Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Im Visier des Todes

Im Visier des Todes

Titel: Im Visier des Todes
Autoren: O Krouk
Vom Netzwerk:
die Kleine einfach hinbringen, so schnell du kannst. Das schaffst du.«
    »Ja. Ja, okay.«
    »Dann los. Du nimmst das hier.« Sie legte Thessa die Puppe in die Hände, wickelte das Mädchen in ihren Trenchcoat ein und hob es hoch. Die Bewusstlosigkeit schien den kleinen Körper schwerer zu machen, unhandlicher.
    Nicht denken. Vor allem nicht daran, ob die Kleine in ihren Armen noch atmete. Sie trug sie fort von diesem furchtbaren Ort, Schritt für Schritt, zurück ins Leben.
    Schritt für Schritt, während ihre Muskeln vor Anstrengung zitterten, doch sie traute sich nicht, einmal umzugreifen, das zerbrechliche Wesen mehr als notwendig zu bewegen. Sie strauchelte auf dem unebenen Boden, ihre Sohlen rutschten im Matsch des Weges aus.
    Thessa lief neben ihr her. Die Puppe hielt sie kopfüber am Bein, der Rumpf schlug ab und zu gegen ihren Oberschenkel und hinterließ einen schmutzigen, nassen Fleck auf ihrer Jeans. In ihrem Blick glaubte Leah eine lautlose Anklage zu erkennen. Thessas Entrüstung schien zu wachsen, je öfter ihre Füße im Matsch versanken und die verwelkten Grasbüschel ihre langen, schlanken Beine zum Straucheln brachten.
    »Na, sag es schon«, seufzte Leah. Durch den Trenchcoat fühlte sie die viel zu zarten Rippen des Mädchens, wenn sie es etwas fester an sich drückte, als könnte sie es mit ihrem Körper wärmen.
    Thessa schnaubte. »Was?«
    »Was immer du willst.«
    Thessas weiße Hand, die in der Dämmerung beinahe gespenstisch wirkte, umklammerte das Bein der Puppe. »Hast du wirklich gedacht, ich stecke dahinter?«
    »Nein. Ich meine … für einen Moment vielleicht.« Sie senkte den Kopf. Die losen Strähnen fielen ihr ins Gesicht. In ihren Ohren hallte das Schmatzen nach, das ihre Füße im Schlamm verursachten, der eigene Atem, der immer schwerer wurde. Dazwischen – die Stummheit des Waldes. Als wären alle Geräusche der Welt ausgelöscht. Als gäbe es kein Leben mehr, außer dem bisschen in ihr. »Ich weiß auch nicht, was ich gedacht habe. Es ist einfach die Angst.«
    »Der Mörder will uns trennen.« Thessas Stimme wurde hektischer. »Deshalb habe ich das Mädchen finden dürfen. Die Geräusche im Haupthaus gehört, Schritte – es waren Schritte. Und dann die Tür zur Abstellkammer, wie für mich geöffnet. Ich wusste sofort, dass dort jemand lag. Es roch ganz seltsam. Benzin? Ich war wie gelähmt. Ich wollte nicht noch eine Leiche finden, verstehst du? Der Mörder hat mich zu der Kleinen geführt, damit du hier allein bleibst. Du glaubst doch nicht, wir hätten sie sonst so leicht entdeckt, oder? Geh nicht zurück, Leah. Irgendwo dort wartet er auf dich.«
    »Er wusste, dass ich komme, und er weiß, dass ich bleibe.«
    »Wenn du dich nicht alle halbe Stunde bei mir meldest, rufe ich die Polizei.«
    »Thessa … « Sie hielt an, als sie die Absperrkette mit dem Schild vor sich entdeckte, und atmete durch. »Wir sind da.«
    Zusammen erreichten sie das Auto. Leah setzte das bewusstlose Mädchen nach vorn und schnallte es an. Der winzige Körper wirkte verloren auf dem Beifahrersitz. Sie legte der Kleinen die Puppe in den Schoß und schaute zu Thessa, die sich hinter das Lenkrad klemmte. »Beeil dich« war alles, was sie noch sagte, bevor sie aus dem Handschuhfach eine Taschenlampe fischte, die Beifahrertür vorsichtig schloss und den Weg zurück einschlug.
    Die Scheinwerfer ließen die feuchte Erde vor ihr aufglänzen und etwas weiter – die Silhouette eines zweiten Wagens, der zwischen den Bäumen geparkt stand. Die Motorgeräusche des Fiats rumorten, scheuchten die Stille des Waldes jedoch nicht auf, sondern wurden nach einer Weile von ihr verschlungen – das Auto verschwand in der Ferne.
    Leah hatte sich immer noch nicht bewegt. Das Licht ihrer Taschenlampe huschte über die Karosserie des anderen Wagens, der von den Bäumen größtenteils verdeckt wurde. Sie traute sich ein Stück vor.
    Sie war auf Pouls teuren Schlitten gefasst gewesen, aber wo kam dieser Renault her? Und was bedeutete das für ihr Vorhaben?
    Vermutlich nichts.
    Sie ging zurück, tauchte unter der Absperrung hindurch und machte sich auf den Weg zur Ruine der einstigen Villa. Der Lichtkegel ihrer Taschenlampe tastete den Boden ab und verfing sich ab und zu im Gebüsch, das zu beiden Seiten des Weges emporwucherte. Das Geräusch ihrer eigenen Schritte ließ sie sich immer wieder umdrehen und nach hinten spähen. Sie ging schneller, obwohl sie niemanden sah, egal, wie oft sie sich umblickte.
    Irgendwo knackte ein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher