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Im Visier des Todes

Im Visier des Todes

Titel: Im Visier des Todes
Autoren: O Krouk
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Ast.
    Ein Reh?
    Sie lauschte, eilte weiter und hörte wieder ein Knacken, rechts hinter ihr.
    Vielleicht nur eine Einbildung.
    Sie lief.
    Bald sollte das Tor auftauchen, die Mauer, die verlassenen Bauten … Verdammt, wie lange noch? Der Lichtschein hüpfte hektisch vor ihr hin und her. Sie sah kaum noch etwas.
    Das Tor?
    Der Weg machte eine sanfte Biegung. Sie rannte schneller, stolperte über einen abgebrochenen und in den Matsch getretenen Ast, rappelte sich auf und rannte weiter.
    Das Tor.
    Starke Arme rissen sie zur Seite. Die Kälte schnitt ihr in die Lunge, als sie den Mund zum Schrei aufriss, ehe sich eine große, kräftige Hand auf ihre Lippen legte und jeden Laut erstickte.
    Nicht Pouls Hand.
    »Schön, dass wir uns endlich von Angesicht zu Angesicht sehen. Und nicht nur von Angesicht zu meinen … Socken.«
    Nick Milla! Daher das fremde Auto.
    Ihr Wimmern wurde von seiner Handfläche verschluckt.

36
    »Wenn du mir versprichst, nicht zu schreien, lasse ich dich los.« Sein Flüstern tastete sich ihren Hals entlang und bescherte Leah Gänsehaut. Sie biss die Zähne zusammen, um nicht erneut aufzuwimmern, und zwang sich zu einem Nicken.
    Sein Griff lockerte sich. Vorsichtig gab er ihren Mund frei, jeden Moment bereit, wieder zuzupacken. Ihre Lippen fühlten sich taub an vom Druck seiner Finger. Auf der Zunge schmeckte sie Blut, anscheinend hatte sie hineingebissen, als er sie überfallen hatte.
    Nick. Also doch – Nick. Was führte er im Schilde, er, Kays bester Freund? Worum ging es ihm wirklich? Das Puzzlebild, das sie sich so sorgfältig zurechtgelegt hatte, zersprang. Die einzelnen Teilchen wirbelten in ihrem Verstand umher. Sie begriff absolut nichts mehr, und die Panik machte es ihr nicht gerade einfacher, klarer zu denken.
    »Ruhig, ruhig.« Fast gutmütig stieß er sie in den Rücken. »Du kommst erst einmal mit. Keine Dummheiten, ja?«
    »Was wollen Sie von mir?« Ihr Wispern kratzte in ihrer Kehle, der metallische Geschmack des Blutes machte sie schwindelig. Sie sah ihn an, als würde es noch etwas bringen, sich seine Züge einzuprägen. Sein hellblondes Haar behauptete sich gegen die Nacht. Sogar in der Dunkelheit fiel ihr auf, dass sein Gesicht zwar männlich definiert, aber nicht grob wirkte. Es imponierte, erweckte Vertrauen. Nur nicht in ihr. Am liebsten hätte sie es ihm zerkratzt. Wenn Thessa ihr nur ihre French-Nägel ausgeliehen hätte. »Was wollen Sie?«, wiederholte sie mit Nachdruck.
    »Für dich – nur das Beste. Aber ich fürchte, das wirst du mir nicht glauben, hab ich recht?! Gehen wir ein Stück. Und reden erst dann.«
    Seine Hand lag zwischen ihren Schulterblättern und schob sie mit sanftem Nachdruck weiter. Die Taschenlampe, die sie mit der Hand umklammerte, leuchtete auf den Boden vor ihren Füßen. Die Erde klumpte an ihren Schuhen.
    Nachdenken … Sie musste nachdenken …
    Sie hörte seine Schritte hinter sich, die sie antrieben, und wagte dennoch nicht, ihn anzusehen. Ihr Sichtfeld schien auf das bisschen reduziert zu sein, das von ihrer Taschenlampe beleuchtet wurde. Erneut stolperte sie über den Ast, der ihr schon kurz zuvor zum Verhängnis geworden war. Ein waghalsiger Gedanke jagte ihr den Schweiß auf die Haut.
    Sie nahm die Lampe in die linke Hand, stolperte wieder, diesmal mit Absicht, und fiel in den Matsch. Zwischen ihren Fingern quoll eisiger Schlamm hervor. Mit der Rechten tastete sie umher, griff nach dem Ast. Sofort spürte sie ihren Gegner über sich, seinen Griff an ihrem Arm. »Mann, Mann … Du hältst dich ja kaum auf den Beinen.«
    Er zog sie hoch. Sobald sie sicher stand, fuhr sie herum und drosch ihm mit dem Ast auf den Kopf. Er stieß einen kurzen Aufschrei aus, ging in die Knie, und sie schlug noch einmal zu, obwohl er seinen Kopf mit den Armen zu schützen versuchte und ihr etwas zurief. Sie schlug wieder und wieder zu, schlug ihm auf die Hände, den Rücken, den Nacken, schlug, bis er auf dem Boden lag. Erst dann schleuderte sie den Ast beiseite und stürzte in den Wald.
    Ihre Füße verfingen sich in den Wurzeln und Grasbüscheln, doch sie erlaubte sich nicht, auch nur für eine Sekunde haltzumachen. Ihr Atem rasselte in der Kälte der Nacht. Die Zweige peitschten ihr ins Gesicht und zerrten an ihren Haaren; sie stieß gegen Baumstämme, strauchelte und lief weiter, ohne dass es für sie vorne und hinten, oben und unten gab. Bloß weg.
    Der Lichtstrahl der Taschenlampe hüpfte wild hin und her, erhellte hier und da das Gestrüpp, das seine
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