatte er sie nicht gesehen, weil sie im Schatten stand. Oder vielleicht wußte er ja auch nicht mehr, wer sie war. Plötzlich wurde ihr klar, wie sehr sie auf sein Angebot vertraut hatte. Die Möglichkeit, aus diesem Drecksloch Dublin herauszukommen, ein Bett zu haben und regelmäßig zu essen, ohne eines Tages dafür hängen zu müssen, erschien ihr auf einmal unwiderstehlich.
    »Ah, Eure Lordschaft, ich bin schon da.« Der Alte von vorhin kam mit einem großen schwarzen Pferd ums Eck und steuerte auf den Engländer zu. »Fharannain wollte sich heute gar nicht satteln lassen.«
    »Das will er nie.« Er übernahm die Zügel des Pferdes und strich ihm geistesabwesend über die Nüstern. Skeptisch musterte er den Himmel. »Am besten, wir machen uns gleich auf den Weg, Mickeen. Vielleicht entgehen wir dem schlechten Wetter ja doch noch mal.«
    Der Stallknecht band das Pony los und warf Caitlyn einen düsteren Blick zu. Wenn sie vorhatte, sich bemerkbar zu machen, dann war die Zeit jetzt gekommen. Plötzlich wurde sie nervös. Was, wenn er sein Angebot schon längst vergessen hatte? Sie wollte sich nicht vor einem Engländer zum Narren machen, und Caitlyn O'Malley bat um nichts. Trotzdem, er hatte von ehrlicher Arbeit gesprochen,
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