Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Visier des Todes

Im Visier des Todes

Titel: Im Visier des Todes
Autoren: O Krouk
Vom Netzwerk:
hinein. Ihre Kehle wurde eng. Kay!
    Sie lief hin und sank vor ihm zu Boden. Seine Hände waren mit einem Kabelbinder, der sich tief in sein Fleisch fraß, an ein Rohr gefesselt.
    »Kay … «
    Nur mit Mühe schüttelte er den Kopf und stöhnte durch das Klebeband. Mit zittrigen Händen befreite sie seinen Mund.
    »Falle … « Seine Stimme wie ein müder Schatten, jedes Wort eine Anstrengung. »Lauf. Es ist eine Falle.«
    »Zeig mir, wen du noch liebst.« In ihrem Rücken krachte die Tür zur Werkstatt zu.

37
    Leah rannte hin und warf sich mit ihrem ganzen Gewicht gegen die Tür. Deren Unterkante schabte über den Boden. Ein Spalt entstand, bis das, was von der anderen Seite darunter geklemmt sein musste, keinen Millimeter mehr nachgab.
    »Mama!«, rief sie und trommelte gegen das Holz. »Mama, bist du da? Was ist passiert? Hilf mir!«
    Sie konnte eine Hand in die Schwärze hinter der Tür tauchen wie in den Teich hinter dem Haus, vergeblich bemüht, etwas darin zu erfassen.
    »Mom?«
    Die Schwärze spuckte ihr bloß ein leises, rhythmisches Kratzgeräusch entgegen, als würde jemand mit einem Streichholz kämpfen, das kein Feuer fangen wollte. Leah trat zurück. Die Tür schabte erneut über den Boden, und der Spalt schloss sich.
    Ihre Taschenlampe lag noch bei Kay. Das Licht streifte seine Füße, den Staub auf dem Boden, die Ecke eines Werkzeugschrankes am anderen Ende des Raums, Regale, ein paar Bretter. Sie hob die Lampe auf und durchwühlte die Schubladen, die nichts hergaben außer einer rostigen Zange, die nicht mehr aufging, ein paar Nägeln, Sandpapier und einem abgebrochenen Stück Sägeblatt einer Laubsäge. Mit dem Daumen prüfte sie die Zacken, kniete sich vor Kay und setzte es an dem Kabelbinder an. Die Fessel hatte seine Hände anschwellen lassen, die Finger fühlten sich kalt und schlaff an. Er hob sein Gesicht zu ihr, hielt die Lider jedoch geschlossen. »Sie … sie hat gesagt … « Es machte ihm sichtlich Mühe, seine zerschlagenen Lippen zu bewegen. »Sie wollte, dass ich … vorbeikomme. Zum Kaffeetrinken.«
    »Scht, nicht reden.« Das Sägeblatt rutschte ab und riss seine Haut am Arm auf. Er zuckte nicht einmal zusammen, nur sein Kopf schwang gegen die Wand, als wäre er zu müde, um noch Schmerzen zu empfinden.
    Blut rann in einem dunklen Rinnsal zu seinem Ellbogen. Leah blinzelte sich die Tränen aus den Augen und setzte die Zacken wieder an. Ihre Hände zitterten. Sie umklammerte das Sägeblatt fester.
    »Sie hat gesagt … sie möchte mich näher kennenlernen … da du und ich … « Seine Stimme klang verwaschen, wie unter Wasser. Erneut musste Leah blinzeln, um die Realität zurückzuholen und nicht in der kalten Tiefe zu versinken, alles aufzugeben und einfach nur mit ihm zusammen zu sein.
    »Du kannst es mir später erzählen. Erst einmal muss ich sehen, wie ich uns hier rausholen kann.« Der Kabelbinder platzte unter dem letzten Druck. Kraftlos rutschten seine Arme hinunter. Ohne Halt drohte er jeden Moment umzukippen. Sie fing seinen Körper auf und half Kay, sich bequemer hinzusetzen, sodass die Wand ihn im Rücken stützte. Sein Atem ging schwer, stoßweise. Dazwischen – die Worte, der Kampf um jedes einzelne davon: »Sie … sie hat gesagt, Céline hätte … «
    »Nein, nicht reden«, flüsterte Leah und strich ihm das Haar aus dem Gesicht. »Bitte, du musst deine Kräfte schonen.«
    »Leah?«, kam es gedämpft und leiernd von der anderen Seite der Tür. »Leah, wo bist du, Kleines? Zeig mir … wen du tatsächlich liebst. Oder hat dich sein Glanz so verblendet? Deine Seele gänzlich verdorben?«
    »Mama!« Leah sprang auf die Beine. Wieder lief sie zur Tür und stemmte sich mit einer Schulter dagegen. Der entstehende Spalt war nun schmaler, doch die Dunkelheit dahinter nicht mehr so durchdringend wie zuvor. Ein zaghafter, flackernder Schein erhellte die Wand, an der ihre Mutter gehockt hatte. Ein Schatten bewegte sich auf Leah zu.
    Sie wich ein Stück von dem Spalt zurück, ohne die Tür loszulassen. Ihr Herz krampfte, als der Schatten näher auf sie zukam.
    Die Silhouette ihrer Mutter tauchte auf. In der Hand schwenkte sie eine Gartenlaterne mit einer großen Kerze darin.
    »Ja, unsere Céline. Das kleine Monster.« Sie nickte mit ihrem kahlen Schädel. Die Blutspuren hatten eine hässliche Kruste gebildet, die übrig gebliebenen Haarbüschel ragten wie der verdorrte Lavendel hinter der Terrasse empor. »Ich musste es tun. Céline wollte dich mir wegnehmen, dir alles
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher