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Im Visier des Todes

Im Visier des Todes

Titel: Im Visier des Todes
Autoren: O Krouk
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Geisterfinger nach ihr auszustrecken schien. Sie fiel.
    Der Atem – ihr eigener, das Rauschen des Blutes in ihren Ohren …
    Schritte. Er folgte ihr.
    Hastig schaltete sie die Taschenlampe aus. Sehr schlau, als würde das etwas bringen, wenn sie mit der Grazie einer entgleisenden Dampflok durch das Dickicht brach. Er konnte sie zwar nicht mehr sehen, aber immer noch hören.
    Ihr Atem. Sie musste still sein.
    Die Luft.
    Ihre Lunge schmerzte. Sie würde ersticken. Oder sterben, mit abgeschnittenen Lidern, wie Céline – nackte Augen, die in die Welt starrten – , sobald sie ihren Mörder mit ihrem Keuchen angelockt hatte.
    »Leah.« Es klang ruhig und nachsichtig, irgendwo ganz nah – viel zu nah.
    Nicht atmen. Bloß nicht atmen.
    Lieber ersticken.
    »Leah. Ich werde dir nichts tun. Ich verspreche es.« Seine Stimme lockte, eine friedliche, Vertrauen einflößende Stimme.
    Sie kauerte sich am Boden zusammen, machte sich so klein wie möglich. Er war nicht Poul. Mit ihm würde sie nicht fertig werden.
    »Leah. Ich bin hier, um dir zu helfen. Du hast nichts zu befürchten.«
    So nah.
    Sie biss sich auf die Unterlippe.
    Hatte Céline ihm von diesem Ort erzählt? Natürlich, wer sonst. Der Ort, an dem alles angefangen hatte – aber was genau? Meinte er damit das Geheimnis ihrer kleinen Schwester, die Tatsache, dass sie hier ihre Jungfräulichkeit verloren hatte? Aber nicht mit ihm. Machte ihn das so verrückt?
    Céline, Céline … warum hast du nur immer die falschen Typen verführt?
    Seine Schritte raschelten durch das Laub. Nur wenige Meter entfernt.
    Céline , dachte sie. Céline …
    Während er immer wieder ihren Namen in die Dunkelheit flüsterte. Leah, Leah … Ich will dir nichts tun … Leah … Er entfernte sich.
    Leah …
    Sie wartete noch eine Weile, bis sie wirklich nichts mehr von ihm hörte. An einem Baumstamm zog sie sich hoch.
    Wie viel Zeit hatte sie, um zur Villa zurückzukehren, ihre Mutter und Kay zu finden und von hier zu verschwinden oder zumindest sich zu verstecken, bis Hilfe kam? Wie lange würde er nach ihr suchen?
    Sie sah sich um. Aber es gab nur den Wald, die Nacht und irgendwo – ihren Verfolger. Sie verließ sich auf ihre Intuition und ihren hoffentlich noch vorhandenen Orientierungssinn und bahnte sich einen Weg durch das Dickicht. In der zähen Dunkelheit verlor die Zeit jegliches Maß. Sie wusste nicht, wie lange sie durch den Wald irrte, bis sie gegen die Steinmauer stieß, die das Grundstück von Pouls Eltern umgab. Sie tastete sich daran entlang zum Tor, lauschte. Wartete er bereits auf sie?
    Als sich nichts regte, eilte sie zum Haupthaus und betrat die Eingangshalle. Der Keller, natürlich! Dort musste sie hin, durch den leisen Geruch von … Hatte Thessa Benzin erwähnt? Sie ging zum Durchgang in die Küche und blieb vor einer Tür auf der rechten Seite stehen. Eine Treppe, Stufen, die ins Nichts führten, in dem sich sogar das Licht ihrer Taschenlampe verlor. Vielleicht tappte sie in eine Falle. Vielleicht würde die Tür zugeschlagen werden, sobald sie hineinging, und nicht mehr aufgehen, egal, wie lange sie mit den Fäusten dagegentrommeln und um Hilfe rufen sollte, bis die Kälte und die Dunkelheit das letzte Quäntchen Widerstand aus ihr gepresst hatten.
    Sie setzte erst einen Fuß auf die oberste Stufe, dann den zweiten. Langsam begann sie den Abstieg.
    Alles still.
    So still, dass sie hätte schreien mögen.
    Sie ließ den Lichtkegel suchend durch den Raum wandern, bis er auf eine Gestalt in einer Ecke fiel.
    »Mama!« Leah eilte zu ihr, legte ihr eine Hand auf die Wange, hob den kahl geschorenen Kopf etwas an. »Mama!«
    Die Lider erzitterten. Ein Lächeln ließ das auf dem Gesicht angetrocknete Blut zerbröseln. »Du bist gekommen.«
    »Ja. Ja, ich bin gekommen.«
    Sie hörte ein Stöhnen. Kaum wahrnehmbar. Aber nicht das ihrer Mutter.
    Leah schluckte. Der Lichtkegel ihrer Taschenlampe huschte zum anderen Ende des Raums, zu der Tür, die früher zur Werkstatt von Pouls Vater führte.
    Ihre Mutter schluchzte. Der wund geschorene Kopf zitterte wie der eines Wackeldackels auf der Ablage eines Autos. »Du bist seinetwegen gekommen. Ich weiß, ich weiß.«
    »Kay? Ist er hier?«
    Wieder ein Stöhnen, eindringlicher, warnender.
    Ihre Mutter schluchzte erneut, zog die Beine an und drückte das Gesicht gegen die Knie. »Na, geh schon! Lauf zu ihm! Du brauchst ihn mehr als mich.«
    »Mama … «
    »Geh!«
    Leah stand auf. Langsam näherte sie sich der Werkstatt und leuchtete
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